ÖVP-Causa

Sobotka wehrt sich gegen Schmids Anschuldigungen, Opposition fordert Rücktritt

Schmid hatte in seiner Einvernahme angegeben, Sobotka habe wegen Steuerprüfungen bei seinen Stiftungen erfolgreich interveniert.
© ROLAND SCHLAGER

Der ehemalige ÖBAG-Chef und Kurz-Gefährte Thomas Schmid belastet auch den Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka. Dieser wehrt sich gegen die Vorwürfe und spricht nur von einem „Anschwärzen", um den Kronzeugenstatus zu erlangen. Die Opposition ruft Sobotka zum Rücktritt auf, ÖVP-Fraktionschef Hangar sieht keinen Grund für Konsequenzen. Indes will sich Schmids neuer Anwalt zu den Aussagen seines Mandanten nicht äußern.

Wien – Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wehrt sich gegen belastende Aussagen, die der ehemalige Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid gegen ihn getätigt hat. Schmid hatte in seiner Einvernahme angegeben, Sobotka habe wegen Steuerprüfungen bei der „Alois-Mock-Stiftung oder beim Alois-Mock-Institut" sowie bei der „Erwin-Pröll-Stiftung" erfolgreich interveniert. Sobotka spricht in einer Stellungnahme gegenüber der APA von „Anschwärzen", um den Kronzeugenstatus zu erlangen.

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Kritik an Schmids Fehlen im U-Ausschuss

„Es ist dann im Sinne von Mag. Sobotka erledigt worden", sagte Schmid laut Einvernahmeprotokoll der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Sobotka sieht die Sache anders: „Wenn jemand anscheinend seit Monaten krampfhaft versucht, den Kronzeugenstatus zu erlangen, dann ist ihm jedes Mittel Recht, um mildernde Umstände bei der Strafbemessung zu erreichen. Mit dem Anschwärzen politischer Entscheidungsträger ist maximale mediale Aufmerksamkeit garantiert. Die Vorwürfe gegen mich sind vollkommen haltlos, und ich weise diese strikt zurück."

„Besonders ärgerlich" findet Sobotka, der auch Vorsitzender des ÖVP-Untersuchungsausschusses ist, die Tatsache, dass Schmid auch die parlamentarische Aufklärung desavouiere, denn: „Wer Zeit findet, in Summe 15 Tage lang in Graz der WKStA Rede und Antwort zu stehen, der hätte sich wohl auch im Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht den Fragen der Abgeordneten stellen können und müssen. Dieses Bild ist selbstredend und zeigt deutlich, worum es in Wahrheit geht."

Sobotka war Präsident des Alois-Mock-Instituts, das auch schon mehrmals Thema im Untersuchungsausschuss war. Mittlerweile hat sich der Verein, der wegen Zahlungen des Glücksspielkonzerns Novomatic in die Schlagzeilen geraten war, aufgelöst. Zuletzt war bekannt geworden, dass das Finanzamt Lilienfeld St. Pölten - offensichtlich ohne Auftrag durch das Finanzministerium - eine Einnahmenerhebung zum Mock-Institut durchführte, welche allerdings zuerst nicht an den ÖVP-Untersuchungsausschuss weitergeleitet worden waren.

Hangar sieht keinen Grund für Konsequenzen

Vor Beginn des U-Ausschuss am Mittwoch wies ÖVP-Fraktionschef Andreas Hanger im Namen Sobotkas jegliche Vorwürfe „vehement" zurück. „Es passiert offenbar wieder ein Anpatzen, deswegen gibt es keinen Grund für Konsequenzen", sagt Hangar. Für Hanger sei jedenfalls wichtig, dass Thomas Schmid unter Wahrheitspflicht im November im U-Ausschuss aussagt.

Reaktionen

Der stv. SPÖ-Klubvorsitzende Jörg Leichtfried erwartet sich nach den bekannt gewordenen Aussagen, die den Verdacht auf Anstiftung zum Amtsmissbrauch begründen, entsprechende Konsequenzen von Wolfgang Sobotka: „Als U-Ausschuss-Vorsitzender war Sobotka von Beginn an eine absolute Fehlbesetzung; die jetzigen Vorwürfe sind noch schwerwiegender.“ Und weiter: „Das Amt des Nationalratspräsidenten ist nicht nur protokollarisch das zweithöchste der Republik, sondern der Amtsinhaber hat auch eine hohe moralische Verantwortung. Mit einem Rest an Anstand sollte Wolfgang Sobotka wissen, was zu tun ist“, so Leichtfried, der auch von ÖVP-Obmann Nehammer klare Worte in der Causa fordert.

FPÖ-Chef Herbert Kickl schlägt in dieselbe Kerbe und fordert Alexander van der Bellen und die Klubobleute der anderen Parteien auf, ebenfalls Druck für einen sofortigen Rücktritt Sobotkas zu machen. „Der Bundespräsident muss sich zu dieser Causa zu Wort melden. Denn der Nationalratspräsident ist durch all diese Vorwürfe schon längst selbst zur größten Belastung für die Würde des Hohen Hauses geworden. Seine ÖVP-Parteikollegen haben die Institutionen dieser Republik auf schändliche Art und Weise für ihren Machterhalt und Machtgewinn missbraucht, dasselbe macht Wolfgang Sobotka mit dem Parlament. (...) Zudem wird er bereits seit März von der WKStA als Beschuldigter wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs rund um die Besetzung des Wiener Vize-Landespolizeidirektors geführt. Es ist daher völlig unmöglich, dass er weiterhin im Amt bleibt."

Schmids neuer Anwalt schweigt zu Aussagen

Der Anwalt von Thomas Schmid, Roland Kier, schweigt indes zu den von seinem Mandanten getätigten Aussagen, die sowohl ihn als auch prominente ÖVP-Vertreter und Unternehmer in mehreren Causen schwer belasten. Es sei nicht im Sinne seines Mandanten, mit den Medien zu sprechen, sagte er am Mittwoch zur APA. Den Wunsch Schmids nach einem Kronzeugenstatus bestätigte der Anwalt. Ob ein Antrag dazu gestellt werden kann, liegt im Ermessen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Schmids bisheriger Anwalt Thomas Kralik hatte noch im August Gerüchte dementiert, wonach sein Mandant mit der WKStA kooperiere. Am Dienstag meinte Kralik gegenüber der APA, dass er Schmid nicht mehr vertrete. Offiziell soll der Wechsel erst in den vergangenen Tagen stattgefunden haben. Im auch der APA vorliegenden Protokoll einer Beschuldigtenvernehmung vom 21. Juni dieses Jahres in Graz wird aber bereits Schmids neuer Rechtsvertreter, der Jurist Roland Kier, als anwesende Person genannt.

Doppelgleisigkeit verschwiegen?

Dass Schmid offensichtlich zwei Anwälte beschäftigt hatte, ist nun Grund für Spekulationen. So soll auch Kralik, der ursprünglich die Rechtsvertretung übernommen hatte, nichts von der Doppelgleisigkeit gewusst haben. Dem Vernehmen nach könnte es unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Anwalt und seinem Mandanten bezüglich des angestrebten Kronzeugenstatus gegeben haben. Beide Juristen wollten auf Anfrage der APA den Wechsel nicht kommentieren.

Der ehemalige ÖBAG-Chef und Generalsekretär im Finanzministerium, Schmid, hat im vom Ibiza-Video ausgelösten Casag-Verfahren den Kronzeugenstatus angestrebt. Schmid sei bereits im April mit diesem Wunsch an die Anklagebehörde herangetreten, wie die zuständige WKStA am Dienstag mitteilte. Ein formeller Kronzeugenantrag wurde aber nicht gestellt. Zuerst müssen Schmids Aussagen – bisher fanden 15 ganztägige Vernehmungen statt – bewertet werden. (APA)