Ukraine sichert Gebiete im Osten - Weitere Vorstöße
Ermutigt durch die jüngsten Erfolge auf dem Schlachtfeld treibt die Ukraine ihren Vorstoß auf russisch-kontrolliertes Territorium voran. Ihre Truppen rückten weiter Richtung Osten in Gebiete vor, die russische Soldaten kürzlich aufgegeben hätten, teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj mit. Die russische Nachrichtenagentur Tass meldete derweil am Dienstag einen Angriff auf einen russisch-besetzten Ort in der Region Luhansk, bei dem sieben Menschen getötet worden seien.
Die russische Nachrichtenagentur Tass berichtete unter Berufung auf die dort von Russland eingesetzten Behörden, der Angriff habe Krasnoritschenske gegolten. Der Ort liegt zwischen den Städten Swatowe und Sjewjerodonezk. In der Nähe verläuft eine der wenigen noch funktionierenden Haupt-Nachschublinien aus der russischen Grenzregion Belgorod.
Auf der Gegenseite sollen die Russen in der Nacht einen Luftangriff auf Bachmut in der Region Donezk geflogen sein, bei dem offenbar ein Wohnblock getroffen wurde. Es wird vermutet, dass zwei Menschen unter den Trümmern eingeschlossen sind. Auch andere Ortschaften und Städte wurden beschossen. Am Montag seien sieben Menschen durch russischen Beschuss gestorben und 15 weitere verletzt worden sein, postete der stellvertretende Leiter des Präsidialamtes Kyrylo Timoschenko auf Telegram.
"Die Besatzer sind eindeutig in Panik", sagte Selenskyj in seiner täglichen Fernsehansprache am späten Montagabend. Er betonte, dass es jetzt auf Geschwindigkeit ankomme, um die befreiten Gebiete zu sichern und dort den normalen Alltag wieder herzustellen. Der Präsident signalisierte zudem, dass er seine für Mittwoch geplante Videoansprache vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York dazu nutzen werde, sämtliche Staaten zu weiteren Waffen- und Hilfslieferungen aufzurufen. "Wir tun alles, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse der Ukraine auf allen Ebenen erfüllt werden - Verteidigung, Finanzen, Wirtschaft und Diplomatie."
Ukrainische Soldaten dringen inzwischen weiter nach Osten in von russischen Truppen aufgegebenes Gebiet vor. Der ukrainische Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, schrieb auf Telegram, die Streitkräfte hätten die vollständige Kontrolle über das Luhansker Dorf Bilohoriwka wiedererlangt und bereiteten sich auf den Kampf um die Rückeroberung der gesamten Provinz vor. Es werde um jeden Zentimeter gekämpft werden: "Der Feind bereitet seine Verteidigung vor. Wir werden also nicht einfach einmarschieren."
Russlands einflussreicher Ex-Präsident Dmitri Medwedew rief im Gegenzug die Separatisten-Anführer in Luhansk und der benachbarten Region Donezk dazu auf, sich dabei abzustimmen, endlich Referenden über einen Beitritt zu Russland abzuhalten. Es sei wichtig, dass die beiden Regionen offiziell Teil Russlands würden, um ihre Interessen zu schützen. Auch lasse sich dadurch Russlands Einsatz militärischer Gewalt noch mehr rechtfertigen, denn ein Vordringen auf russisches Territorium sei ein Verbrechen, das den Einsatz "sämtlicher Selbstverteidigungskräfte" erlaube. "Das ist der Grund, warum Kiew und der Westen diese Referenden so fürchtet. Und das ist der Grund, warum sie abgehalten werden müssen."
Aus der Region Cherson im Süden des Landes meldeten die ukrainischen Truppen die Versenkung eines Lastkahns. Russische Truppen hätten damit versucht, Truppen und Ausrüstung über einen Fluss bei Nowa Kachowka zu transportieren. "Versuche, eine Pontonbrücke zu bauen, hielten dem Beschuss der ukrainischen Streitkräfte nicht stand und wurden abgebrochen. Der Kahn ... wurde zu einer Ergänzung der U-Boot-Truppe der Besatzer", postete das Militär auf Facebook.
Wegen der Gefahr ukrainischer Angriffe hat Russland nach Einschätzung der britischen Geheimdienste bereits seine U-Boote der Kilo-Klasse von der annektierten ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim abgezogen. Die Schiffe der Schwarzmeerflotte seien aus ihrem Heimathafen Sewastopol in die südrussische Hafenstadt Noworossijsk verlegt worden, hieß es in London. Die Kilo-Klasse sind konventionell betriebene U-Boote vor allem aus den 80er Jahren. Die russische Schwarzmeerflotte ist traditionell auf der Krim stationiert.
Grund der Verlegung sei höchstwahrscheinlich, dass die ukrainische Fähigkeit zu Angriffen über weitere Distanz zugenommen habe und sich deshalb die Sicherheitslage auf der Krim verändert habe, hieß es in London. "In den vergangenen zwei Monaten wurden das Flottenhauptquartier und dessen Hauptflugplatz angegriffen."