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Casper oder Carlos: Das Duell um die US Open und die Nummer eins

Wer jubelt als Nummer eins der Welt? Casper Ruud (l.) fordert heute Carlos Alcaraz.
© AFP, imago

Carlos Alcaraz fordert heute (22 Uhr, live Eurosport) im Finale der US Open Casper Ruud, der im ungleichen Duell leichter Favorit ist.

Von Roman Stelzl

New York – Kurz vor Mitternacht New Yorker Ortszeit ging Tennis-Jungstar Carlos Alcaraz gestern auf dem Hartplatz in die Knie. Im Vergleich zum Viertelfinalende (2.50 Uhr) las sich die Uhrzeit fast ebenso harmlos wie die Spielzeit, benötigte der 19-Jährige dieses Mal doch „nur“ 4:22 Stunden statt 5:15, um seinen Gegner zu bezwingen. Mit 6:7 (6), 6:3, 6:1, 6:7 (5), 6:3 zog Alcaraz in sein erstes Grand-Slam-Endspiel ein. Dort wartet heute (22 Uhr, Eurosport) der Norweger Casper Ruud, der Karen Khachanov (RUS) 7:6 (5), 6:2, 5:7, 6:2 niederrang. Doch wer hat im Kampf um den US-Open-Titel und die Nummer eins der Weltrangliste bessere Karten?

Kraft: Es sieht so aus, als könnte Kraftpaket Alcaraz selbst nach fünf Sätzen noch in den Park von Flushing Meadows spazieren und Bäume ausreißen. Der fünffache ATP-Turniersieger strotzt vor Energie, ist geradezu unverwüstlich und peitscht sich selbst nach gewonnenen Ballwechseln selbst an. Seine Box mit Coach Juan Carlos Ferrero (ehemals Nummer eins der Welt) treibt Alcaraz dazu fast wie einen Stierkämpfer an. Energiesparmodus sieht aber anders aus, das hat sein Gegenüber geradezu perfektioniert. Der 23-jährige Ruud ist völlig konträr die Ruhe in Person – und effektiv: In den letzten drei Partien stand der Kitz-Sieger von 2021 insgesamt 9:03 Stunden am Platz. Bei Alcaraz waren es 13:13. So gesehen: Vorteil für Ruud,

Form: Als designierter Nachfolger von Nadal gehypt, spielt Alcaraz ein fantastisches Jahr. Als 32. des ATP-Rankings eingestiegen, holte er sich vier Turniersiege sowie 50 Einzelerfolge (neun Niederlagen). Darunter sind acht Triumphe gegen Top-Ten-Spieler. Einzig bei den Grand Slams sollte es nicht klappen (bis auf das Viertelfinale der French Open). Da war wiederum Ruud eiskalt und zog bei den French Open in sein erstes Grand-Slam-Finale ein. 44 Siege stehen aber 15 Niederlagen gegenüber, dazu gab es für den neunfachen ATP-Turniersieger in fünf Spielen gegen Top-Ten-Spieler nur zwei Siege. Zudem gewann Alcaraz beide Duelle mit Ruud. Einstand.

Erfahrung: Hier hat der von Vater und Ex-Profi Christian gecoachte Casper Ruud die bessere Hand. Nicht nur wegen den über vier Jahren mehr an Lebenszeit, sondern wegen der Tatsache, dass er schon einmal im French-Open-Endspiel stand und weiß, wie es ist, mit dem „Tellerchen“ statt dem großen Pokal nach Hause zu gehen. Eine unersetzliche Lektion für den Norweger, der konstant schon ein Jahr in den Top Ten steht. Vorteil Ruud.

Momentum: Wer nun aber rein romantisch auf die aktuelle Situation blickt, ist gewillt zu sagen: Das Ding holt sich Alcaraz. Der jüngste US-Open-Finalist seit Pete Sampras 1990 hatte die härteren Gegner, schlug den Südiroler Jannik Sinner nach abgewehrtem Matchball, dann den starken US-Publikumsliebling Tiafoe. Beide Male als große Show. Das beflügelt. Vorteil Alcaraz. Und genau das könnte zugleich der Matchball sein.

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