BP-Kandidat Staudinger: Der Wahlkampf als Bühne für eine bessere Welt
Respektiert, belächelt, bewundert: Schuh-Fabrikant Heinrich „Heini“ Staudinger macht Präsidentschaftswahlkampf auf Sparflamme.
Von Wolfgang Sablatnig
Wien – Heinrich Staudinger fragt gar nicht lange, bevor er mit seinem Gesprächspartner per Du ist. Vor ihm im Cafe „Eiles“ in der Wiener Josefstadt liegt eine Mappe mit Zeitungsausschnitten und Notizen. Seine Rede, die er 1979 als frisch gewählter Gemeinderat der „Partei für Umweltschutz und Menschlichkeit“ im oberösterreichischen Schwanenstadt gehalten hat, fehlt aber. Er schickt sie später per E-Mail. „Traurigerweise stimmt sie noch immer“, schreibt er.
Was sagte der jetzt 69-Jährige? „Unsere Sorge gilt der Umwelt und dem Menschen, wobei wir unter Umwelt nicht nur Bäume und Wiesen, Lärm, Luft und Wasser verstehen, sondern auch die Gemeinschaft, in der wir leben und arbeiten, und an die Art und Weise wie wir wohnen.“
Dieser Haltung ist „Heini“ treu geblieben. Derzeit treffen sich die Staatenlenker bei der UNO in New York. Wenn er Bundespräsident wäre, was wäre seine Botschaft an die Welt? „Wir sind eine Menschheitsfamilie.“
Der Bundespräsident sollte diesem Gedanken eine Bühne geben. „Wenn er es nicht ganz blöd anstellt, kriegt alles, was er tut, öffentliche Beachtung.“ Staudinger würde Alleinerzieherinnen in die Hofburg einladen, Biobauern, die den Boden nicht auslaugen, Waldbauern, die an die nächsten Generationen denken und auf Mischwald setzen. Und: „Auch Wohlhabende. Aber nur solche, die schon gelernt haben, dass Teilen geiler ist, als auf dem Besitz zu sitzen.“ Ein „spektakuläres Beispiel“ ist für ihn dabei der Gründer einer prominenten Outdoor-Marke, der seine Firmenanteile jüngst an gemeinnützige Stiftungen übertragen hat.
Staudinger ist Unternehmer. Er verkauft Schuhe und Möbel, er produziert im strukturschwachen Waldviertel. Mit der Finanzmarktaufsicht (FMA) stritt er öffentlich über sein Finanzierungsmodell mit Einlagen von Privatpersonen: Die FMA verhängte Strafen wegen eines verbotenen Bankgeschäfts.
Für Staudinger bleibt der Erfolg. Zwar unterlag er vor Gericht. Sein Fall war aber Anstoß für das Crowdfunding-Gesetz. Später saß er mit dem damaligen EU-Kommissar Michael Barnier auf einem Podium. „Den Staudinger brauchen Sie mir nicht vorstellen. Über den reden wir in Brüssel“, habe Barnier damals gesagt. Als Draufgabe stieß „Heini“ die Gründung eines alternativen Genossenschaftsverbandes an.
Der „Schuhrebell“ war geboren. Respektiert, belächelt, bewundert, manchmal alles gleichzeitig. „Heini“ pflegt das Bild: strubbelige Haare, unrasiert, Dialekt, das „Du“.
In der Corona-Pandemie schlug er sich auf die Seite der Maßnahmenkritiker und Impfskeptiker. Zum Krieg in der Ukraine fällt ihm die Forderung nach Frieden ein. Staudinger mag Zitate, so wie er Geschichten mag. In diesem Fall bedient er sich beim Autor Alexander Kluge: „Den Krieg gewinnt nicht, wer die Schlacht gewinnt, sondern der den Frieden schafft.“
Und was sagt er dazu, dass die Kritik an den Corona-Maßnahmen und den Russland-Sanktionen von der politischen Rechten besetzt wird? Staudinger holt aus: Die Grünen („Ich habe von Anfang an ein Naheverhältnis gehabt.“) hätten sich doch immer als kritisch verstanden. Deren Schwenk in der Corona-Politik sei daher rätselhaft. Und er würde sich wünschen, dass nicht jeder Maßnahmenkritiker als „Schwurbler“ oder rechtsradikal verunglimpft werde.
Für den 9. Oktober ist Staudinger realistisch: „Es ist sonnenklar, dass ich nicht Bundespräsident werde.“ Wahlkampf macht er trotzdem. 20.000 Euro hat er bisher an Spenden eingenommen. Geld aus dem Unternehmen will er jedenfalls nicht in die Kampagne stecken: „Ich würde mich genieren, wenn ich Geld aus der Firma nehme und meine Schuster müssen für meinen Vogel bezahlen.“
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