Inflation und Teuerung

„Historischer Schritt": Regierung fixiert Aus für kalte Progression

Die Regierung einigte sich auf die Modalitäten für die Abschaffung der kalten Progression.
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Der Ministerrat wird am Mittwoch die Abschaffung der kalten Progression beschließen. Zwei Drittel der Einnahmen sollen künftig direkt an die Steuerzahler zurückgehen, ein Drittel soll für "jährliche Entlastungsmaßnahmen" verwendet haben. Außerdem wird die Valorisierung der Sozialleistungen fixiert.

Wien ‒ Die türkis-grüne Bundesregierung hat die Verhandlungen zur Abschaffung der Kalten Progression und Valorisierung der Sozialleistungen abgeschlossen. Am Mittwoch soll das Vorhaben im Ministerrat beschlossen werden. Abgeschafft wird die schleichende Steuererhöhung mit Jahresbeginn. Zwei Drittel der Einnahmen durch die Kalte Progression fließen künftig automatisch via Einkommenssteuer und Absetzbeträge zurück an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Offen war bis zuletzt, wie mit dem verbleibenden Drittel der Einnahmen, das rund 600 Mio. Euro umfasst, umgegangen werden soll. Wie das Bundeskanzleramt am Dienstag in einer Aussendung mitteilte, sollen davon vor allem kleinere und mittlere Einkommen profitieren bzw. diese jährlich für Entlastungsmaßnahmen verwendet werden, hieß es.

Die Abschaffung der Kalten Progression:

  • Automatisch an die Inflation (im Ausmaß von zwei Dritteln) angepasst werden Einkommenssteuer-Grenzbeträge (mit Ausnahme des Spitzensteuersatzes von 55 %), Alleinverdiener-, Alleinerzieher- und Unterhaltsabsetzbetrag, Pensionistenabsetzbeträge, Verkehrsabsetzbeträge usw.
  • Das verbleibende Drittel der Inflationsrate wird jährlich für Entlastungsmaßnahmen verwendet. Das dafür zur Verfügung stehende Volumen fußt auf dem Progressionsbericht, der durch IHS und WIFO erhoben wird. Auf dieser Grundlage fasst der Ministerrat einen Beschluss, wie mit den Einnahmen Menschen entlastet werden sollen.

Die 617 Millionen Euro werden für folgende Entlastungsmaßnahmen verwendet:

  • Die Grenzbeträge der untersten beiden Tarifstufen werden über die Höhe der Inflationsrate erhöht. Das bedeutet: insbesondere niedrige und mittlere Einkommen werden über die Inflationsrate hinausgehend entlastet.
  • Die Absetzbeträge (Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag, Verkehrsabsetzbeträge, Pensionistenabsetzbeträge) werden in Höhe der vollen Inflation angepasst.
  • Die sonstigen Tarifstufen der Einkommensteuergrenzbeträge werden mit Ausnahme des Spitzensteuersatzes um zwei Drittel der Inflationsrate erhöht.

Die Valorisierung der Sozialleistungen

Ab 1. Jänner werden Sozial- und Familienleistungen (u.a. Kranken-, Reha-, Umschulungsgeld, Studienbeihilfe, Familienbeihilfe, Mehrkindzuschlag und Kinderabsetzbetrag) erstmalig entsprechend der jährlichen Valorisierungsautomatik angepasst.

Volumen von 1,85 Milliarden Euro

Nach Berechnungen von WIFO und IHS umfasst die schleichende Steuererhöhung ein Volumen von 1,85 Mrd. Euro. Davon werden 1,23 Mrd. durch die automatische Anpassung ausgeglichen. Das restliche Drittel, also 617 Mio. Euro, stünden nun für weitere Entlastungsmaßnahmen zur Verfügung, hieß es.

Die Pläne der Regierung sehen etwa vor, die Grenzbeträge der untersten beiden Tarifstufen über der Inflationsrate zu erhöhen. Die Absetzbeträge (Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag, Verkehrsabsetzbeträge, Pensionistenabsetzbeträge) würden in Höhe der vollen Inflation angepasst, hieß es.

Nehammer: „Historischer Schritt"

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nannte die Abschaffung der Kalten Progression einen "historischen Schritt". Damit werde vor allem der Mittelstand entlastet, denn dieser leiste einen "immensen Beitrag zum Wohlstand in Österreich", so Nehammer. Die Abschaffung der Kalten Progression sei in den vergangenen Jahrzehnten Teil zahlreicher Regierungsprogramme gewesen. Dieser Regierung sei es gelungen, "diese Maßnahme endlich umzusetzen", betonte Nehammer.

"Wir können es uns nicht leisten, jetzt nicht zu helfen. Da die Inflation längerfristig hoch bleibt, müssen wir nun festgefahrene Strukturen ändern, um den Menschen mehr Geld zum Leben zu geben", rechtfertige Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) den Schritt. "Es ist also ein Akt der Fairness, dass den arbeitenden Menschen, die von der massiven Teuerung betroffen sind, mehr Netto vom Brutto bleibt", so Brunner weiter.

Kogler: „Wir machen es jetzt”

In dasselbe Horn stieß auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne): "Vergangene Bundesregierungen haben immer versprochen, die schleichende Steuererhöhung - kalte Progression genannt - abzuschaffen. Wir machen es jetzt." Zwei Drittel würden direkt an die Steuerzahler zurückfließen, so Kogler: "Andererseits nutzen wir ein Drittel dieses Volumens zur Entlastung niedriger Einkommen und sorgen so für mehr soziale Tragfähigkeit in unserer Gesellschaft."

Zudem würden auch die Sozial- und Familienleistungen ab kommendem Jahr automatisch an die Inflation angepasst, erinnerte Kogler: "Damit bleibt denen, die es brauchen, unterm Strich mehr Geld."

In dieselbe Kerbe schlug Sozialminister Johannes Rauch (Grüne). "Die Valorisierung der Sozialleistungen ist für die Betroffenen ein Meilenstein: Ihre Unterstützung wird in Zukunft Jahr für Jahr automatisch an die Teuerung angepasst." Mit allen anderen Maßnahmen ergebe das "ein umfassendes Bündel an kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen. Das bringt wirksame Hilfe für alle, die sie wirklich brauchen." (TT.com, APA)

Das ist die kalte Progression

Die kalte Progression ist ein Effekt, der durch das Zusammenwirken eines progressiven Steuertarifs, der Inflation und Gehaltserhöhungen entsteht. Gehälter werden jedes Jahr angehoben, die Tarifstufen blieben aber unverändert. Wenn die Einkommen steigen, die Tarifstufen aber fix sind, erhöht sich die Steuerleistung, wenn man in eine Stufe vorrückt. Folge: Von der Bruttoerhöhung bleibt netto weniger über.

Je mehr Arbeitnehmer durch Lohnerhöhungen also in höhere Tarifstufen vorrücken, desto mehr schöpft der Staat von den Lohnerhöhungen ab. Diesen Effekt nennt man kalte Progression - "kalt", weil dafür keine aktive Handlung oder Steuererhöhung nötig ist.

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