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Selenskyj verlangt vor UNO Bestrafung Russlands

Moskau soll Veto-Recht im UNO-Sicherheitsrat entzogen werden
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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor den Vereinten Nationen eine Bestrafung Russlands für den Angriffskrieg gegen sein Land verlangt. "Es wurde ein Verbrechen gegen die Ukraine begangen, und wir fordern eine Bestrafung", sagte Selenskyj am Mittwoch in einer Videobotschaft vor der UNO-Vollversammlung in New York. Konkret forderte er, dass Russland sein Vetorecht im UNO-Sicherheitsrat sowie sein Stimmrecht in UNO-Organisationen verlieren sollte.

Russland müsse bestraft werden für das Morden, die Folter, die Erniedrigungen und die desaströsen Turbulenzen, in die es die Ukraine gestürzt habe. An Friedensgesprächen ist Russland nach Einschätzung des ukrainischen Präsidenten nicht ernsthaft interessiert. "Sie reden über die Gespräche, aber sie kündigen eine militärische Mobilisierung an. Sie reden über die Gespräche, aber sie kündigen Scheinreferenden an", sagte Selenskyj mit Blick auf die jüngsten Ankündigungen der russischen Führung um Präsident Wladimir Putin. Sein Fazit: "Russland will Krieg."

"Es sollte ein Sondertribunal eingerichtet werden, um Russland für das Verbrechen der Aggression gegen unseren Staat zu bestrafen", sagte Selenskyj. Russland müsse mit seinem Vermögen für den Krieg gegen die Ukraine bezahlen, forderte er zudem. In dem Konflikt könne es keine neutrale Haltung geben: Wer von Neutralität spreche, wenn menschliche Werte und Frieden angegriffen werden, sei in Wirklichkeit gleichgültig. Der russische Angriffskrieg dominiert die diesjährige Generaldebatte der UNO-Vollversammlung.

Selenskyj war der einzige von insgesamt mehr als 140 Staats- und Regierungschefs, der sich dort per Videobotschaft äußerte. Er hatte wegen des russischen Angriffskriegs eine Ausnahmegenehmigung von dem Gremium dafür erhalten. Für seine Rede bekam er enthusiastischen Applaus - dies kommt in der Vollversammlung selten vor. Die Vertreter Russlands blieben anders als die meisten Vertreter der 193 Mitgliedstaaten sitzen.

Am Donnerstag will sich der UNO-Sicherheitsrat mit dem Thema beschäftigen. Zu bedeutsamen Maßnahmen ist es bisher aber nicht gekommen, da Russland neben den USA, Frankreich, Großbritannien und China zu den fünf permanenten Mitgliedern mit Veto-Recht gehört.

Der ukrainische Präsident nutzte seine Ansprache, um von der Weltgemeinschaft weitere militärische Unterstützung für sein Land zu fordern. "Wir können die ukrainische Flagge auf unser gesamtes Territorium zurückbringen, wir können das mit Waffen schaffen, aber wir brauchen Zeit", sagte Selenskyj.

Sowohl für die Verteidigung als auch für den Angriff sei mehr Unterstützung nötig, auch weitere finanzielle Hilfen brauche es. Die Ukraine wehrt sich seit dem 24. Februar gegen die russische Invasion und hatte zuletzt große Gebiete von den Besatzern zurückerobern können.

Selenskyj forderte auch weitere Visa-Restriktionen für russische Bürger. Sie sollten nicht die Möglichkeit haben, zum Einkaufen und Urlauben in andere Länder zu reisen, verlangte er. Die Ukraine wolle auch einen internationalen Entschädigungsmechanismus durchsetzen und hoffe hier auf die Unterstützung der Vereinten Nationen. "Russland sollte für diesen Krieg mit seinem Vermögen bezahlen", sagte er.

Dass der Krieg nicht nur eine Gefahr für sein eigenes Land darstelle, machte Selenskyj mit einer eindringlichen Warnung angesichts der Lage am umkämpften ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja deutlich. Das russische Vorgehen dort "macht Sie alle zu einem Ziel", meinte Selenskyj. Die "russische Strahlenerpressung ist etwas, das jeden Einzelnen von Ihnen betreffen sollte", denn niemand werde einen Impfstoff gegen die Strahlenkrankheit haben.

Das Kernkraftwerk Saporischschja steht seit Anfang März unter russischer Kontrolle. Mit seinen sechs Reaktoren und einer Nettoleistung von 5.700 Megawatt ist es das größte Atomkraftwerk in Europa. Moskau und Kiew lasten sich den Beschuss der Anlage gegenseitig an. Eine Häufung von Vorfällen, die zur Abschaltung von Reaktoren und Stromausfällen führten, hatte international die Sorge vor einer Atomkatastrophe erhöht.

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