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EU setzt auf Gaskartelle, E-Wirtschaft für Markteingriff

Die EU-Kommission hat verschiedene Vorschläge zur Senkung der Gaspreise präsentiert. Ein Gaspreisdeckel lässt weiter auf sich warten.
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Die EU-Kommission will, dass EU-Staaten gemeinsam Gas einkaufen. Österreichs E-Wirtschaft macht Vorschlag für günstigeren Strommarkt.

Brüssel, Wien – Angesichts von Energieknappheit und extremen Preisschwankungen will die EU-Kommission mit Gaskartellen und weiteren Milliarden-Entlastungen für Bürger gegensteuern. Konkret schlägt die EU einen gemeinsamen Gaseinkauf in der EU vor. „Es ist logisch, dass die Mitgliedstaaten und die Energieunternehmen ihre gemeinsame Kaufkraft nutzen sollten, anstatt sich gegenseitig zu überbieten“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die geballte Marktmacht der EU soll für niedrigere Preise sorgen. So sollen die Gasspeicher im kommenden Jahr koordiniert gefüllt werden. Konkret sollen Unternehmen künftig einer zentralen Stelle mitteilen, wie viel Gas sie brauchen. Dann werden Angebote eingeholt, und die Firmen können entscheiden, ob sie sich in einem oder mehreren Konsortien zusammentun, um das Gas gemeinsam zu kaufen. Das System soll im Frühling funktionsfähig sein. Russisches Gas wäre von den Einkäufen ausgenommen.

Ein gemeinsamer Gaseinkauf in der EU war schon im März angedacht, scheiterte aber. Stattdessen füllten die EU-Staaten ihre Gasspeicher auf eigene Faust und überboten sich so teils gegenseitig.

Die EU-Kommission schlug außerdem vor, fast 40 Mrd. Euro aus dem Gemeinschaftshaushalt, die für die regionale Entwicklung eingeplant waren, unter anderem für Entlastungen von Unternehmen und Bürgern umzuwidmen.

Zudem arbeitet die EU-Kommission daran, Flüssiggas (LNG) billiger zu machen. Im Gegensatz zu den Gaslieferungen aus Russland kommen die LNG-Lieferungen relativ stabil in der EU an.

Der Gasverbrauch in der EU ist im August und September im Vergleich zu den vergangenen fünf Jahren nach Angaben der Kommission um 15 Prozent gesunken.

WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf begrüßt zwar die Vorschläge der EU-Kommission, kritisiert aber zugleich, dass diese „leider viel zu spät“ kommen würden. Die WKO fordert von der Bundesregierung, Hemmnisse beim Ausbau der erneuerbaren Energie zu beseitigen und eine Entkoppelung von Strom- und Gasmarkt.

Oesterreichs Energie, der Verband der heimischen Energieversorger, spricht sich indes gegen Letzere aus. Stattdessen plädiert er für einen temporären Markteingriff der EU, bis eine verlässliche Gasversorgung wieder gewährleistet werden kann, aber längstens für ein Jahr, wie Robert Slovacek, der stv. Vorsitzende der Sparte Handel und Vertrieb, vor Journalisten erklärte.

Laut dem Vorschlag von Oesterreichs Energie soll nur dann, wenn teure fossile Energieträger wie Erdgas oder Steinkohle zur Stromproduktion gebraucht werden, für die benötigten Mengen ein vorher definierter Preisdeckel an der Strombörse greifen. Vor allem wenn Verbrauchsspitzen auftreten, wird Gas zur Stromproduktion eingesetzt. Im Frühling und im Sommer, wenn viel Strom aus Wind und Sonne produziert wird, könne man häufig auf fossile Energieträger verzichten. Dann würde der wesentlich günstigere erneuerbare Strom den Großhandelspreis definieren. Die EU-weiten Kosten für die Kompensation der Differenz zwischen Erzeugungskosten und Zielpreis prognostiziert der Verband mit rund 200 Mrd. Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Alleine Deutschland rechnet für seinen Gaspreisdeckel mit Kosten in der gleichen Höhe. Einen generellen Gaspreisdeckel für die Stromproduktion, wie es ihn etwa in Spanien gibt, sieht der Verband kritisch. Dieser berge demnach die Gefahr, dass die Stromproduktion mit Gas trotz Gasknappheit steige. (APA, ecke)

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