📺 Filmkritik

„Armageddon Times“: Ein junger Klassenkämpfer und sein rebellischer Opa

Zwei Generationen Widerständigkeit: Paul Graff (Banks Repeta) und sein Großvater Aaron Rabinowitz (Anthony Hopkins).
© Universal

US-Regisseur James Gray erzählt in „Armageddon Times: Zeiten des Umbruchs“ von Haltung und Heranwachsen in den USA der 80er-Jahre.

Von Marian Wilhelm

Innsbruck – Paul (Banks Repeta) ist ein schüchterner 11-jähriger Junge. Schon an seinem ersten Schultag bekommt er Probleme, weil er eine Karikatur seines strengen Lehrers zeichnet. Doch dabei schließt er auch Freundschaft mit Johnny, einem afroamerikanischen Jungen, der sitzen geblieben ist. Als Paul nach einem Schulausflug zum Guggenheim Museum wieder vom Lehrer geplagt wird, zeigt sich Johnny solidarisch. Doch als die beiden einen Joint rauchen, wird Paul in eine noble Privatschule gesteckt. Dort darf er einer Rede von einem gewissen Fred Trump und seiner Tochter Maryanne (Jessica Chastain in einer Minirolle) an die zukünftige Elite zuhören.

An diesem Hintergrund wird schon deutlich, dass Regisseur James Grey mit „Armageddon Time: Zeiten des Umbruchs“ keine frei erfundene Geschichte erzählt. Wir befinden uns im Jahr 1980 in Queens, New York. Ronald Reagan nimmt gerade Anlauf für die Präsidentschaftwahl und warnt vor dem Ende der Welt. „Armageddon Time“ ist ein durchaus autobiografischer Coming-of-Age-Film über die Kindheit des 1969 geborenen Grey. Das erklärt den liebevollen Ton und die kritische Haltung zum eigenen Herkunftsmilieu. Dabei dreht sich Pauls Konflikt vor allem um die ungleiche Freundschaft mit dem unterprivilegierten Johnny. Paul erkennt zum ersten Mal seinen Startvorteil im Leben und überlegt, was er damit tun soll.

🎬 Trailer | Zeiten des Umbruchs

Den größten Einfluss auf den rebellischen Paul hat sein Großvater Aaron. Von ihm erfährt er, wie Pauls Uroma einst als Jüdin aus der Ukraine geflohen ist und er wegen des Namens Rabinowitz beleidigt wurde. Aaron versucht Paul eine Haltung beizubringen und Unrecht nicht hinzunehmen.

Der 84-jährige Anthony Hopkins liefert als kauziger Großvater die emotionalen Höhepunkte des Fims. Anne Hathaway brilliert in der Rolle von Pauls Mutter, die mit ihrem Hausfrauen-Dasein hadert. Ihr Ehemann (Jeremy Strong) ringt mit seiner Rolle als strenges Familienoberhaupt. Dieses Ensemble macht „Armageddon Time“ zu einem einfühlsamen, wenn auch etwas didaktischen Familiendrama. Der historische Hintergrund wirkt stimmig und die Bilder von Star-Kameramann Darius Khondji bringen die nötige Patina ins Spiel.

Der Schuldkonflikt aus der subjektiv-kindlichen Perspektive des weißen Jungen ist leider etwas überdeutlich erzählt. Dennoch ist „Armageddon Time“ ein angenehm-ehrlicher Erinnerungsfilm, der eine eindeutige Haltung im Klassenkampf beweist.