Großbritannien

Von Charles beauftragt: Rishi Sunak ist neuer britischer Premierminister

Rishi Sunak ist der neue britische Premierminister.
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Rishi Sunak erhielt von König Charles III. den Auftrag zur Regierungsbildung. Kurz vorher wurde Liz Truss von Charles entlassen. Sie hatte nach nur zwei Monaten im Amt den Rückhalt ihrer Partei verloren.

London – Rishi Sunak ist neuer Premierminister des Vereinigten Königreichs. Der 42-Jährige Ex-Finanzminister wurde am Dienstag formell von König Charles III. im Londoner Buckingham-Palast mit der Regierungsbildung beauftragt. Er versprach, das Vertrauen in die Politik wiederherzustellen. Mit Spannung wird nun erwartet, wen Sunak in sein Kabinett beruft.

Die Kabinetts-Umbildung sollte nach Informationen der britischen Nachrichtenagentur PA noch am Dienstagnachmittag beginnen. Bisher bekannt ist, dass Sunak den früheren Vizeregierungschef Dominic Raab zurück in die Regierung holt. Raab übernehme wieder seinen alten Posten als stellvertretender Premier und Justizminister, teilte Downing Street am Dienstag mit. Der 48-Jährige hatte diese Position bereits unter dem ehemaligen Premier Boris Johnson inne und gilt als einer der wichtigsten Verbündeten Sunaks. Als Kandidaten für Kabinettsposten gelten zudem die Sunak-Unterstützer Mel Stride oder Victoria Atkins.

Erwartet wird zudem, dass Sunak – anders als Truss – in einem Versuch, die Konservative Partei zu versöhnen, auch auf parteiinterne Kritiker setzen wird. Einen wichtigen Posten könnte Penny Mordaunt bekommen, die sich ebenfalls um das Premierminister-Amt beworben, aber nicht ausreichend Unterstützung in der Fraktion erhalten hatte. Der Energieminister und Boris-Johnson-Loyalist Jacob Rees-Mogg kündigte bereits vor Beginn der Umbildung seinen Rücktritt an. Dem Brexit-Hardliner soll nach unbestätigten Medienberichten der bisherige Innenminister Grant Shapps im Wirtschaftsressort folgen.

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Die frühere Staatssekretärin Atkins zeigte sich am Dienstag überzeugt, dass die Tories ihre Streitigkeiten beenden könnten. An der Parteibasis aber gibt es Kritik, weil Sunak ohne Abstimmung der Mitglieder ins Amt kommt. Die Opposition fordert Neuwahlen, was der Premier aber bereits abgelehnt hat. In Umfragen liegen die Tories abgeschlagen hinter der größten Oppositionspartei Labour und dürften im Fall einer vorgezogenen Parlamentswahl etliche Mandate verlieren.

Laut Johnson "historischer Tag"

Der britische Ex-Premier Boris Johnson gratulierte als einer der ersten dem neuen Regierungschef. Er bezeichnete den Amtsantritt Sunaks als "historischen Tag". Johnson hatte zunächst selbst mit einer erneuten Kandidatur geliebäugelt, sich aber dann am Wochenende doch zurückgezogen. Sunaks Vorgängerin Liz Truss wünschte ihrem Nachfolger in ihrer Abschiedsrede "allen erdenklichen Erfolg". "Wir befinden uns weiter in einem Sturm, aber ich glaube an Großbritannien, ich glaube an das britischen Volk und ich weiß, dass freundlichere Tage vor uns liegen", so Truss.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen gratulierte Sunak auf Twitter zu seiner Ernennung, mahnte aber zugleich auch zu Zusammenarbeit "in diesen schwierigen Zeiten". Auch vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron kamen Glückwünsche. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, er wolle die Beziehungen zwischen der Ukraine und dem Vereinigten Königreich "weiter stärken". Aus Moskau hieß es, man habe "keine Hoffnung" auf eine Verbesserung der diplomatischen Beziehungen zu London. Russland bleibe jedoch "offen und bereit, über schwierige Fragen am Verhandlungstisch zu sprechen", so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

Premierminister Rishi Sunak bei seiner ersten Ansprache.
© APA/AFP/JUSTIN TALLIS

In seiner ersten Ansprache kritisierte der frisch ernannte Regierungschef seine Vorgängerin Liz Truss: Sie habe "edle" Ziele gehabt, habe aber auch einige "Fehler gemacht". Er wolle das tief gespaltene Großbritannien wieder zusammenführen. "Ich werde unser Land vereinen, nicht mit Worten, aber mit Taten". Dafür werde er rund um die Uhr arbeiten, sagte Sunak. Er verwies darauf, dass er in der Corona-Pandemie als Finanzminister mit dem "Furloguh"-Programm, einer Art Kurzarbeitsmodell, zahlreiche Jobs und Unternehmen gesichert habe. "Ich werde den Herausforderungen, denen wir heute gegenüberstehen, dieselbe Leidenschaft entgegenbringen."

Er wolle für wirtschaftliche Stabilität sorgen und auch dies ins Zentrum seiner Agenda rücken. Die Fehler seiner Vorgänger wolle er korrigieren. "Das wird schwierige Entscheidungen mit sich bringen." Seine Regierung werde Integrität, Professionalität und Verantwortung zeigen. "Vertrauen muss verdient werden, und ich werde mir Ihr Vertrauen verdienen." Er sei bereit, das Land in die Zukunft zu führen und die Sorgen der Menschen über die Politik zu stellen. "Gemeinsam können wir unglaubliche Dinge erreichen", sagte Sunak in seiner fast sechs Minuten dauernden Rede.

Liz Truss verlässt 10 Downing Street.
© APA/AFP/JUSTIN TALLIS

Dienstagvormittag reichte Liz Truss bei Charles ihren Rücktritt ein. Truss hatte mit radikalen Steuerreform-Plänen heftige Turbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst. Auch aus der eigenen Partei wurde sie deshalb scharf kritisiert und verlor ihre Autorität. Der ehemalige Banker Sunak hatte sich dann am Montag im Rennen um den Vorsitz der konservativen Tory-Partei durchgesetzt. Er ist der dritte Premierminister in weniger als zwei Monaten. Die Konservative Partei hofft, dass Sunak nach der skandalumwitterten Zeit von Boris Johnson und der kurzen chaotischen Amtszeit von Liz Truss die Kurve kriegt und wieder in ruhiges Fahrwasser fährt.

Doch auf den jüngsten Premierminister seit mehr als 200 Jahren warten gewaltige Aufgaben. "Sunak erbt eine alptraumhafte Suppe politischer und wirtschaftlicher Düsternis: eine gespaltene Partei, seit zwölf Jahren an der Regierung, offenbar süchtig nach internen Streitereien, düstere öffentliche Finanzen, steigende Preise und einen Krieg in Europa", kommentierte die BBC.

Kurzfristig dürften zwar die meisten Tory-Abgeordneten froh sein, dass es nun mit Sunak einen Parteichef gebe, "der nicht temperamentvoll spalterisch wirkt". Allerdings gebe es Parlamentarier, die Sunak nie vergeben, weil sie ihm vorwerfen, mit seinem Rücktritt Anfang Juli für das Aus des bei der Parteibasis beliebten Boris Johnson verantwortlich zu sein. (APA/AFP/dpa/Reuters)

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