Verhärtete Fronten und Streikdrohung im Handel, Abschluss bei Beamten
In Sachen Handels-KV sind die Fronten zwischen Arbeitgeberseite und Gewerkschaft weiter verhärtet, nun steht erstmals auch ein möglicher Streik im Raum. Einen Verhandlungsabschluss gibt es hingegen bei den Beamten. Die Gehälter steigen mit 1. Jänner zwischen 7,15 und 9,41 Prozent.
Wien – Die Kollektivvertragsverhandlungen im Handel sind am Dienstag auch in der vierten Runde ohne Ergebnis geblieben. Während die Arbeitgeber weiter auf Einmalzahlungen beharren, fordert die Gewerkschaft eine dauerhafte Gehaltserhöhung über der Inflationsrate für die 430.000 Beschäftigten. Die Gewerkschaft will am 29. November weiter verhandeln, die Arbeitgeber machen das von neuen Vorschlägen abhängig. Sollte es nicht dazu kommen, stehen Streiks am 2. und 3. Dezember im Raum.
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Arbeitgeber schlagen steuerfreie Prämie vor
Aus Sicht der Arbeitgeber ist der weitere Verhandlungstermin noch nicht fixiert. "Wir müssen uns anschauen, wie wir weiter vorgehen. Reden kann man immer. Nur das Reden um des Redens willen ohne die Bereitschaft, aufeinander zuzugehen, wird eine große Herausforderung", sagte Arbeitgeber-Chefverhandler Rainer Trefelik Mittwochfrüh.
Die Arbeitgeber schlagen eine steuerfreie Prämie vor, die den Beschäftigen großteils noch heuer ausbezahlt werden soll. "Seit Jahren wird mehr netto vom brutto gefordert, das wäre hiermit gegeben", so Trefelik. Es gehe eben nicht mehr so weiter, wie man es 40 Jahre lang gemacht habe. "Man kann nicht sagen, ich habe mein Modell seit ewig und das fahre ich einfach weiter", findet Trefelik, der auch bundesweiter Handelsobmann ist. "Ich muss eine Rezession, die vor der Tür steht, mitbedenken."
Gewerkschafter sehen Einmalzahlung als "Mogelpackung"
Die Gewerkschaft lehnt hingegen Einmalzahlungen als "Mogelpackung" ab. "Die Einmalzahlung nach wie vor so rechnerisch darzustellen, als wäre sie eine dauerhafte Erhöhung, ist unseriös und unrichtig", schreibt die Chefverhandlerin der Gewerkschaft, Helga Fichtinger, in einer Aussendung. Der Vorschlag der Arbeitgeber für vier Prozent KV-Erhöhung plus Einmalzahlungen "wäre auf Perspektive ein riesiges Verlustgeschäft für die Beschäftigten und hat nachhaltige negative Auswirkungen auf alle arbeitsrechtlichen Bemessungsgrundlagen, zu guter Letzt auch auf die Pensionshöhe am Ende des Arbeitslebens", schreibt Fichtinger.
Die Gewerkschaft hat laut Fichtinger bei ihrer ursprünglichen Forderung nach 10 Prozent mehr Entlohnung bereits nachgegeben und verlange nun 8,5 Prozent plus einen Mindestbetrag, sodass niedrige Einkommen eine zweistellige Erhöhung bekommen. Im Schnitt würde das Gehaltsplus 9,37 Prozent betragen, so Fichtinger. Damit wolle man dem Wunsch der Arbeitgeber nach einer "Abflachung" der Lohnkurve entgegenkommen. Einmalzahlungen könnten "nur eine Draufgabe auf eine dauerhafte kollektivvertragliche Erhöhung über der Inflationsrate sein" und sollten auf betrieblicher Ebene vereinbart werden.
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Nun gibt es jedenfalls Betriebsversammlungen am 24. und 25. November. Sollte es bis zum 29. November keine Einigung geben, "dann wird es im Handel erstmalig auch Warnstreiks geben", kündigte Fichtinger an. Die Termine dafür stehen auch schon fest: Freitag 2. Dezember und der zweite Einkaufssamstag, der 3. Dezember.
Zur Streikdrohung verwies Trefelik im ORF-"Morgenjournal" darauf, dass viele Betriebe in den vergangenen zwei Jahren 130 bis 140 Tage geschlossen hatten. "Wenn das die Ultima Ratio ist, dann würden wir es extrem bedauern".
Beamtengehälter steigen zwischen 7,15 und 9,41 Prozent
Eine relativ rasche Einigung gab es hingegen in Sachen Beamtengehälter. Sie steigen mit 1. Jänner zwischen 7,15 für hohe und 9,41 Prozent für niedrige Einkommen. Im Schnitt macht die Erhöhung 7,32 Prozent aus, um diesen Wert werden auch die Zulagen angehoben. Darauf hat sich die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) mit dem für die Beamten zuständigen Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) Mittwoch früh geeinigt.
Die Kosten für das Budget wurden von Regierungsseite mit rund einer Milliarde Euro angegeben.
Mit dem Ergebnis zeigten sich beiden Seiten zufrieden. Sowohl GÖD-Vorsitzender Norbert Schnedl als auch der Vorsitzende der für die Gemeindebediensteten zuständigen Gewerkschaft Younion, Christian Meidlinger, sprachen von einem "sehr erfreulichen Ergebnis". Brunner sagte: "Wir sind an die Grenze des Machbaren gegangen und haben einen Abschluss erzielt, der in Zeiten hoher Inflation auch in dieser Höhe gerechtfertigt ist."
Mehr als 530.000 Bundes- und Landesbedienstete betroffen
Der Beamten-Abschluss liegt damit über der als Basis für die Verhandlungen herangezogenen Inflation von 6,9 Prozent für die letzten vier Quartale. Schnedl freute sich demgemäß auch darüber, dass eine "dauerhafte Kaufkraftsteigerung für alle Bediensteten" erreicht worden sei. Die Beamten-Verhandlungen sind heuer ohne große Geräusche vonstatten gegangen. Nach der zweiten Runde vor eineinhalb Wochen hatte man die Gespräche in Kleingruppen ausgelagert und nun bereits eine Einigung erzielt.
Direkt betroffen von den Gehaltsverhandlungen sind 225.835 Personen (Bundesbedienstete und Landeslehrerinnen), indirekt betroffen sind die 307.900 Bediensteten der Länder und Gemeinden, die den Bundesabschluss in der Regel übernehmen. (TT.com, APA)
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