Serbien

Serbien unter Druck, Gerüchte über Rücktritt von Vucic

Der serbische Präsident Aleksandar Vucic.
© Ludovic MARIN/AFP

Der EU-Beitrittskandidat lehnt Sanktionen gegen Moskau ab. Der stellvertretende russische Außenminister stattete Belgrad einen Geheimbesuch ab.

Belgrad, Moskau, EU-weit – Trotz zahlreicher Aufforderungen aus Brüssel und EU-Ländern, sich den Sanktionen gegen Russland anzuschließen, hat der EU-Beitrittskandidat Serbien dies bisher nicht getan. Zuletzt gab es Anzeichen, dass eine solche Entscheidung in absehbarer Zeit auch nicht zu erwarten wäre. Gleichzeitig tauchten Gerüchte auf, dass Präsident Aleksandar Vucic, der seit Jahren ganz im Widerspruch zu der Verfassung alle wichtigen Entscheidungen höchst persönlich trifft, zurücktreten dürfte.

Der Schritt könnte wohl wegen des starken Drucks, der auf ihn und sein Land im In- und Ausland ausgeübt wird, erfolgen. Dabei war Vucic erst im April zum zweiten Mal im Präsidentenamt bestätigt worden.

Geheimbesuch von Alexander Gruschko

Die serbische Öffentlichkeit hat erst mit Verspätung über einen wohl absichtlich Ende der Vorwoche geheim gehaltenen Besuch des stellvertretenden russischen Außenministers Alexander Gruschko in Belgrad erfahren. Die Information darüber kam am Samstagabend aus dem russischen Außenministerium. Gruschko war demnach während seines zweitägigen Belgrad-Aufenthaltes mit Präsident Vucic, Außenminister Nikola Selakovic und Innenminister Aleksandar Vulin zusammengekommen. Vulin gilt als ein besonders prorussisch ausgerichtetes Regierungsmitglied. Am Sonntag meinte er etwa, dass es für Serbien besser wäre, "so schnell wie möglich" zu akzeptieren, dass sein Platz nicht in der Europäischen Union sei und dass die EU Serbien "nicht haben" wolle.

Was genau Gruschko in Belgrad besprochen hat, ist nicht bekannt, allerdings ließ er das russische Internetportal Sputnik (Belgrader Redaktion, Anm.) wissen, dass er "unehrlich" wäre, würde er sagen, dass Russland "gleichgültig" gegenüber eventuellen Sanktionen seitens Serbien bleiben würde. "Natürlich wären wir enttäuscht", so Gruschko.

Gerüchte über Rücktritt

Wie realistisch ist unterdessen ein Rücktritt von Vucic? Wohl niemand in Belgrad kann dies genau sagen. Er würde "absolutes Verständnis" für eine so radikale Entscheidung haben, erklärte Vladimir Djukanovic, Spitzenfunktionär der regierenden Serbischen Fortschrittlichen Partei (SNS) von Vucic, laut Medienberichten vom Dienstag. Er warf der serbischen wissenschaftlichen und kulturellen Elite, aber auch führenden Geschäftsleuten und Medien vor, die "prowestliche Option" zu unterstützen. In einer solchen Situation sei es unmöglich die Neutralität des Landes zu wahren, meinte Djukanovic.

Serbien hatte seine Ablehnung der Sanktionen bisher mit dem internationalen Recht und seiner Neutralität begründet. (APA)