Für Biden, für Trump und darüber hinaus: Warum die Midterms so wichtig sind
Bei den „Midterms“ steht dieses Jahr viel auf dem Spiel. Doch warum sind die US-Zwischenwahlen am Dienstag eigentlich so wichtig – für Biden, für Trump, für die USA und darüber hinaus? Ein Überblick.
Washington – Es sind folgenreiche Zwischenwahlen, die am Dienstag in den USA über die Bühne gehen: Bei den „Midterms“ in der Mitte der vierjährigen Amtszeit von Präsident Joe Biden wird über die Mehrheitsverhältnisse im Kongress, dem US-Parlament, abgestimmt. Zur Wahl stehen alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus und 35 der 100 Sitze im Senat. Entschieden wird auch über zahlreiche Gouverneursposten und andere wichtige Ämter. Die Ergebnisse haben weitreichende Auswirkungen sowohl für den Präsidenten, als auch für seinen Vorgänger Donald Trump, die Vereinigten Staaten und darüber hinaus.
Bidens Demokraten droht der Verlust ihrer Mehrheit im Kongress, was den politischen Spielraum des Präsidenten empfindlich einschränken würde. Die Republikaner haben laut Umfragen gute Chancen, die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu übernehmen. Im derzeit knapp von den Demokraten kontrollierten Senat werden Kopf-an-Kopf-Rennen um mehrere Sitze erwartet, die am Ende über die Senatsmehrheit entscheiden werden. Mit ersten aussagekräftigen Ergebnissen wird am frühen Mittwochmorgen mitteleuropäischer Zeit gerechnet.
Es ist die erste nationale Abstimmung in den USA seit der Präsidentschaftswahl von 2020 – auf die Chaos folgte. Der damalige Amtsinhaber Donald Trump weigerte sich, seine Niederlage einzuräumen. Der fortdauernde Einfluss des Republikaners schlägt sich bei der Wahl auf verschiedenen Ebenen nieder. Am Vorabend des Wahltags deutete Trump an, dass er kommende Woche eine neue Kandidatur für das Präsidentenamt im Wahljahr 2024 bekanntgeben könnte.
Warum sind die Wahlen am Dienstag so wichtig – für Biden, für Trump, für die USA und darüber hinaus?
Für Biden
Der Wahlausgang entscheidet darüber, wie unbequem die kommenden zwei Jahre für den Präsidenten werden, was Biden in der zweiten Hälfte seiner Amtszeit politisch noch zustande bringen kann – und ob ihn das in eine Position versetzt, aus der er sich aussichtsreich für eine weitere Amtszeit bewerben kann. Erobern die Republikaner eine oder beide Kongresskammern, wird Biden ab Jänner keine größeren Gesetzesinitiativen mehr durchsetzen können. Außerdem drohen ihm und seiner Regierung in dem Fall diverse parlamentarische Untersuchungen bis hin zu möglichen Amtsenthebungsverfahren. Sollte auch der Senat an die Republikaner fallen, bekäme Biden keine Personalien auf Bundesebene mehr durch, die in der Kammer bestätigt werden müssen. Das gilt auch für die bedeutende Besetzung von Bundesrichter-Posten.
Für Trump
Der Republikaner hat bei den „Midterms“ auf vielen Ebenen die Hände im Spiel: Trump hat diverse Parteikollegen offensiv im Wahlkampf unterstützt. Darunter sind Republikaner, die seine unbelegten Behauptungen von der „gestohlenen“ Wahl 2020 teilen und sich nach Trumps Vorbild weigerten, vorab zuzusichern, ein Wahlergebnis auch im Fall einer Niederlage anzuerkennen. Biden warnte vor „Chaos“ und sprach von einer Gefahr für die Demokratie. Trump-Getreue bewerben sich teils für Ämter, die im US-Wahlapparat besonders wichtig sind: Gouverneure oder – zuvor kaum beachtete – „Secretaries of State“, die in die Zertifizierung von Wahlergebnissen eingebunden sind. Sollten sich viele „seiner“ Kandidaten durchsetzen, könnte Trump diesen Schwung für eine neue Präsidentschaftsbewerbung nutzen.
Für die Vereinigten Staaten
Die USA sind seit der turbulenten Präsidentschaftswahl 2020 und der gewaltsamen Attacke von Trump-Anhängern auf das Kapitol nie wirklich zur Ruhe gekommen. Bidens Hoffnung, das Land nach seinem Amtsantritt wieder zu einen, zerschlug sich. Die politische Stimmung ist extrem angespannt. Kurz vor der Wahl verstärkte ein brutaler Angriff auf den Ehemann der Spitzen-Demokratin Nancy Pelosi die Angst vor politisch motivierter Gewalt. Demokraten und Republikaner stehen sich so unversöhnlich und teils feindlich gegenüber wie selten, haben auf verschiedenen Politikfeldern fundamental unterschiedliche Pläne für das Land – zum Beispiel was Migration, soziale Sicherungssysteme und das Thema Abtreibung angeht. Übernehmen die Republikaner die Kontrolle im Kongress, dürften die kommenden zwei Jahre von Blockade, Reformunfähigkeit und parteipolitischen Kämpfen geprägt sein.
International
Obwohl es sich nicht um eine Präsidentenwahl handelt, könnten die „Midterms“ auch über die Grenzen der USA hinaus Folgen haben. Die Republikaner im Repräsentantenhaus haben etwa damit gedroht, die großangelegten US-Hilfen für die Ukraine auszubremsen oder gar zu blockieren, falls sie die Kongresskammer erobern. Das hätte das Potenzial, den Kriegsverlauf zugunsten Russlands zu beeinflussen. Beobachter vermuten hinter der Drohung allerdings eher den Versuch, Druck aufzubauen, um den Demokraten an anderer Stelle ein Entgegenkommen abzutrotzen. Insgesamt ist auch von Bedeutung, wie die US-Wahlen und deren Auszählung ablaufen. Sollte es ähnliche Turbulenzen geben wie bei der Präsidentschaftswahl 2020, würde dies das Bild der amerikanischen Demokratie im Ausland weiter ankratzen.
(dpa, TT.com)
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