Ein neues Gesetz soll den Staat für künftige Krisen rüsten
Lagezentrum, Berater und Ausschüsse: Das „Krisensicherheitsgesetz“ soll die Koordination verbessern. Die Opposition ist noch skeptisch.
Wien – „Krisen werden häufiger, vielfältiger und herausfordernder und sie brauchen klare Antworten“, sagt Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Eine Antwort der türkis-grünen Koalition ist ein neues „Krisensicherheitsgesetz“, dessen Entwurf Karner gestern gemeinsam mit seinen Regierungskollegen Klaudia Tanner (ÖVP) und Johannes Rauch (Grüne) präsentierte. Im Zentrum steht die bessere Koordination staatlicher Einrichtungen. Neu ist der Posten eines Regierungsberaters für Krisen, angesiedelt im Bundeskanzleramt und voraussichtlich im Rang eines Sektionschefs.
Ebenfalls neu ist eine gesetzlich verankerte Koordination der Nachrichtendienste von Bundesheer und Innenministerium. Neu ist schließlich ein „Bundeslagezentrum“. Bau und Einrichtung dieses Zentrums sind mit 50 Millionen Euro der größte Kostenfaktor. Dem Bundesheer wird die Vorsorge für Krisen erleichtert. Es soll bei Bedarf auch zivile Hilfsorganisationen unterstützen.
Erste Pläne für das Lagezentrum hat die Regierung bereits vor einem Jahr präsentiert. Der Gesetzesentwurf folgt aber erst jetzt. „Gut Ding braucht Weile“, versuchte Karner eine Rechtfertigung. Vor allem der russische Angriff auf die Ukraine habe neue Punkte aufgezeigt, die berücksichtigt wurden – etwa die Rückbesinnung auf die „umfassende Landesverteidigung“, sagt Tanner.
Die Koordination der Ministerien und Behörden soll schon in normalen Zeiten beginnen. Das Gesetz sieht dafür eine Reihe von Ausschüssen vor, die laufend die Entwicklungen in ihrem Bereich beobachten sollen. Konkret ist die Rede von einem Gesundheits-, einem Energie-, einem Klima- und Umwelt- sowie einem Wirtschafts- und einem verteidigungspolitischen Ausschuss.
Ebenfalls bereits in normalen Zeiten in Betrieb ist das Lagezentrum. Dieses soll mitten im Wiener Regierungsviertel entstehen, unterhalb des Innenministeriums am Minoritenplatz. Die Planungen sehen einen Hochsicherheitsbereich vor, mit ausgefeilter Technik, Sperrbereichen und abhörsicheren Räumen.
Im Fall einer Krise kommt ein „Koordinationsgremium“ dazu, das auf dem bisherigen Staatlichen Krisenmanagement aufbaut. Darin vertreten sind Regierungsmitglieder, die in der jeweiligen Krise benötigt werden. Aufgabe ist es, die Maßnahmen der Regierung und der Behörden aufeinander abzustimmen.
Ob überhaupt eine Krise vorliegt, soll die Regierung per Verordnung in Absprache mit dem Hauptausschuss des Nationalrats feststellen. Das Gesetz versucht eine Umschreibung und spricht von einer „Gefahr außergewöhnlichen Ausmaßes für das Leben und die Gesundheit der Allgemeinheit, die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Inneren, die nationale Sicherheit, die Umwelt oder das wirtschaftliche Wohl“.
Auch für das Ende einer Krise ist vorgesorgt. Sie endet spätestens nach sechs Wochen – oder per Verordnungen, wenn die akute Gefahr schon früher gebannt ist.
ÖVP und Grüne wollen das Gesetz für sechs Wochen in Begutachtung schicken und dann dem Nationalrat vorlegen. In Kraft treten soll es Mitte 2023.
Voraussetzung dafür ist, dass zumindest SPÖ oder FPÖ zustimmen. Anders kommt die Koalition nicht zur nötigen Verfassungsmehrheit, um die Kompetenzen des Bundesheeres für Assistenzeinsätze im Krisenfall zu erweitern.
Die Opposition reagierte gestern aber zurückhaltend. Die FPÖ warnt vor einer „Aushöhlung“ der Grundrechte wie etwa im Zuge der Corona-Pandemie. Und die SPÖ kritisiert, dass die Regierungsparteien zuletzt vor einem Jahr mit den anderen Fraktionen über die Krisenvorsorge gesprochen haben. Anpassungen, Änderungen und Ergänzungen sind daher möglich. (sabl)