„Jeder stirbt für sich allein“: Tanz in Richtung Schafott
Hans Fallada als Revue: Die Uraufführung von Franz Wittenbrinks Roman-Vertonung „Jeder stirbt für sich allein“ an der Josefstadt.
Wien – An der Front, durch eigene Hand, ermordet, durch das Fallbeil: Der Tod ist allgegenwärtig und „Jeder stirbt für sich allein“, der Titel, den Hans Fallada seinem letzten Roman vorangestellt hat, ist grausames Programm. Im Dezember 1946 setzte der Autor von „Kleiner Mann – was nun?“ und „Bauern, Bonzen, Bomben“ in nur vier Wochen einem Kleinbürger-Paar, das mittels Parolen auf Postkarten-Flugzetteln mutig Widerstand gegen das Nazi-Regime geleistet und dieses Engagement mit dem Leben bezahlt hatte, ein literarisches Denkmal und entwarf dabei ein beklemmendes Berlin-Panorama der gewalttätigen 1940er-Jahre.
Für das Theater in der Josefstadt hat nun Franz Wittenbrink, der deutsche Arrangeur und Komponist, dessen musikalische Abende sich gerne zwischen Schauspiel und Musiktheater bewegen, aus Falladas Vorlage eine Art Musik-Revue geformt, die, so viel sei vorausgeschickt, als eher misslungen gelten muss. Walter Vogelweider hat auf die Drehbühne eine an Lionel Feininger erinnernde hoch aufragende Häuserschlucht gesetzt, davor wird mit wenigen Requisiten die Küche der Quangels, das Tanzlokal „Paprika“ oder das Gestapo-Büro entstehen. Die Bühnenband unter der musikalischen Leitung von Christian Frank thront in lichten Höhen und begleitet das Geschehen mit Wittenbrinks an „Cabaret“ und Kurt Weill geschulten Melodien.
In der Regie Josef E. Köpplingers geben Michael Dangl und Susa Meyer das Ehepaar Quangel – ihnen gelingen berührende Szenen, sie haben auch im Rahmen des Vorgegebenen die dankbareren Gesangseinsätze. Auch Raphael von Bargen macht als Kommissar Escherich gute, weil etwas differenzierte Figur und meistert mit „Jeder stirbt für sich allen“ den „Titelsong“ souverän. Ist man Zaungast in der Bar „Paprika“ wird es schon schwieriger, dem Abend etwas abzugewinnen: Da bietet man unter Führung von Nadine Zeintl als Barbesitzerin Eva Andrássy ein üppiges Ensemble (u. a. Marcello De Nardo, Martin Niedermair, Paul Matić, Paula Nocker, Tobias Reinthaller) auf, um musikalisch und darstellerisch dem Klischee zu frönen. Falladas großem Roman wird dieser mit mehr als zwei Stunden gefühlt sehr lange Abend nicht gerecht, schade! (lietz)