Der gläserne Konsument: Ex-Deezer-CEO Albrecht über Individualisierung
Innsbruck – Früher war der Kunde König – heute ist er gläsern. Und das bisweilen recht freiwillig, sagt Hans-Holger Albrecht, der jahrelang CEO beim Musik-Streaming-Dienst Deezer war. Weiß der Konsument, wofür er seine Daten hergibt, teilt er diese gerne, erklärt der Unternehmer und Investor. Allerdings muss natürlich auch etwas dabei rausspringen – im Falle des Musikstreamings seien das etwa komplett individualisierte Playlists.
Algorithmen wählen dafür aus den über 90 Millionen auf der Plattform verfügbaren Titeln aus und bringen diese unter anderem in Verbindung mit Umgebung, Wetter und Gemütszustand des Kunden. Letzteren kann wohl künftig eine künstliche Intelligenz beim Blick in die Handykamera auswerten – ein israelisches Unternehmen arbeite daran. „Jeder Mensch hat seine ganz eigene Musik-DNA“, sagt Albrecht. Deezer versuche, genau diese zu bedienen. Und das scheint zu funktionieren: Der Umsatz in der Musikbranche ist durch die Streamingkonzepte von 20 bis 30 auf 60 Milliarden Dollar angewachsen.
Eine Welle, die sich auch in anderen Bereichen reiten lässt. Albrecht ist aktuell Aufsichtsratsvorsitzender bei Scout24 und Investor beim schwedischen Unternehmen Storytel. Dort soll mit Hörbüchern dieselbe Erfolgsgeschichte geschrieben werden, wenngleich hierbei die Individualisierung etwas komplizierter sei als bei der Musik. Bei Scout24 auf der anderen Seite wird an Abo-Modellen gearbeitet, die individuelle Hilfe bei der Suche nach der neuen Wohnung bieten – inklusive aller offenen Fragen zu Krediten und Co.
Zudem können Wohnungen künftig digital besichtigt werden. „Ideen gibt es genug“, sagt Albrecht. Und: „Ich kenne keine Branche, die durch die Digitalisierung gelitten hat.“ Doch gerade wenn es um Daten gehe, werde die Debatte „emotional getrieben“. Dabei täten etwas mehr Gelassenheit und Eigenverantwortung gut, findet der Bruder von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. (as)
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