Kinderschutzzentrum Wörgl: Kampf gegen sexuelle Gewalt im Fokus
Seit 20 Jahren gibt es das Kinderschutzzentrum in Wörgl. Der Schwerpunkt liegt auf sexuellem Missbrauch – und wie man diesen möglichst verhindern kann.
Von Jasmine Hrdina
Wörgl – Das Kinderschutzzentrum in Wörgl „feiert“ sein 20-jähriges Bestehen. Dass es eine Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, die von sexueller, körperlicher und/oder psychischer Gewalt betroffen sind, überhaupt braucht, gibt wenig Anlass zur Freude. 1000 Beratungen mit knapp 500 Klienten führten Anne Kuster, Daniela Wabscheg und Claudia Mayer im vergangenen Jahr durch. Die drei Psychotherapeutinnen bieten Beratung, Prozessbegleitung und Fortbildungen an.
Gerade in Krisenzeiten brauchen Kinder und Jugendliche viel Schutz und Aufmerksamkeit. Es sei Aufgabe von Erziehungsberechtigten, aber auch Sozialeinrichtungen sowie Lehr- und Fachpersonal, Unterstützungsangebote und angepasste Behandlungskonzepte zu gewährleisten. „Ziel muss sein, die nachfolgende Generation mit Kompetenzen für ein erfolgreiches Konfliktmanagement auszustatten“, erklären die drei gemeinsam.
Die Nachfrage im Kinderschutzzentrum Wörgl – eines von fünf in Tirol – steigt seit den Anfängen im Jahr 2002 kontinuierlich. Das gelte vor allem für den Schwerpunkt der sexuellen Gewalt. Jedes vierte bis fünfte Kind sei von innerfamiliärem sexuellem Missbrauch betroffen, Tendenz steigend. Laut Definition ist dies der Fall, wenn ein „bewusstes Vorgehen, um bei sich selbst Erregung zu erzielen“, stattfindet.
Kinder reagieren darauf unterschiedlich – vom sexualisierten Verhalten über Ängste bis zum Einnässen –, sind aber von Natur aus Nachahmer. „Wenn ein Kind eine sexualisierte Zeichnung fertigt oder mit Puppen etwas in dieser Richtung spielt, heißt das nicht automatisch, dass es Opfer von sexuellem Missbrauch geworden ist. Es zeigt aber, dass sich das Kind in einer Form damit beschäftigt“, erklärt Kuster. Das können auch Bilder im Internet oder in sozialen Medien sein. Bereits Volksschulkinder verfügen oft über eigene Smartphones, vernetzen sich in Chat-Gruppen. Ein Bild ist schnell verschickt. „Kinder können das Gesehene aber oft nicht verarbeiten“, meint Kuster. Und vor allem tun sie das unterschiedlich. „Schicke ein Bild an 13 Kinder und du erhältst 20 Reaktionen“, sagt Wabscheg. „Eltern sollten hier wirklich sensibel sein und hinschauen“, appellieren die Frauen. Und vor allem eine Atmosphäre schaffen, damit Kinder sich trauen, über das Erlebte zu reden. „Oft haben Kinder Schuldgefühle, weil sie das Bild verschickt haben oder sie eine Berührung zugelassen haben. Hinzu kommt, dass sie spüren, wenn Eltern selber überfordert sind. Sie wollen sie nicht mit ihren Sorgen zusätzlich belasten“, meint Mayer. Zentral dabei ist, dass Kinder ihren Körper benennen können. „Das kann in ihrer eigenen kindgerechten Sprache sein, aber es muss klar sein, was gemeint ist.“
Der Fokus liegt stets auf dem Behagen der Kinder – und auf Grenzen. Ein wichtiger Teil der Arbeit des Teams liegt in der Prävention. Wabscheg führt aus: die Tochter, die mit dem Papa duscht, die Oma, die dem Enkerl ein Bussi auf den Mund gibt – „eventuell will sich das Kind lieber alleine waschen und ein ‚Neiderl‘ auf die Wange bekommen“.
Das Angebot beinhaltet Professionellenbegleitung, sprich Beratung für alle, die mit Kindern zu tun haben. „Kinderschutz geht nicht alleine, es braucht Vernetzung“, bringt es Kuster auf den Punkt.
Kontakt: Kinderschutzzentrum Wörgl, Bahnhofstraße 53, 6. Stock, Tel. 05332 72148, E-Mail: woergl@kinderschutz-tirol.at