Pfeifer setzt Hebel bei Speed an: "Bisschen zu wenig"
In seiner ersten Saison in der Chef-Rolle bei den ÖSV-Männern möchte Marko Pfeifer klare Konturen hinterlassen. Eine Schwerpunktsetzung soll bei den schnellen Disziplinen erfolgen, wo der neue Sportliche Leiter mehr Läufer in der Spitze sehen will. "Mir ist das ein bisschen zu wenig im Speedbereich, dass wir nur zwei haben und dann ist eine große Lücke", sagte Pfeifer vor dem alpinen Skiweltcup-Auftakt in Sölden. Punkto Gesamtweltcup sind seine Hoffnungen nicht allzu groß.
Pfeifers Bestandsaufnahme vor dem ersten Rennen unter seinem Kommando fällt trotz einer vergangenen Saison ohne Weltcup-Kugel generell positiv aus. "Wir haben in jeder Disziplin Siegläufer, da sind wir sehr gut", betonte der 48-Jährige, der im Frühjahr das Zepter von Andreas Puelacher übernommen hatte. In Abfahrt und Super-G seien Triple-Olympiasieger Matthias Mayer und Doppel-Weltmeister Vincent Kriechmayr jederzeit für Siege gut, in den technischen Disziplinen nannte er Manuel Feller und - mit Fragezeichen - Marco Schwarz als Kandidaten, die in zwei Disziplinen ganz nach vorne fahren könnten. Auch kleine Kugeln scheinen im Bereich des Möglichen zu sein.
Hinter Mayer und Kriechmayr gebe es aber bei den Speed-Spezialisten einiges an Luft nach oben. "Was ich da erreichen möchte, ist, dass wir von Platz acht bis 15 oder 20 kompakter werden", sagte der Kärntner Pfeifer, der ab April 2013 überaus erfolgreich Österreichs Techniker betreut hatte. "Du kannst nicht fünf Podiumfahrer haben, das hat keine Nation. Aber dass wir da nachrücken, dass wir im Speedbereich Signale setzen - das ist eines meiner Anliegen als Sportlicher Leiter." Bei der Heim-WM 2025 in Saalbach-Hinterglemm "möchte ich vier Leute am Start haben, wo jeder eine Medaille machen kann".
Athleten wie Max Franz, Otmar Striedinger, Daniel Hemetsberger oder Daniel Danklmaier dürften demnach also besonders in der Auslage stehen. Die erste Abfahrt in dieser Saison findet schon in der Woche nach dem Sölden-Riesentorlauf in Zermatt/Cervinia statt, sofern es die Bedingungen zulassen.
Im Slalom und Riesentorlauf gibt es laut Pfeifer die angepeilte Dichte. Tatsächlich zählen auch Johannes Strolz, Michael Matt, Fabio Gstrein und Patrick Feurstein in ihren jeweiligen Spezialgebieten zum Kreis der Podestanwärter. Und es gibt noch eine personelle Reserve: Mit Roland Leitinger, Slalom-Vizeweltmeister Adrian Pertl und Christian Hirschbühl arbeiten drei Läufer aktuell an ihren Comebacks, Stefan Brennsteiner zog sich am Dienstag eine Knieverletzung zu.
Die grobe Zielsetzung "ist generell, dass wir versuchen, diese Spezialisierung ein bisschen wegzukriegen", erklärte Pfeifer. In Zukunft will der ÖSV mehr Leute mit Allrounder-Qualitäten haben. "Ich weiß, es kann nicht ein jeder, und jemand, der in drei Disziplinen nur Durchschnitt ist, wollen wir auch nicht. Aber es ist Blickrichtung Olympia mit den wenigen Startplätzen einfach schon ein Vorteil, wenn du einige hast, die zwei Disziplinen fahren."
Auch, um sich für die große Kristallkugel aussichtsreich in Stellung zu bringen, wäre das zweckdienlich. "Denn Fakt ist: Odermatt haben wir keinen in den Reihen", stellte Pfeifer klar. Der Schweizer Marco Odermatt, der Gesamtsieger 2021/22, und der Norweger Aleksander Aamodt Kilde sind für Pfeifer auch heuer die großen Favoriten auf die große Kugel, da sie in drei Disziplinen top seien. In der Vorsaison war Mayer als Gesamt-Vierter unmittelbar vor Kriechmayr der beste Österreicher. 43 Rennen stehen für die Männer bis zum Finale in Soldeu in diesem Winter auf dem Programm, im Februar 2023 findet die Ski-WM in Courchevel/Méribel statt.
Potenzial für mehr sieht Pfeifer bei Schwarz und Strolz, die als Kombi-Weltmeister beziehungsweise -Olympiasieger schon bewiesen haben, dass sie das Gefühl für die Geschwindigkeit hätten. Schwarz soll langsam an die Domäne Speed herangeführt werden, wie das schon länger der Plan ist. "Letztes Jahr hat uns die Verletzung einen Strich durch die Rechnung gemacht", sagte Pfeifer. Der Kärntner wird in November voraussichtlich die Nordamerika-Trainings in Copper Mountain mitmachen, dann wird entschieden, ob er in Lake Louise am Start steht.
Strolz soll zunächst den Riesentorlauf als zweite Disziplin dazunehmen. "Ich möchte ihn auch im Riesen dabei haben in Zukunft. Das Problem ist noch die Startnummer", erläuterte Pfeifer. Derzeit muss sich Strolz auf der maßgeblichen Weltcup-Startliste (WCSL) mit einer Nummer um 60 begnügen. "Was Speed betrifft, hat er auch gutes Potenzial, aber man muss halt schon vorsichtig sein: Halbwegs gut Speed fahren in einer Kombi oder dann richtig in Speeddisziplinen vorne mitfahren, sind halt dann auch noch einmal zwei Paar Schuhe."