„She Said“ neu im Kino: Packendes Drama erzählt die #MeToo-Enthüllungsstory
„She Said“ von Maria Schrader erzählt die Geschichte einer Recherche, die Filmmogul Harvey Weinstein stürzte. Im Zentrum stehen dabei aber die traumatisierten Frauen.
Innsbruck – Den größten Teil ihrer Recherche prägten Absagen, abgebrochene Telefonate und vor der Nase zugeschlagene Türen. Lange wollte niemand mit Jodi Kantor und Meghan Twohey sprechen – jedenfalls nicht offen. Doch die beiden Journalistinnen ließen nicht locker. Sie waren der ganz großen Story auf der Spur. Gerüchte über Missbrauchsfälle bei der Produktionsfirma Miramax waren lange im Umlauf, ihnen auf den Grund gehen konnte kein Medium.
She Said
- Genre: Drama
- 2022, USA
- Mit Carey Mulligan, Zoe Kazan, Patricia Clarkson u.a.
- Regie: Maria Schrader
- Länge: 129 Minuten
- FSK: ab 12 Jahre
- Kinostart: ab 8. Dezember 2022
Ein fein geknüpftes, gut gepflegtes Netz aus MitwisserInnen schützte den Filmproduzenten Harvey Weinstein über Jahrzehnte vor Konsequenzen seiner schrecklichen Taten. Eventuell auftretende Lücken wurden mit Schweigegeldzahlungen und Knebelverträgen gestopft. Über all die Taten gelegt: der bleierne Mantel des Schweigens. Bis 2017 die New York Times als Erste eine umfassende Recherche vorlegte. Für Weinstein brachte sie 23 Jahre Haft ein, Kantor und Twohey den Pulitzerpreis. Und #MeToo war angetreten, eine ganze Gesellschaft zu verändern.
📽️ Trailer | She Said
In „She Said“ schrieben die beiden Journalistinnen über ihre Arbeit, vor allem über die Schwierigkeiten bei der Recherche – ein Buch, das mit der deutschen Regisseurin Maria Schrader, die für ihre Miniserie „Unorthodox“ international Applaus bekam, nun Kinofilm wurde. In den USA wurde er kritisch beäugt und bejubelt, Chancen für den Oscar im kommendem Awardjahr werden ihm allemal eingeräumt. Seit gestern ist der Streifen auch in Österreich zu sehen.
Das wohl wichtigste Element des Films wird den ZuseherInnen schnell bewusst. Es ist die Perspektive, aus der „She Said“ erzählt – eben von der Warte von Kantor (gespielt von Zoe Kazan) und Twohey (Cary Mulligan) aus. Der Täter, der einst über Scheitern oder Erfolg der ihm anvertrauten, jungen Schauspielerinnen je nach Tagesverfassung urteilte, läuft hier nicht mehr über den roten Teppich. Im Bild ist er nur kurz – gezeigt wird er höchstens von hinten.
Dafür widmet sich der Film ausgiebig den Ungehörten, den Frauen, den Schauspielerinnen im Scheinwerferlicht ebenso wie den Assistentinnen hinter den Kulissen. In „She Said“ werden sie aber nicht erneut zu Opfern gemacht, sondern beschlossen selbst zu sprechen – allen voran die Actrice Ashley Judd, die sich 2017 als Erste entschloss, das, was ihr passiert war, auch medial öffentlich zu machen. Ihr sollten unzählige weitere Frauen folgen. Im Film ist es jedenfalls Judd selbst, die den beschwerlichen Weg erneut geht.
Wie aber umgehen mit den traumatischen Erlebnissen? Schrader entschied, der Abscheulichkeit der Tat eine nüchterne Filmsprache gegenüberzusetzen. Während die Frauen die Grenzüberschreitungen Weinsteins schildern, läuft die Kamera durch leere Hotelzimmer, vorbei an der aufgedrehten Dusche, dem am Boden liegenden Bademantel, dem dahingeworfenen BH.
In die Privatleben von Kantor und Twohey hingegen taucht der Film tiefer ein als das Buch, zeigt beide als arbeitende Mütter – mit Stärken und Schwächen. Dabei verfallen beide nicht dem Reiz, sich als neue beste Freundinnen zu stilisieren. Ihr Fall ist eben harte Arbeit.
Deshalb fährt der Film bewusst mehrere Schleifen, holt – wenn auch fesselnd – säuberlich eine nach der anderen Bestätigung, einen nach dem anderen Beweis ein. Doppelt geprüft, sauber recherchiert. Einigen KritikerInnen war „She Said“ wohl auch darum nicht Thriller genug, dabei ist genau das die Stärke des Films.