Krieg in Ukraine

Biden droht Russland mit Sanktionen, Russen beschießen Staudämme

Mitglieder der "Wahlkommission" verlassen die Botschaft der selbsternannten Volksrepublik Donezk mit mobilen Wahlurnen.
© ALEXANDER NEMENOV

Russland treibt die Scheinreferenden in seinen mit Gewalt besetzten Gebieten in der Ostukraine weiter voran. US-Präsident Joe Biden warnt Russland vor neuen Sanktionen, sollte der Kreml die Gebiete tatsächlich völkerrechtswidrig annektieren.

Washington – US-Präsident Joe Biden hat Russland für den Fall von Annexionen nach den "Referenden" in vier russisch kontrollierten Gebieten in der Ukraine mit harten Sanktionen gedroht. "Russlands Referenden sind eine Farce - ein Vorwand für den Versuch, Teile der Ukraine gewaltsam zu annektieren, was eine eklatante Verletzung des Völkerrechts darstellt", erklärte Biden am Freitag. Trotz scharfer internationaler Proteste wurden die Scheinreferenden am Samstag fortgesetzt.

Die USA würden gemeinsam mit ihren Verbündeten und Partnern daran arbeiten, dass in diesem Fall weitere "schnelle und harte" wirtschaftliche Maßnahmen gegen Russland ergriffen würden, hieß es in Bidens Erklärung. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich in seiner täglichen Videobotschaft am Freitag überzeugt, dass die Staatengemeinschaft auf die sogenannten Referenden angemessen reagieren wird. "Die Welt wird absolut gerecht auf die Pseudo-Referenden reagieren – sie werden unmissverständlich verurteilt", sagte Selenskyj.

Russen treibt Scheinreferenden voran

Trotz scharfer internationaler Proteste waren Freitag früh sogenannte Referenden zur Annexion durch Russland gestartet. Angebliche Abstimmungen finden in den Separatistengebieten Donezk und Luhansk im ostukrainischen Donbass sowie in den südukrainischen Regionen Cherson und Saporischschja statt. Am zweiten Tag der Abstimmungen gingen weiter pro-russische Behördenvertreter am Samstag von Tür zu Tür, um Stimmen einzusammeln. Wahllokale sollen erst am Dienstag, dem letzten Tag der Abstimmungen, geöffnet werden.

Nach Dienstag wird mit einer raschen Annexion durch Moskau gerechnet. Kiew und seine westlichen Verbündeten kritisieren die Abstimmungen als "Scheinreferenden". Ein Anschluss der vier ukrainischen Regionen an Russland infolge der "Referenden" wird vom Westen als illegal verurteilt. Die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden demokratischen Wirtschaftsmächte (G7) etwa verurteilten die Scheinreferenden am Freitag aufs Schärfste. Die Scheinreferenden dienten als "falscher Vorwand", um den Status von souveränem ukrainischem Territorium zu verändern, das russischer Aggression zum Opfer gefallen sei. "Diese Aktionen sind ein klarer Bruch der Charta der Vereinten Nationen und des internationalen Rechts", hieß es weiter.

Kreml lässt Staudämme in Ukraine beschießen

Russland versucht indes nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums mit dem Beschuss von Staudämmen offenbar das anhaltende Vorrücken der ukrainischen Streitkräfte zu stoppen. So hätten russische Soldaten kürzlich mit Kurzstreckenraketen oder ähnlichen Waffen im Nordosten der Ukraine einen Staudamm auf dem Fluss Siwerskyj Donez beschossen, hieß es am Samstag im täglichen Lagebericht des Ministeriums.

Einige Tage zuvor habe es bereits einen ähnlichen Angriff auf einen anderen Damm gegeben. Die russischen Kommandanten, die wegen ihrer jüngsten operativen Rückschläge zunehmend beunruhigt seien, versuchten vermutlich, die Schleusentore zu zerstören, um Überquerungsstellen des ukrainischen Militärs zu überschwemmen. Allerdings sei es unwahrscheinlich, dass die Angriffe auf die Dämme die ukrainischen Militäroperationen nennenswert unterbrochen hätten.

Vize-Verteidigungsminister entlassen

Genau sieben Monate nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine ist in Russland Vize-Verteidigungsminister Dmitri Bulgakow seines Amtes enthoben worden. Offiziell begründete das Verteidigungsministerium den Schritt in einer Mitteilung vom Samstag mit der Versetzung Bulgakows "auf einen anderen Posten".

Sein Nachfolger soll Generaloberst Michail Misinzew werden, der bisher das nationale Zentrum für Verteidigungsmanagement leitete. Er soll künftig insbesondere für die Logistik der Armee zuständig sein.

Misinzew ist auch im Ausland bereits bekannt: So wurde er für die schweren Angriffe auf die südukrainische Hafenstadt Mariupol verantwortlich gemacht, die Ende Mai von den Russen erobert worden war. Während der wochenlangen Belagerung wurden ukrainischen Angaben zufolge Tausende Zivilisten getötet und ein Großteil der Stadt zerstört. In Großbritannien steht Misinzew, der auch als "Schlächter von Mariupol" bezeichnet wird, deshalb auf einer Sanktionsliste.

Nach jüngsten Niederlagen war Russlands militärische Führung um Verteidigungsminister Sergej Schoigu zuletzt auch in kremlnahen Kreisen in die Kritik geraten. Unter dem Druck ukrainischer Gegenoffensiven musste sich die russische Armee vor rund zwei Wochen aus dem ostukrainischen Gebiet Charkiw zurückziehen. Am vergangenen Mittwoch dann befahl Präsident Wladimir Putin eine Teilmobilmachung seiner Streitkräfte. (APA, AFP)

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