Teuerung

US-Ökonom Stiglitz: EZB reagiert falsch auf Inflation

Joseph E. Stiglitz.
© JOEL SAGET / AFP

Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz ist der Meinung, dass die Europäische Zentralbank kontraproduktiv auf die Inflation reagiert. Indem die Zentralbanken die Zinsen anheben, um vermeintlich gegen die Inflation vorzugehen, würden sie notwendige Investments erschweren.

Wien – Der amerikanische Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz hält den Weg der Europäischen Zentralbank (EZB), gegen die Inflation vorzugehen, für kontraproduktiv. Die aktuelle Inflation ergebe sich vor allem aus der Knappheit auf der Angebotsseite, höhere Zinsen würden die nötigen Investitionen aber bremsen, sagte der US-Ökonom am Montag auf einer Veranstaltung im Presseclub Concordia. "Manchmal ist die Kur schlechter als die Krankheit selbst", so Stiglitz.

Die Europäische Zentralbank erhöhte unlängst im Kampf gegen die ausufernde Inflation die Zinsen um 0,75 Prozentpunkte. Dies war die stärkste Zinserhöhung seit Einführung des Euro-Bargelds im Jahr 2002.

Grund für die Teuerung ist laut Stiglitz eine Kombination aus anhaltenden Lieferkettenproblemen als Folge der Coronapandemie und dem Krieg in der Ukraine, der Energie- und Lebensmittelpreise in die Höhe trieb. "Ich hoffe Europa wacht auf. Und auch die Zentralbanken", sagte der Ökonom, der im Jahr 2001 gemeinsam mit George A. Akerlof und Michael Spence den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt. Indem die Zentralbanken die Zinsen anheben, um vermeintlich gegen die Inflation vorzugehen, würden sie notwendige Investments erschweren, sagte der Wirtschaftsnobelpreisträger in seiner Rede. Stiglitz wird unter den Ökonomen als Neo-Keynesianer bezeichnet.

Vieles davon, dass die Energiepreise nun so hoch sind, sei auch selbst verschuldet, meinte Stiglitz. "Die europäischen Energiemärkte sollten sich verändern. Deregulierung funktioniert nie." Europa und insbesondere die USA müssten verstehen, dass man sich im Krieg befinde. Und die Wirtschaft funktioniere in Kriegszeiten anders als in Friedenszeiten. Die Energiekrise habe sich schon früh abgezeichnet, die hohe Gasabhängigkeit von Russland bezeichnete Stiglitz als unklug. Die Staaten müssten reagieren, indem sie das Angebot erhöhen, Energiezulieferer diversifizieren und die erneuerbaren Energien ausbauen, schlug der Ökonom auch schon in früheren Ausführungen vor. (APA)

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