Krieg und Krisen überschatten Gipfel

Die COP27: Das sind die Ziele und Schwerpunkte der Weltklimakonferenz

Dieses NASA-Foto zeigt eine Ansicht des Nil-Deltas. Klimawandel, Verschmutzung und Ausbeutung durch den Menschen setzen den zweitlängsten Fluss der Welt, von dem Millionen Afrikaner abhängig sind, unter extremen Druck.
© CHRIS HADFIELD

Die COP27, die 27. Ausgabe der Klimakonferenz findet heuer regulär bis 18. November im ägyptischen Sharm el-Sheikh statt und läuft unter dem Motto: "Gemeinsam für eine gerechte, ambitionierte Umsetzung jetzt". Oft können sich die Entscheidungsträger aber nicht rechtzeitig auf Beschlüsse einigen und die Konferenz kann um Stunden oder wenige Tage verlängert werden. In diesem Jahr wird vor allem die Klimagerechtigkeit zwischen dem Globalen Norden und Süden Thema sein.

Sharm el-Sheikh ‒ Der 27. UN-Klimagipfel startet in der ägyptischen Tourismus-Hochburg Sharm el-Sheikh und die Weltgemeinschaft macht sich erneut auf die Suche nach einem Weg zum fast schon illusorischen 1,5-Grad-Ziel und zur Klimagerechtigkeit.

Vier Schwerpunkte hat das Gastgeberland auf die Agenda gesetzt und Staatschef Abdel Fattah al-Sisi betonte im Vorfeld, wie wichtig gemeinsames Handeln wäre. Die Erwartungen sind im Krisenjahr 2022 aber eher gedämpft.

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Vier Schwerpunkte gab es auch schon bei der Vorgänger-COP im schottischen Glasgow. Gastgeber Großbritannien konnte zumindest den Erfolg verbuchen, dass unter der britischen Führung endlich das Regelwerk des 2015 zustande gekommenen Pariser Klimavertrags fertiggestellt werden konnte. Weitere Resultate waren ein paar Verpflichtungserklärungen wie etwa der "Global Methane Pledge", dem Pakt zur Reduzierung von Methan in der Atmosphäre - trotzdem verabschiedete sich COP-Präsident Alok Sharma nach der Verlängerung bis Sonntag mit einem "I am sorry".

Somit steht der designierte Präsident der UN-Klimakonferenz COP27, Ägyptens Außenminister Sameh Shoukry, erneut vor der Aufgabe mit den rund 190 Vertragsparteien einen Anlauf in Richtung der wichtigen Hürden "Klimafinanzierung" (Finance) und "Klimaanpassung" (Adaption) zu nehmen. Die verbleibenden zwei Schwerpunkte lauten "Klimaschutz" (Mitigation) gefolgt vom abschließenden Ziel "Zusammenarbeit" (Collaboration) - ohne sie ist ein Zustandekommen der drei vorigen Ziele nicht möglich.

Im Folgenden ein Überblick über die Ziele der 27. UN-Klimakonferenz:

"Wir streben eine Beschleunigung der globalen Klimaschutzmaßnahmen durch Emissionsreduzierung, verstärkte Anpassungsbemühungen und verstärkte Bereitstellung geeigneter Finanzmittel an. Wir erkennen an, dass der "gerechte Übergang" für die Entwicklungsländer weltweit eine Priorität bleibt", heißt es auf der offiziellen Webseite zu den heurigen Zielen.

➡️ Mitigation/Klimaschutz:

Hier geht es um die Umsetzung des "Pakts" von Glasgow an die Vertragsparteien, die Ambitionen in den NDCs (Nationale Klimaschutzziele) zu überprüfen bzw. ehrgeizigere Ziele als bisher zu formulieren. Hintergrund: die bisherigen Zusagen der Staatengemeinschaften reichen nicht aus um das 2-Grad-Ziel bzw. das ehrgeizigere 1,5- Grad-Ziel zu erreichen, mit Mitigation ist also im Grunde die Reduzierung der Treibhausgase gemeint.

➡️ Adaption/Anpassung:

Einer der strittigen Punkte der COP26 waren die Verhandlungen um Finanzhilfen für ärmere Länder für Klimaschutzmaßnahmen und die Anpassung an den Klimawandel um damit die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu reduzieren. Die vom Klimawandel betroffene Länder sollen befähigt und ermutigt werden, ihre Ökosysteme zu schützen oder wiederherzustellen.

➡️ Finance/Finanzierung:

Dieser Punkt steht wohl im Zentrum, auf der COP26 im Vorjahr wurde die Rolle der reichen Industrieländer erneut heftig debattiert. Sie sind für rund 80 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich und erfüllen zudem immer noch nicht ihr Versprechen: die Klimahilfe für Entwicklungsländer sollte sich seit 2020 auf 100 Milliarden Dollar (86,21 Mrd. Euro) pro Jahr belaufen. Laut Greenpeace sind es nur 83 Milliarden, die geleistet wurden. Auch internationale Finanzinstitutionen sollen ihren Beitrag leisten. Kritik gibt es auch an dem Umstand, dass es sich bei den Geldern überwiegend um Kredite handelt.

➡️ Collaboration/Zusammenarbeit:

"Wir arbeiten unermüdlich daran, eine angemessene Vertretung und Beteiligung aller relevanten Interessengruppen auf der COP27 zu gewährleisten, insbesondere von gefährdeten Gemeinschaften und Vertretern aus Ländern der afrikanischen Region, die zunehmend von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind", steht zu diesem Punkt auf der Online-Präsenz des Gastgebers. Dieser wurde wenige Tage vor dem Beginn des Klimagipfels von der UN dazu aufgerufen, eine angemessene Teilnahme der Zivilgesellschaft zu gewährleisten. Zudem kam es in Ägypten vor der COP zu zahlreichen Festnahmen politischer Aktivisten und Aktivistinnen.

Der Themenkreis Loss And Damage/Schäden und Verluste hat es zwar nicht namentlich auf die To-Do-Liste der COP geschafft, wird aber ebenso wie die Klimagerechtigkeit selbst Inhalt des Diskurses zwischen Industriestaaten mit Entwicklungs- und Schwellenländern sein: Auch hier dreht sich alles ums Geld, denn der Globale Norden wird aufgefordert, größere Unterstützung zu leisten, um damit Schäden zu bekämpfen, die der Klimawandel bereits gegenwärtig anrichtet. Gerade kleine Inselstaaten haben bei den vergangenen COPs hier auf stärkere Finanzabkommen gedrängt.

Die Klimaschutz-Versprechungen von Glasgow auf dem Prüfstand

Der UN-Klimagipfel COP26 in Schottland läutete vor einem Jahr - zumindest auf dem Papier -den weltweiten Abschied von der Kohle ein. Erstmals gab es dafür einen Konsens unter den rund 200 Staaten - festgehalten im "Klimapakt von Glasgow". Stolz verkündet wurden auch andere Vereinbarungen, etwa zum Stopp der Entwaldung oder zur Verringerung des Treibhausgases Methan. Doch was ist daraus geworden, kurz vor dem Start der nächsten UN-Klimakonferenz am 6. November in Ägypten?

➡️ Verschärfte Klimaziele?

"Die Dynamik beim Klimaschutz seit COP26 hat sich insgesamt verlangsamt", hält E3G-Experte Tom Evans fest. Obwohl sich alle Länder verbindlich darauf geeinigt haben, ihre nationalen Klimaziele für 2030 innerhalb eines Jahres zu verschärfen, haben dies bisher nur 26 getan und einige auch nur minimal. Das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels bleibt so völlig außer Reichweite. "Das Tempo der Umsetzung dieser Pläne bleibt unzureichend", sagt Evans.

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Vor UNO-Klimagipfel

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➡️ Weniger Kohleverbrennung und Stopp fossiler Subventionen?

Die Staaten versprachen nach zähem Ringen in Glasgow erstmals, die klimaschädliche Kohleverbrennung schrittweise herunterzufahren. Auch "ineffiziente" Subventionen für Öl, Gas und Kohle sollen wegfallen. In einer "Koalition der Willigen" sagten zudem mehr als 40 Staaten zu, sich komplett von der Kohle zu verabschieden: die Industriestaaten in den 2030er, andere spätestens in den 2040er Jahren. Außerdem versicherte eine Reihe von Staaten, gar nicht mehr in Kohle, Öl und Gas zu investieren - darunter verspätet auch Deutschland.

Wenige Monate später marschierte Russland in die Ukraine ein und das russische Gas wurde weniger, schon steckte Deutschland Milliardensummen in neue Flüssiggasterminals an der Küste. Auch Kohlekraftwerke wurden wieder hochgefahren, um die Stromversorgung in diesem Winter zu garantieren. Auch in Österreich wurde beschlossen das stillgelegte Fernheizkraftwerk Mellach in der Steiermark umzurüsten, damit dort im Notfall wieder aus Kohle Strom und Wärme erzeugt werden kann. Ähnlich läuft es in vielen Teilen Europas. Dennoch versichern alle, das EU-Klimaschutzziel schaffen zu wollen, also bis 2030 mindestens 55 Prozent der Treibhausgase im Vergleich zu 1990 einzusparen.

Auch bei den Subventionen für Kohle, Öl und Gas zeigt der Trend in die falsche Richtung. Wie die Industriestaatenorganisation OECD und die Energieagentur IEA Ende August meldeten, verdoppelte sich 2021 in insgesamt 51 Ländern die Gesamtförderung für die Gewinnung und den Verbrauch fossiler Energieträger auf 697,2 Milliarden US-Dollar - 2020 seien es noch 362,4 Milliarden Dollar gewesen.

➡️ Stopp der Entwaldung?

Holzt die Welt weiter ihre grünen Lungen ab, sind die Klimaziele unerreichbar - da sind sich Experten einig. In Glasgow verpflichteten sich daher mehr als 140 Länder, die Entwaldung bis 2030 zu stoppen und massiv aufzuforsten. Die kürzlich veröffentlichte Auswertung Forest Declaration Assessment, die auch mit staatlichen Mitteln des Bundes mitgefördert wird, kommt zu dem Schluss, dass das Tempo deutlich zunehmen muss, wenn dieses Ziel erreicht werden soll.

So reduzierte sich im Jahr 2021 die Entwaldung nur um 6,3 Prozent im Vergleich zum Vergleichszeitraum 2018 bis 2020 - in den Tropenwäldern sogar nur um rund drei Prozent. Nötig für das Erreichen des Ziels wären jährlich 10 Prozent. Mit der Aufforstung geht es immerhin voran: So wurde in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine Fläche so groß wie Peru aufgeforstet, viele Länder kommen auf eine positive Nettobilanz. Dennoch überstieg die Entwaldung die Aufforstung deutlich, und es gingen weltweit 100 Millionen Hektar Wald verloren.

➡️ Weniger Methanausstoß?

Alle Welt redet über CO2 - doch das zweitschädlichste Klimagas Methan richtet in der Atmosphäre ebenfalls enormen Schaden an und muss reduziert werden. Unter Federführung der USA und der EU setzten sich mehr als 100 Länder in Glasgow das Ziel, den Methanausstoß bis 2030 um mindestens 30 Prozent im Vergleich zu 2020 zu senken. Österreich trat der Koalition im September bei. Sogar China und die USA wollten strategisch zusammenarbeiten, auch wenn China - wie auch Indien und Russland - sich dem Pakt formell nicht angeschlossen hat. Der Hoffnungsschimmer trübte sich schnell, als sich die geopolitische Situation im Laufe dieses Jahres verschärfte und China und die USA jegliche Kooperation über Bord warfen.

Außerdem machte die Weltwetterorganisation (WMO) eine alarmierende Entdeckung: Demnach ist die Konzentration des mächtigen Treibhausgases Methan in der Atmosphäre seit Beginn der systematischen Messungen vor fast 40 Jahren nie so stark gestiegen wie 2021. "Der Grund für diesen außergewöhnlichen Anstieg ist nicht klar, scheint aber sowohl auf biologische als auch auf vom Menschen verursachte Prozesse zurückzuführen zu sein", hieß es. Die Konzentration von Methan in der Atmosphäre habe damit 2021 einen Höchststand erreicht, ebenso wie die von Kohlendioxid und Lachgas - jeweils seit Beginn der Messungen dieser Treibhausgase.

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