Tipps für Familien: Über Taschengeld spricht man besser
Mit Taschengeld können Kinder Finanzkompetenz erlernen – durch Ausprobieren und durch Fehler. Aufgrund aktueller Preiserhöhungen das Taschengeld zu kürzen, halten Experten für heikel. Wichtig sei Transparenz beim Thema Geld.
Von Andrea Wieser
Emil liebt Bubble Tea. Das Lieblingsgetränk des 12-Jährigen ist aber alles andere als günstig. Sieben Euro fünfzig kostet ein XL-Becher. Bei 20 Euro Taschengeld im Monat ist der Spaß nur zweimal finanzierbar.
Das Rechenbeispiel aus dem echten Leben eines Innsbrucker Kindes ist selbstverständlich ein Luxusproblem. Realität ist es allemal. Auf der Wunschliste von Kindern und Jugendlichen finden sich nicht selten Bedürfnisse, die nicht adäquat zum „Einkommen“, sprich Taschengeld, stehen. Und genau das ist der Sinn dieser Auszahlungen. „Der Zweck von Taschengeld ist es, den Kindern und Jugendlichen einen verantwortungsbewussten Umgang mit Finanzen beizubringen“, meint Michael Obermeier. Der Leiter der AK werkstatt in Tirol, einem Workshop-Programm der Arbeiterkammer, ist mit den gängigen Problemen vertraut. „Wir sehen leider in der Praxis, dass Jugendliche oft wenig bis gar kein Gefühl für Geld haben.“ Bezugnehmend auf das Bubble-Tea-Beispiel ist die Rechnung schnell gemacht.
Empfehlungen und Richtwerte
Ob und wie viel Taschengeld ausbezahlt wird, ist gesetzlich nicht geregelt. „Juristisch gibt es dazu seitens der Eltern keine Verpflichtung“, meint Obermeier. Hingegen haben Kinder in Österreich sehr wohl ein Recht auf Unterhalt und ein Recht auf Erziehung. „In der Regel wird ein Teil der privaten Aktivitäten der Kinder über das Taschengeld, das sie zur freien Verfügung bekommen, finanziert.“
Wie hoch das sein darf, ist Privatsache. Der Gesetzgeber gibt aber Empfehlungen ab. Auf der Internet-Seite des Finanzministeriums lassen sich Richtwerte nachlesen. Für Kinder zwischen zehn und zwölf Jahren sind monatlich acht bis vierzehn Euro veranschlagt. 16-Jährige könnten schon bis zu 35 Euro ausbezahlt bekommen.
Kommunikation im Vordergrund
Wenn sich die finanzielle Situation der Eltern verschlechtert, könnte das auch Auswirkungen auf das Taschengeld der Kinder haben. Die derzeitige Situation mit massiven Energiepreiserhöhungen legt die Debatte nahe. „Natürlich kann in Familien, die nun noch mehr sparen müssen, auch das Taschengeld betroffen sein“, meint dazu Philip List, Leiter des Finanzbildungsinstituts FLiP (Erste Financial Life Park). Er rät diesbezüglich aber zur Vorsicht, es stehe die Kommunikation im Vordergrund. „Ich würde allen Familien raten, mit ihren Kindern über Geld zu sprechen.“ Transparenz schaffe Verständnis. Ziel muss es sein, komplexere finanzielle Belastungen, wie zum Beispiel Inflation, kindgerecht zu erklären. „Da Kinder heutzutage über unterschiedliche mediale Kanäle schon früh über vieles informiert sind, kann das sehr gut gelingen.“
List ermuntert dazu, ins Gespräch zu kommen, anstatt Kinder unaufgeklärt vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Dabei sollte laut Obermeier die nötige Sensibilität nicht ausbleiben: „Ich glaube, dass man es durchaus kommunizieren darf, wenn Eltern nun weniger Geld zur Verfügung haben, aber die Negativinformationen haben je nach Alter Grenzen.“ Es mache keinen Sinn, schon etwa Siebenjährige mit den Unwegsamkeiten der Finanzwirtschaft zu belasten. Wer hier unvorsichtig ist, kann unnötige Ängste auslösen, die dazu führen, dass Kinder sich um das Wohlergehen der ganzen Familie übergebührlich sorgen müssen.
Taschengeld nicht als Druckmittel
Grundsätzlich gebe es laut den Experten Kriterien, die Taschengeldauszahler unbedingt einzuhalten haben. Das wäre die Pünktlichkeit der Auszahlung ebenso wie die Sanktionslosigkeit. „Taschengeld als Druckmittel zu reduzieren oder auszusetzen, halte ich für falsch“, meint Obermeier. Zudem solle es auch nach oben nicht immer korrigiert werden: „Permanent Geld zuzuschießen, halte ich ebenfalls für falsch.“ Wenn die Kinder hingegen zusätzlich zu normalen Aufgaben, wie das eigene Zimmer aufzuräumen, noch Haushaltsdienste verrichten, kann das extra honoriert werden.
Am besten lerne man über eigene Erfahrungen, ist sich List sicher. Bezugnehmend auf Emil könnte das stimmen. Seine Begeisterung für Bubble Tea ist zwar nicht abgeflaut. Aber die Kosten haben dazu geführt, dass er darauf lieber verzichtet.