Innenpolitik

Jungforscher in Österreich oft prekär beschäftigt

Die Arbeitsbedingungen für Jungforscher sind weiterhin oft schwierig.
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Jungforscherinnen und -forscher sind an Österreichs Hochschulen immer noch oft prekär beschäftigt, zeigt eine Sonderauswertung der Academic Profession in a Knowledge Society (APIKS)-Daten durch die Universität für Weiterbildung Krems im Auftrag der Arbeiterkammer (AK) Wien. Herausforderungen sind befristete Anstellungsverhältnisse, Erwartungsdruck und fehlende langfristige Karriereperspektiven - und das nicht nur zu Beginn der Karriere. Die AK Wien fordert nun Maßnahmen.

An den Unis, wo der Großteil des wissenschaftlichen Hochschulpersonals zu finden ist, hat laut der Studie (insgesamt 5.270 online Befragte) nur ein Drittel der Befragten eine unbefristete Stelle. An den Fachhochschulen sind es 44 Prozent, an den Privatunis 60 und an den Pädagogischen Hochschulen (PH) 70 Prozent. Nach Fächergruppen gibt es die wenigsten unbefristeten Stellen in den Ingenieurswissenschaften/Technologie und den Naturwissenschaften (ein Drittel), den höchsten Anteil gibt es in Medizin/Gesundheitswissenschaften (63 Prozent). Unter Nachwuchswissenschaftern (Junior Academics) ist der Anteil an Befristungen mit 70 Prozent insgesamt deutlich höher als unter Senior Academics (12 Prozent).

Befristet angestellte Personen sind dabei der Studie zufolge mit den Vertragsbedingungen und der allgemeinen Situation als Wissenschafter deutlich unzufriedener als Forscher mit unbefristetem Vertrag. Insgesamt sind mit der konkreten Arbeitssituation an der Hochschule sowohl unter den (überwiegend mit Werkvertrag beschäftigten) Lecturern als auch (meist befristeten) Junior Academics und (meist unbefristeten) Senior Academics etwas mehr als die Hälfte zufrieden. Während die interessante Arbeit und selbstständige Forschungsgestaltung besonders positiv bewertet werden, werden Arbeitsplatzsicherheit und Karrieremöglichkeiten schlecht eingestuft. Im Vergleich zu den Ergebnissen der APIKS-Studie aus 2010 ist die Zufriedenheit insgesamt gesunken (Einschränkung: die Erhebungsmethode war allerdings unterschiedlich).

Vor allem Beschäftigte an den öffentlichen und privaten Unis verspüren neben hohen Erwartungen an die wissenschaftliche Qualität ihrer Arbeit und an die Einhaltung von Förderrichtlinien laut der Befragung auch Druck zum Einwerben von Drittmitteln. Besonders hoch sind die Erwartungen in puncto Drittmittel in den Agrar- und den Ingenieurswissenschaften/Technologie.

Erhoben wurden auch die Karriereperspektiven: Während 73 Prozent der Junior Academics eine akademische Karriere an einer Hochschule anstreben würden, halten es nur 59 Prozent auch für realistisch, dass sie in fünf Jahren einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Tätigkeit an einer Hochschule nachgehen werden.

Die in der Studie beschriebenen Herausforderungen bestünden dabei nicht nur am Beginn der Karriere, sondern treffen generell auch einen Großteil der Nicht-Professoren, betont das Forschungsteam um Franziska Lessky in der Studie und warnt vor den Folgen. "Die prekären Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen können sich nicht nur negativ auf die Attraktivität österreichischer Hochschulen als Arbeitgeber auswirken, sondern auch zu erheblichen Standortnachteilen führen."

Die AK Wien sieht angesichts der Ergebnisse gar mittel- bis langfristig "den Wissenschaftsstandort Österreich in Gefahr", heißt es in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Befristete Arbeitsverhältnisse, fehlende Karriereperspektiven und Anforderungen weit über die vertraglich zugesicherte Arbeitsleistung hinaus würden zu Abwanderung aus der Wissenschaft führen und die Planbarkeit des Privatlebens erschweren.

Maßnahmen in der Vergangenheit - etwa die Änderung der Kettenvertragsregelung an den Unis mit einer Befristung von nunmehr höchstens acht Jahren - haben aus Sicht der Arbeiterkammer keine Verbesserung gebracht. In der Praxis bringe die Neuregelung vielmehr einen massiven Verlust von Knowhow und erschwere längerfristige Forschungsvorhaben zusätzlich.

Durch die Teuerung erwartet die AK Wien zusätzlich eine Verschlechterung der Situation. Die Unis haben wegen Inflation und der zu erwartenden Steigerung der Personalkosten 1,2 Mrd. Euro zusätzlich für 2023 und 2024 gefordert, vom Ministerium sind jedoch nur 500 Mio. zusätzlich eingeplant. Der von den Unis angekündigte Aufnahmestopp für neue Mitarbeiter bzw. die Nicht-Verlängerung befristeter Verträge werde den wissenschaftlichen Nachwuchs besonders stark treffen, warnt die AK Wien.

Sie fordert, dass die Unis künftig zu einer "nachhaltigen Personalstrukturplanung" verpflichtet werden, mit Entwicklungsperspektiven für Jungforscher, besseren Arbeitsbedingungen (u.a. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Umgang mit unbezahlter Mehrarbeit), einer umfassenden Novellierung der Kettenvertragsregeln im Universitätsgesetz und genug Mittel für bessere Betreuungsverhältnisse.

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