Ausstellung in Kramsach: Zwischen Klischee und Wirklichkeit
Die Sonderausstellung „Alles Handwerk“ im Museum Tiroler Bauernhöfe in Kramsach räumt mit obsoleten Bildern auf.
Von Edith Schlocker
Kramsach – Dass die Ausstellung exakt an einem Ort der Erinnerung an eine untergegangene bäuerliche Kultur stattfindet, ist kein Widerspruch, sondern goldrichtig. Indem hier die noch immer in vielen Köpfen herumgeisternden klischeebesetzten Bilder vom „goldenen Handwerk“ klug hinterfragt werden. Um in der vom „Netzwerk Handwerk“ initiierten und Christian Dummer kuratierten und installierten Schau multimedial in Wort und Bild vorzuführen, was es in einer normierten und globalisierten Wegwerfgesellschaft bedeutet, Handwerker bzw. Handwerkerin zu sein.
Von nostalgisch verklärender Romanik ist da nichts zu spüren. Sehr wohl aber die Freude einer Reihe von Meisterinnen und Meistern, die per Videoinstallation von ihrem Tun erzählen. Etwa der Maler Rainer Höck, der regelrecht davon schwärmt, wie schön es ist, die Welt farbiger zu machen. Mittels VR-Brille wird der Besucher/die Besucherin eingeladen, sich fast leibhaftig nicht nur in seiner Werkstatt umzuschauen. Sondern auch in denen eines Brillenmachers, Tischlers, Restaurators, Konditors, Installateurs und Plattenmachers bzw. einer Vergolderin und Trachtenschneiderin.
Die Werkstoffe, mit denen sie arbeiten, werden an bzw. vor einer 17 Meter langen Wand präsentiert, die Dummer ganz bewusst quer in den für Sonderausstellungen reservierten Raum des Höfemuseums gestellt hat. Etwa einen riesigen Klotz aus Lehm, einem der ältesten und nachhaltigsten Baustoffe, die es gibt und der in jüngster Zeit eine erfreuliche Renaissance erlebt.
Daneben steht ein blaues Druckgefäß aus der Werkstatt eines Installateurs. Einem Beruf, der durch die rasante Entwicklung der Technik mit Handwerklichem im herkömmlichen Sinn, nämlich von Hand Gemachtem, nur noch sehr wenig zu tun hat. Im Gegensatz zum Tun des Vergolders/der Vergolderin, die wie seit jeher am liebsten mit Pinseln arbeiten, die aus Marderhaaren gemacht sind, was auch das Marderfellchen an der Pinnwand erklärt. Ein roher Zirbenblock steht dagegen für den nachwachsenden Werkstoff Holz neben dem Rohling eines von einem Tischler gemachten Stuhls, der noch auf seine Polsterung mit einem Stoff wartet, der vielleicht aus jenem Flachs gewebt werden wird, der ebenfalls in der Schau zu sehen ist. Genauso wie eine Unterinntaler Festtracht, das Kasettl. Das von Generation zu Generation vererbt wird, ergänzt bzw. mühsam per Hand ausgebessert von Trachtenschneiderinnen, deren Alltag allerdings großteils darin besteht, per Nähmaschine moderne Dirndln zu machen.