Taxonomie

Naturschützer wollen gegen „grüne" Einstufung von Atom und Gas klagen

Beim Verbrennen von Gas und Öl entsteht klimaschädliches Kohlendioxid.
© iStock/Polak

Hintergrund ist die sogenannte Taxonomie. Darin listet die Kommission auf, in welche Bereiche Bürger und Unternehmen Geld investieren können, um den Klimawandel zu bekämpfen. Ab Jänner werden auch Atomkraft und Gas unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich genannt.

EU-weit/Brüssel – Mehrere Umweltorganisationen wollen gegen neue EU-Regeln klagen, die Atomkraftwerke und Gasinfrastruktur ab Jänner als klimafreundliche Projekte einstufen. Unter anderen fordern der WWF, Greenpeace und der BUND die EU-Kommission dazu auf, die entsprechende Regelung zurückzuziehen, wie am Montag aus Mitteilungen hervorging. Die Brüsseler Behörde hat nun bis Februar Zeit, um darauf zu reagieren. Ansonsten wollen die Umweltschützer vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ziehen.

Hintergrund ist die sogenannte Taxonomie. Darin listet die Kommission auf, in welche Bereiche Bürger und Unternehmen Geld investieren können, um den Klimawandel zu bekämpfen. Ab Jänner werden auch Atomkraft und Gas unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich genannt. Das ist umstritten, da beim Verbrennen von Gas klimaschädliches Kohlendioxid entsteht und es keine endgültige Lösung für den radioaktiven Müll von Atomkraftwerken gibt. Die EU-Länder und das EU-Parlament hatten der Einstufung zugestimmt.

Acht Greenpeace-Büros – darunter das österreichische – legten Widerspruch gegen die Einstufung ein. Sie verstoße gegen die europäischen Klimagesetze und den Prinzipien der Taxonomie selbst, hieß es in einer Mitteilung. Zudem widerspreche sie den Zielen des Pariser Klimaabkommens, den Temperaturanstieg möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen.

"EU verrät ihre eigenen Ziele"

"Mit der EU-Taxonomie werden Atom und Gas ein grünes Mascherl verliehen und die Umwelt- und Klimaziele der EU untergraben. Wir fordern die Kommission auf, diesen Etikettenschwindel rückgängig zu machen. Wenn sie nicht einlenkt, werden wir vor Gericht ziehen", kündigte Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich, in einer Aussendung an. "Mit dieser Taxonomie verrät die EU ihre selbstgesteckten Umwelt- und Klimaziele", sagte Martin Kaiser, Vorstand von Greenpeace Deutschland.

Greenpeace stützt seine Argumentation durch zwei neue Expertisen: So zeigt das Papier von Aurora Energy Research, dass der umstrittene Rechtsakt Europa langfristig an den klimaschädlichen Energieträger Gas binden und die Energiewende ausbremsen würde. Physikerin Oda Becker zeigt in ihrem Gutachten, dass neue AKW keine Übergangstechnologie sein können, weil sie das europäische Klimaneutralitätsziel für 2050 unterlaufen: Zum einen soll das grüne EU-Label für neue Kraftwerksgenehmigungen bis zum Jahr 2045 gelten, ohne die nachfolgende Bau- und Betriebszeit zu berücksichtigen. Zum anderen ist Atomkraft nicht CO2-neutral.

Austritt aus Protest

Der WWF, der BUND und zwei andere Organisationen reichten ebenfalls einen Antrag ein, um insbesondere die Aufnahme von Gas in die Taxonomie anzufechten. Die Gasindustrie stehe angesichts der hohen Preise gerade im Mittelpunkt der Lebenskostenkrise in der EU, und ihre Förderung untergrabe die EU-Ziele der Energiewende, sagte ein Sprecher für die Organisationen.

Am Freitag hatte bereits eine andere Gruppe von Umweltschützern, darunter Robin Wood, eine Nichtigkeitsklage vor dem EuGH eingereicht. Diese bekämpft insbesondere die klimafreundliche Einstufung von Bioenergie und Forstwirtschaftprojekten, da dies die Waldzerstörung vorantreibe und die CO2-Emissionen erhöhe. Die EU-Kommission müsse dafür sorgen, dass es keinerlei finanzielle Anreize für das industrielle Verheizen der Wälder gebe, sagte Jana Ballenthien von Robin Wood.

In der vergangenen Woche waren mehrere Organisationen wie der WWF zudem aus Protest aus der Beratungsplattform ausgetreten, die die Taxonomie gemeinsam mit der Kommission ausgearbeitet hatte. Sie kritisierten, die Behörde habe aus politischen Gründen in deren Arbeit interveniert und die Empfehlungen der Berater entgegen wissenschaftlichen Belegen ignoriert. (APA/dpa)

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