MFG-Brunner im TT-Talk: „Sage nicht, dass es eine große Verschwörung ist“
Michael Brunner tritt bei der Hofburg-Wahl gegen das „System“ an. Er investiert dafür 120.000 Euro und setzt auf die MFG-Mitglieder.
Von Wolfgang Sablatnig
Wien – Ein gutes Wort über die Bundesregierung? Michael Brunner winkt ab: „Diese Regierung fährt das Land an die Wand. Eine Regierung, die nicht einmal mehr von 30 Prozent der Bevölkerung gewählt würde, hätte längst von sich aus zurücktreten sollen.“ Und der amtierende Bundespräsident Alexander Van der Bellen? „Ein Systempräsident und ein Schweigepräsident.“
Der 61-Jährige trifft die TT in seinem Büro nahe dem Stephansplatz in Wien. Im Stiegenhaus hat er neben dem Schild der Kanzlei das Logo seiner Partei anbringen lassen. „MFG – Menschen, Freiheit, Grundrechte“. Die Partei entstand als Reaktion auf die Corona-Politik. Die Maßnahmen gegen die Pandemie waren es auch, die Brunner zum Einstieg in die Politik motiviert haben. „Es wurden so gut wie alle Grundrechte verletzt“, kritisiert er. Als Anwalt habe er Verfassungsbeschwerden aufgesetzt, zum Teil auch die Gebühren dafür bezahlt. Es bildete sich die Vereinigung der „Rechtsanwälte für Grundrechte“, die aktuell mehr als 100 Mitglieder hat – und dann die MFG.
Seit dem vergangenen Herbst ist die Partei im oberösterreichischen Landtag vertreten. Aktuell wirbt die MFG in Tirol um Stimmen.
Typischer Wechselwähler
Der nächste Schritt ist Brunners Kandidatur bei der Präsidentenwahl. Für den Wahlkampf hat er 100.000 bis 120.000 Euro budgetiert. Im Internet wirbt er um Spenden. Bei der Kampagne setzt er auf soziale Netzwerke und die Unterstützung von (nach Brunners Angaben) 28.000 Mitgliedern der MFG. Quer durch Österreich wirbt er bei Veranstaltungen.
„Ich war immer ein politischer Mensch“, erzählt Brunner von sich. Er habe aber nie eine Partei gefunden, mit der er sich identifizieren konnte. „Ich war der typische Wechselwähler. Ich habe jene Partei gewählt, von der ich der Ansicht war, dass sie Österreich am wenigsten schadet.“ Nur Grüne oder NEOS habe er nie angekreuzt: „Mit den Grünen kann ich mich überhaupt nicht identifizieren. Sie sind zu einer Kriegshetzerpartei geworden. Und die NEOS finde ich salopp gesagt überflüssig.“
Seit dem Ausbruch der Pandemie und der Gründung der MFG beherrscht die Politik sein Leben. „Ich arbeite buchstäblich Tag und Nacht.“ Brunners Sicht auf Corona: „Die Bevölkerung wird von den Systemmedien unrichtig informiert.“ Offizielle Zahlen über Infizierte und Todesfälle zieht er in Zweifel. Man habe nicht unterschieden, ob Menschen mit oder an Corona gestorben seien. Und die Übersterblichkeit, welche die Statistikbehörde festgestellt hat? „Sie wissen schon, dass die Statistik Austria dem Bundeskanzleramt untersteht. Über den Geburtenrückgang haben sie nichts veröffentlicht.“ Also alles eine große Verschwörung? Brunner: „Ich sage nicht, dass es eine große Verschwörung ist. Es ist eine große Desinformation und Einseitigkeit.“
Gegen österreichische Sanktionen
Gegen die Mehrheit in Politik und Medien stellt sich der Anwalt auch in Sachen Ukraine. „Krieg ist der Rückschritt in die Steinzeit“, betont er. Die Ukraine habe ein Recht, sich zu wehren. Als neutrales Land müsse sich Österreich aus den Sanktionen gegen Russland aber heraushalten.
Ein Wahlziel macht Brunner nicht fest. Überschneidungen zu seinen Kontrahenten sieht er nicht: „Ich bin wirklich unabhängig. Ich komme aus keiner Systempartei. Hinter mir steht keine Zeitung und kein Milliardär.“
Wie einige andere Bewerber kündigt aber auch Brunner an, die Regierung im Fall einer Wahl zu entlassen. An ihrer Stelle würde er bis zur Neuwahl eine Übergangsregierung aus Experten bestellen. Wer wäre dann Kanzler? Brunner nennt keinen Namen: „Ich denke dann darüber nach, wenn es akut ist, und gehe step by step vor.“