Hörsaal an Innsbrucker Uni von Klimaschützern weiterhin besetzt
Seit Donnerstag besetzen rund 40 Klimaaktivisten einen Hörsaal der Uni Innsbruck. Im Laufe des Donnerstags sei ein Gespräch mit dem Rektorat geplant, hieß es von Seiten der Uni. Auch in Wien und Salzburg haben Aktivistinnen und Aktivisten Hörsäle in Beschlag genommen.
Innsbruck, Wien – Rund 40 Klimaaktivisten der Aktion "Erde Brennt Innsbruck" haben am Mittwoch gegen 17 Uhr den Hörsaal 3 der Uni Innsbruck am Campus Innrain besetzt. "Wir sind gekommen, um uns die Uni als unseren Raum zurückzuholen. Hier, wo wir eigentlich auf unsere Zukunft vorbereitet werden sollen, werden die Krisen unsrer Zeit tagtäglich ignoriert. Wir wollen das nun ändern", wurde Luca Moser, Pressesprecherin von "Erde Brennt Innsbruck" in einer Aussendung am Mittwoch zitiert. Prüfungen und Lehrveranstaltungen mit thematischem Bezug sollen jedoch ungehindert stattfinden können. Die Gruppe gab bekannt, mit der Universität in Kontakt treten zu wollen – Sachbeschädigungen soll es keine geben.
Wie der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Innsbrucker Universität, Uwe Steger, erklärte, waren am Donnerstag noch immer rund 40 Personen vor Ort. Die Lage sei aber weiterhin "sehr entspannt". Im Laufe des Tages sei ein Gespräch mit dem Rektorat geplant, um die Absichten der Protestierenden abzuklopfen und zu erfahren "auf wie lange die Aktion ausgelegt" sei. "Es gibt noch keine klaren Ansagen", hielt Steger fest. Die Lehrveranstaltungen, die heute im Hörsaal stattfinden hätten sollen, wurden teilweise in andere Räumlichkeiten verlegt. "Thematisch passende Lehrveranstaltungen" hätten im besetzten Raum stattgefunden.
Forderungskatalog soll ausgearbeitet werden
Die Tiroler Gruppe sieht Universität und Politik in der Pflicht, endlich klimagerecht zu handeln: "Als Teil der internationalen Bewegung 'End Fossil: Occupy!' fordern wir den Ausstieg aus fossilen Energien von der Uni, Österreich und weltweit. Österreich muss als eines der Verursacherländer der Klimakrise seiner Verantwortung nachkommen und den Globalen Süden für die Klimafolgeschäden ausbezahlen. Zusätzlich braucht es ein bundesweites Klimaschutzgesetz und eine Bildung, die unsere menschengemachten Krisen umfassend thematisiert", hieß es in der Aussendung vom Mittwoch.
Die Besetzung soll die Möglichkeit geben, sich mit den aktuellen Krisen auseinanderzusetzen. "Wir wollen einen Raum schaffen, in dem wir den Staub der Universität abschütteln. Wir wollen zusammenkommen, achtsam miteinander umgehen und eine Möglichkeit bieten, das gute Leben für Alle gemeinsam zu diskutieren und auszuprobieren", sagt Moser. Zusätzlich werde während der Besetzung ein umfassender Forderungskatalog an Universität und Politik ausgearbeitet. Menschen innerhalb und außerhalb der Universität seien eingeladen, sich vor Ort einen Eindruck von der Besetzung zu machen, sich zu beteiligen und in einen respektvollen Austausch miteinander zu treten.
Hörsaal in Wien seit Mittwochmittag besetzt
In Wien ist seit Mittwochmittag mit dem C1 im Alten AKH der aktuell größte Hörsaal der Uni Wien besetzt (das noch größere Audimax im Haus am Ring kann derzeit wegen der U-Bahn-Bauarbeiten nicht für den Lehrbetrieb genutzt werden, Anm.). Rund 50 Personen waren nach einer abendlichen Podiumsdiskussion mit Wissenschaftern und einer Vollversammlung geblieben und haben die Nacht vor Ort verbracht. Dabei gab es – anders als bei den wochenlangen Hörsaal-Besetzungen der "unibrennt"-Bewegung 2009 – keine Party.
📽️ Video | Klimaschützer besetzten Hörsaal an Uni Wien
C1 sei ein drogen- und alkoholfreier Raum, immerhin wolle man mit den Forderungen ernstgenommen werden, so Amina Guggenbichler von "Erde brennt Wien" gegenüber der APA. Außerdem habe man aus manchen Fehlern von 2009 gelernt, als Alkoholkonsum im Audimax teilweise für Probleme sorgte. Überhaupt zeigen die Besetzer sich verantwortungsbewusst und fordern etwa zu regelmäßigen PCR-Tests bzw. Maskentragen auf. Im Aufruf zur Besetzung wurde sogar an das Mitnehmen von Zahnbürste und Wechselgewand erinnert. Gegenstände, die als Vermummung oder Waffe dienen könnten (Sturmhaube, Wasserflasche), sollen daheimbleiben.
Für den Donnerstag sind neben Arbeitsgruppen-Treffen auch eine Vorlesung zum Klimawandel und ein Vortrag der Linkswende geplant. Man sei allerdings eine parteiunabhängige Bewegung, betonte Guggenbichler. "Erde brennt Wien" gehe von Studierenden aus, die teils auch schon in anderen Klima-Bewegungen wie Fridays For Future aktiv waren. Auch ehemalige unibrennt-Aktivisten seien dabei. Das Veranstaltungsprogramm in Wien reicht bereits bis kommenden Donnerstag. So lange wolle man den Hörsaal auch auf jeden Fall halten, betonte Guggenbichler.
Auch Hörsäle in Salzburg besetzt
In Salzburg war die Besetzung Donnerstagmittag ebenfalls noch im Gange. Dort hatten gestern Abend gegen 19 Uhr rund 55 Personen drei Hörsäle im Unipark Nonntal in Beschlag genommen, die Hälfte davon hat auch dort übernachtet. Derzeit gibt es laut Uni noch gutes Einvernehmen mit dem Rektorat, das heute Abend auch die Teilnahme an einer Podiumsdiskussion zugesagt hat. Die Besetzung ist vorerst auf unbestimmte Zeit angesetzt.
Mit den Hörsaalbesetzungen wollen die Studierenden sich für soziale- und Klimagerechtigkeit einsetzen und die Unis wieder zu einem "Raum für Utopien und echte Solidarität" machen. Die konkreten Forderungen unterscheiden sich dabei je nach Standort etwas. Man agiere sehr autonom, "aber End Fossil vereint uns", so Guggenbichler.
Forderungen der Aktivisten-Gruppen
Die Wiener Aktivisten treten auf erdebrennt.at für einen "radikalen Systemwandel" und für eine "sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Gesellschaft mit zukunftsfähigen Hochschulen" ein. Konkret fordern sie von der Regierung ein angemessenes Hochschulbudget, außerdem gratis Öffis für alle, ein Ende der Bodenversiegelung, den Ausstieg aus fossilen Energieträgern, die Bekämpfung sozialer Ungleichheit durch Steuern auf Übergewinne und Vermögen und ein Bleiberecht für alle.
Bei "Erde brennt Innsbruck" heißt es, man wolle durch zivilen Ungehorsam einen "dringend notwendigen systemischen Wandel in Lehre, Klima- und Sozialpolitik" erreichen. Dafür sollen auch die "elitären Strukturen" der Unis geöffnet werden. "Wir wollen zusammen anfangen, die Welt neu zu denken."
Die Salzburger Gruppierung wiederum, die seit Mittwoch um 19 Uhr drei Hörsäle besetzt hat, argumentiert auch mit dem aktuellen Ukraine-Krieg für einen Ausstieg aus fossiler Energie. Außerdem fordern sie ein Ende des "ständigen Krisenmodus": "Wir wollen endlich positive Zukunftsvisionen", heißt es in einer Aussendung von "Erde Brennt Salzburg". (TT.com, APA)
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