„Eismayer“ und „Mutzenbacher“ auf der Viennale: Geschichten hinter den Skandalen
Die österreichischen Filme „Eismayer“ und „Mutzenbacher“ starten nach ihren Viennale-Premieren dieser Tage in den Kinos.
Von Marian Wilhelm
Wien – Bei der Viennale feierten in der ersten Woche mehrere heimische Produktionen ihre Österreich-Premiere. Nach dem Eröffnungsfilm „Vera“ und Ulrich Seidls umstrittenem „Sparta“ präsentiert David Wagner seinen Debütfilm „Eismayer“. Bereits in dieser Woche startet „Eismayer“ regulär in die Kinos. Außerdem stellte Ruth Beckermann „Mutzenbacher“ beim Wiener Festival vor. Der essayistischen Dokumentarfilm startet nächste Woche österreichweit.
„Eismayer“ erhielt schon bei der Weltpremiere in Venedig viel Zuspruch. Erzählt wird eine Bundeswehr-Geschichte. Wagner hat sie mit echten Soldaten verfilmt. Auch vor dem Wiener Gartenbaukino, wo der Film am Wochenende Premiere hatte, stellte der echte Charles Eismayer in Galauniform die Leinwand-Darsteller in den Schatten.
Vizeleutnant Eismayer ist bekannt als ärgster Ausbilder beim Heer. Doch er führt ein Doppelleben und ist heimlich schwul. Als der offen schwule Rekrut Mario Falak zu seiner Garde kommt, ist der Macho-Offizier mit der stahlharten Fassade herausgefordert.
Eismayer. Ab 12 Jahren. Ab Freitag in den Kinos.
Mutzenbacher. Ab 16 Jahren. Ab 4. November in den Kinos.
David Wagner wagt sich für sein Debüt an diese reale Geschichte lebender Personen – keine ungefährliche Angelegenheit, bei vorhandenen Boulevard-Homestorys und zweifelhafter Attraktivität des Heeres als Filmsetting. Doch hier fungiert diese unschön tarngrün-zackige Soldaten-Welt der 1990er-Jahre geschickt als Kontrast zum emotionalen inneren Krieg des Protagonisten, der sich nicht mit Härte gewinnen lässt. Die sensiblen und zarten Momente des Films wirken dazwischen umso besser. Die Sprache mit ihrem Mut zum Dialekt fühlt sich lebendig an und die Darsteller, allen voran Gerhard Liebmann und Luka Dimić, überzeugen durchwegs. „Eismeyer“ hat das Zeug zu einem populären Spielfilm. Und das trotz immer noch überbetonter, typisch österreichischer Problemorientierung, die Spannung, Coolness und die Illusion zuweilen etwas aushebeln. Wagner schreibt seinen starken Figuren einige starke Szenen und findet sogar einen dramatisch inszenierten filmischen Höhepunkt in einer an sich vorbestimmten Story.
Ruth Beckermanns Doku-Essay „Mutzenbacher“ baut aus einer offenen Versuchsanordnung einen Langfilm zusammen: Männer lesen für ein vermeintliches Casting vulgäre Textauschnitte des Skandals-Romans Josefine Mutzenbacher. Beckermann fordert die Männer unterschiedlichen Alters dann zu Kommentaren und eigenen Assoziationen auf. Das ergibt witzige Momente und einige spannende Gedanken zum (männlichen) Sexualitätsverständnis. Mehr aber auch nicht.
Außerdem bei der Viennale präsentiert wurde Nikolaus Geyrhalters Dokumentarfilm „Matter out of Place“ und „Family Dinner“, der Debütfilm des Tirolers Peter Hengl. Beide kommen 2023 in die Kinos.