Kneissl im TASS-Interview: Europa hat Energiekrise selbst provoziert
Die Ex-Außenministerin gab der staatlich kontrollierten Nachrichtenagentur TASS ein Interview. Die "Bevorzugung erneuerbarer Energien" habe den Markt in Schieflage gebracht.
Moskau, Wien, Kiew – Nach Ansicht der früheren Außenministerin Karin Kneissl hat die Energiekrise in Europa bereits im Jahr 2021 begonnen und ist von europäischen Politikern selbst provoziert worden. Das erklärte Kneissl in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der russischen Nachrichtenagentur TASS. "Es ist absolut nicht nötig, nur an den kommenden Winter zu denken", sagte sie. Die europäische Energiekrise sei schwerwiegend.
"Wir hatten schon vor Beginn der Gaskrise eine Krise der Elektrizitätswirtschaft, die das Ergebnis der Liberalisierung der letzten 15 bis 18 Jahre ist, wir erleben sie seit April 2021, also seit mehr als einem Jahr. (...) Im Allgemeinen ist dies eine Situation, die wir provoziert haben", zitierte die staatlich kontrollierte Nachrichtenagentur die Ex-Außenministerin.
"Bevorzugung erneuerbarer Energien" habe Markt in Schieflage gebracht
Kneissl meinte, dass der Strommarkt in Europa mittlerweile "nach einigen unverständlichen Prinzipien" funktioniere und kein klassischer Angebots- und Nachfragemarkt sei. "Er hat sich vor rund 18 Jahren auf die Bevorzugung erneuerbarer Energien eingestellt, dadurch ist der Markt in eine starke Schieflage geraten", so die Ex-Ministerin. "Ich will nicht auf technische Details eingehen, aber Fakt ist dass der Strommarkt trotz der Rolle erneuerbarer Energiequellen immer noch stark vom Gaspreis abhängig ist, auch wenn der Strom mehr aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird", sagte die Juristin und Diplomatin, die sich in mehreren Büchern mit dem Thema Energiewirtschaft auseinandergesetzt hat. Europa habe in den letzten Jahren sehr wenig in Gas und Öl investiert, die Investitionen seien in andere Bereiche geflossen, fügte Kneissl hinzu.
Kneissl war im Dezember 2017 von der FPÖ als Außenministerin nominiert worden. Ihre persönlichen Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin sind durch dessen Auftritt auf ihrer Hochzeit im Jahr 2018 in der Steiermark bekannt. Die Regierung musste sie infolge des Misstrauensantrags gegen die Regierung Kurz nach der Ibiza-Affäre im Mai 2019 verlassen. Mittlerweile ist die ehemalige Außenministerin unter anderem als regelmäßige Kolumnistin für den staatsnahen russischen Sender RT tätig. Ihren Posten im Aufsichtsrat des russischen Mineralölkonzerns Rosneft hat sie im Mai verlassen. Sie ist inzwischen in den Libanon übersiedelt, Anfang September nahm sie am "Östlichen Wirtschaftsforum" in Wladiwostok teil. (APA)