Firmen- und Privatkonkurse in ersten drei Quartalen stark angestiegen
Beide sind aber noch nicht auf Vorcoronaniveau. In den ersten drei Quartalen des Jahres sind in Tirol 238 Unternehmen in die Pleite geschlittert. Das ist ein Anstieg um 118,3 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2021.
Wien, Innsbruck – Die Firmeninsolvenzen haben sich heuer in den ersten drei Quartalen laut einer Hochrechnung des Kreditschutzvereins KSV1870 gegenüber dem Vorjahreszeitraum in Österreich fast verdoppelt. Sie stiegen um 92 Prozent auf 3482 Fälle. In Tirol stiegen die Firmeninsolvenzen gar um 118 Prozent. 238 Unternehmen sind hier in die Pleite geschlittert. So dramatisch diese prozentuale Zunahme auch anmuten mag, sie zeige nur die Rückkehr unserer Wirtschaft zu einem funktionierenden marktwirtschaftlichen System, hieß es vom Kreditschutzverein.
Die geschätzten Verbindlichkeiten erhöhten sich österreichweit um 88 Prozent auf etwa 1,4 Mrd. Euro, die Zahl der betroffenen Dienstnehmer auf 9800 (+72 Prozent). Privatkonkurse gab es mit 6209 um 24 Prozent mehr - mit Durchschnittsschulden von 107.000 Euro je Insolvenz.
Corona-Unterstützungen hielten Betriebe am Leben
Durch die coronabedingten Unterstützungsleistungen, die großzügige Stundungen von öffentlichen Abgaben und dem Aussetzen der Insolvenzantragstellungen durch öffentlich-rechtliche Gläubiger (Finanz und Sozialversicherungsträger) gab es in den letzten beiden Jahren kaum insolvente Betriebe. Waren es 2020 noch 138 insolvente Unternehmen, schlitterten 2021 im Vergleichszeitraum gar nur 109 Betriebe in die Pleite.
Das Insolvenzgeschehen im Landesgericht Innsbruck werde wie in der jüngeren Vergangenheit von kleinen Unternehmen dominiert. Großinsolvenzen blieben bisher in Tirol aus, wobei sich natürlich die Pleite der FC Wacker Innsbruck GmbH vom üblichen Insolvenzbetrieb deutlich abhebe.
Eine Analyse der typischen Ursachen der Insolvenzen in Tirol im Jahr 2022 der KSV1870 ergab, dass aktuelle Unsicherheiten – hohe Energiekosten, Lieferkettenschwierigkeiten, fehlendes Personal, etc. – bisher noch keine wesentliche Rolle in den Insolvenzeröffnungsanträgen gespielt haben. Vielfach liegt der Insolvenzgrund einfach im fehlenden wirtschaftlichen Weitblick der in den Betrieben in verantwortlicher Position handelnden Personen.
Firmeninsolvenzen in Österreich unter dem Wert von 2019
Die Liste an Herausforderungen, mit denen sich die Betriebe seit vielen Monaten beschäftigen müssen, sei auch über die Sommermonate nicht kürzer geworden, so Karl-Heinz Götze vom KSV. Trotzdem liegt die Zahl der Firmeninsolvenzen immer noch um 9 Prozent unter dem Vergleichswert des letzten Vor-Corona-Jahres 2019. Aber: "Anhaltende Kostenexplosionen, gravierende Lieferengpässe und die schwierige Suche nach Personal sind nur einige wenige Faktoren, warum sich die wirtschaftliche Gesamtsituation zuletzt verschlechtert hat", so Götze.
Die Erwartungshaltung für die nächsten Monate sei gedämpft. Rund die Hälfte der Unternehmen blicke negativ Richtung Jahresende.
Bedenklich findet der KSV, dass heuer 40 Prozent aller Firmenpleiten mangels Kostendeckung abgewiesen worden seien. Im Vorjahr waren es 32 Prozent. Den Anstieg gebe es, weil viele Betriebe deutlich früher Insolvenzen hätten anmelden müssen, so Götze. Durch den Fortbetrieb würden aber auch die allerletzten Mittel aufgebraucht, wodurch keine Sanierung mehr möglich sei. Das führe zu mehr Jobverlusten und die Gläubiger schauten durch die Finger.
13 Pleiten am Tag
(Kfz-)Handel, Bau und Tourismus sind laut KSV die Insolvenztreiber. Insgesamt gab es durchschnittlich 13 Pleiten pro Tag. Der deutliche Anstieg der Gesamtpassiva ist unter anderem dem Konkurs der CPI-Gruppe (Passiva: rund 220 Mio. Euro) und dem Fall der Polytechnik Luft- und Feuerungstechnik GmbH (66,3 Mio. Euro) geschuldet.
Bei den Privatpleiten gab es 23 Eröffnungen pro Tag. Auch hier haben sich die Gesamtpassiva erhöht. Die Summe stieg um gut 16 Prozent auf insgesamt rund 665 Mio. Euro.
Die Brieftaschen der Menschen in Österreich würden derzeit von Inflation - gestiegenen Energiekosten, Preissteigerungen im Supermarkt - enorm belastet, so Götze. Der Anstieg sei wenig überraschend. Aber auch hier wurde das Vor-Corona-Niveau (7174 Fälle) noch nicht erreicht, obwohl die Zahl der eröffneten Privatkonkurse seit Inkrafttreten der Insolvenznovelle (Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz) im Juli 2021 kontinuierlich gestiegen ist.
"Im Privatkonkurs ist der aktuelle Anstieg vor allem auf die Insolvenznovelle des Vorjahres zurückzuführen, die deutliche Erleichterungen, wie eine verkürzte Entschuldungsdauer für Schuldner, gebracht hat. Wenn man etwas in die Zukunft blickt, werden aber auch die explodierenden Kosten in nahezu allen Lebenslagen Auswirkungen haben", sagt Götze. (APA, TT.com)