Auftakt in Erl: Mit Vollgas in das Erntedankfest
Erik Nielsen dirigierte im Erler Festspielhaus César Franck und Gustav Mahler: bedingungslos stürmisch und manchmal grandios modellierend.
Von Wolfgang Otter
Erl – Der Chef gab am Donnerstagabend Vollgas. Der Chef ist Erik Nielsen, der seit heuer erster Mann am Pult der Tiroler Festspiele Erl ist und das hervorragend abgestimmte Orchester der Tiroler Festspiele dirigieren darf. Er hat den Instrumentalistinnen und Instrumentalisten am Donnerstagabend zum Auftakt der Erntedank-Reihe im Festspielhaus César Francks vergnügliche und mitreißende symphonische Dichtung „Le chasseur maudit“ (FWV 44) aufs Notenpult gelegt. Und sich selbst ganz groß und dick unterstrichen offensichtlich ein „F“ darüber geschrieben. „F“ steht für Forte, ja eigentlich in diesem Fall wohl für Fortefortissimo. Also für so richtig laut. Denn das bevorzugte Nielsen in Francks wilder Jagd durch die Erzählung eines aufgeblasenen Waidmannes. Vollgas eben. Nur kennt man das ja vom Autofahren: Ist das Gaspedal erst mal komplett durchgedrückt – dann geht es eben nicht mehr schneller oder in diesem Fall lauter. Und Franck hätte da viel mehr hineingeschrieben als nur Vollgas. Da sind so viele kleine, feine Nuancen zu finden. Da fuhr jedoch Nielsen mit großer Geste zu sehr drüber. Das Orchester hätte es jedoch drauf. Das bewies es in der folgenden 1. Sinfonie von Gustav Mahler (Titan). Da war auch Nielsen ganz anders, da wurde er zum Auskoster und raffinierten Gestalter. „Sein“ Orchester war dabei wie Plastilin in seinen Händen, Nielsen betätigte sich als feiner Modellierer, die MusikerInnen hingen am Stab des Chefs, willens und fähig die Anweisungen umzusetzen.
So gestaltete Nielsen ein großartiges Tongemälde. Eines, das sich von der morgendlichen Naturstimmung über derbe Tanzharmonien und Rhythmen, über einen Trauermarsch hin zum grandiosen Finale aufbaute. Dabei gestaltete Nielsen die großen Phrasierungen, den Spannungsaufbau in einer hervorragenden Intensität. Ganz große Musik, grandios interpretiert. Das Publikum war begeistert.
Heute Samstag dirigiert Nielsen ab 19 Uhr Richard Strauss, morgen Sonntag steht ab 15 Uhr noch das Familienkonzert am Programm. Infos: www.tiroler-festspiele.at