Berlin, Paris und London: Iran gefährdet den Atomdeal
„Teheran bringt erneut gesonderte Themen im Zusammenhang mit dem Atomwaffensperrvertrag ins Spiel“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Auch US-Außenminister Blinken sieht die letzten Entwicklungen bei den Atomverhandlungen skeptisch.
Berlin, Brüssel – Deutschland, Frankreich und Großbritannien werfen dem Iran eine Gefährdung des internationalen Atomabkommens vor. Als in den Verhandlungen über eine Wiederbelebung des Abkommens (JCPOA) eine Einigung in greifbare Nähe gerückt sei, habe der Iran erneut gesonderte Themen im Zusammenhang mit dem Atomwaffensperrvertrag ins Spiel gebracht, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der drei Staaten vom Samstag.
"Diese jüngste Forderung weckt ernsthafte Zweifel an Irans Absichten und seinem Bekenntnis zu einem erfolgreichen Ergebnis." Irans Position stehe nicht im Einklang mit seinen rechtlichen Verpflichtungen und gefährde die Aussichten auf eine Wiederherstellung des Atomabkommens.
Die Regierungen in Berlin, Paris und London erklärten, sie hätten gemeinsam mit den USA und den anderen JCPOA-Teilnehmern "in guter Absicht" mit dem Iran verhandelt, um den Aktionsplan "uneingeschränkt umzusetzen". Die europäischen Staaten seien in den Verhandlungen "an die Grenzen unserer Flexibilität" gegangen. Leider habe sich der Iran "entschlossen, diese entscheidende diplomatische Chance nicht zu ergreifen".
Der Iran müsse "uneingeschränkt und unverzüglich" in gutem Glauben mit der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zusammenarbeiten.
Deutschland, Frankreich und Großbritannien kündigten angesichts der aktuellen Lage nun Beratungen mit "unseren internationalen Partnern" darüber an, "wie wir mit Irans fortgesetzter nuklearer Eskalation und seinem Mangel an Kooperationsbereitschaft" mit der Internationalen Atomenergiebehörde "am besten umgehen".
US-Außenminister: Zuletzt Rückschritte
Auch US-Außenminister Antony Blinken sieht die letzten Entwicklungen bei den Atomverhandlungen mit dem Iran skeptisch. "In den vergangenen Wochen haben wir einige Lücken geschlossen. Der Iran hatte sich von einigen irrelevanten Forderungen entfernt, die nichts mit dem Atomabkommen selbst zu tun hatten. Die jüngste Antwort führt uns jedoch zurück", sagte Blinken bereits am gestrigen Freitag in Brüssel über die vertraulichen Verhandlungen. Man werde keinem Deal zustimmen, der nicht den amerikanischen Grundanforderungen entspreche - sondern nur einem, der die nationale Sicherheit der USA stärke.
Das internationale Abkommen zur Begrenzung des iranischen Nuklearprogramms von 2015 steht auf der Kippe, seit die USA es 2018 aufgekündigt haben. Thema bei den Bemühungen um eine Wiederbelebung, zu der sich die USA bereiterklärt haben, sind auch Untersuchungen der internationalen Atomenergiebehörde IAEA zu Spuren von Uran, die in iranischen Anlagen gefunden worden seien und deren Herkunft die Führung in Teheran nicht erklären könne.
Der Iran weist Vorwürfe der USA und ihrer Verbündeten zurück, getarnt von einem zivilen Nuklearprogramm Atombomben zu entwickeln.
Das Wiener Atomabkommen mit dem Iran aus dem Jahr 2015 sollte das iranische Nuklearprogramm begrenzen und sicherstellen, dass das Land keine Atomwaffen baut. Das Abkommen sieht vor, dass der Iran seine Nuklearaktivitäten gemäß dem Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) begrenzt und im Gegenzug von einer Lockerung der internationalen Sanktionen profitiert.
Die IAEA hatte Teheran zuletzt in einem am vergangenen Mittwoch veröffentlichten Bericht vorgeworfen, seine Uran-Anreicherung weit über die im Atomabkommen vereinbarten Grenzen hinaus fortgesetzt zu haben. Sie erklärte, sie könne nicht "garantieren, dass das iranische Atomprogramm ausschließlich friedlich" sei. Es habe "keine Fortschritte" bei der Klärung von Fragen über das Vorhandensein von Nuklearmaterial an nicht deklarierten Standorten gegeben.
Diplomaten: Iran braucht drei bis vier Wochen zur Waffenfähigkeit
Aus Diplomatenkreisen in Wien hieß es am Mittwoch, der Iran würde angesichts seiner Fortschritte bei der Uran-Anreicherung nun wahrscheinlich "drei bis vier Wochen" brauchen, um die für eine Atomwaffe erforderliche Menge zu erreichen.(APA/AFP/Reuters/dpa)