Deutsche Reichsbürger-Szene hatte Pläne für kommunale „Säuberungen“
Laut der Zeitung "Welt" wurden mehr als 90 Waffen bei der Großrazzia sichergestellt. Die Reichsbürger-Szene hatte offenbar "Säuberungs"-Pläne, die sich gegen einzelne Bürgermeister richteten.
Berlin – Bei der Großrazzia gegen eine mutmaßliche terroristische Vereinigung aus der deutschen Reichsbürger-Szene sind einem Bericht zufolge mehr Waffen sichergestellt worden als bisher bekannt. Insgesamt seien 93 Waffen beschlagnahmt worden, berichtete die Berliner Tageszeitung Welt am Montagabend unter Berufung auf Teilnehmer einer nicht öffentlichen Sondersitzung des Innenausschusses des Berliner Bundestags. Darunter seien 19 Faustfeuerwaffen sowie 25 Langwaffen.
Auch Messer, Armbrüste, Dekowaffen und Schreckschusspistolen seien gefunden worden. Hinzu kommen dem Bericht zufolge rund 200 legale Waffen eines Waffenhändlers, der ebenfalls zu den Beschuldigten gehöre.
Bürgermeister im Visier
Die Teilnehmer der Sitzung seien bei der Unterrichtung durch den deutschen Generalbundesanwalt, das Innenministerium, das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz darüber informiert worden, dass die Pläne der Gruppe so weit reichten, dass es auf kommunaler Ebene "Säuberungen" geben sollte, berichtete die Welt weiter. Diese sollten demnach etwa Bürgermeister treffen.
Vergangene Woche waren die deutsche Polizei und Bundesanwaltschaft mit mehreren tausend Einsatzkräften in elf Bundesländern sowie in Italien und Österreich gegen ein mutmaßliches Terror-Netzwerk aus Reichsbürgern vorgegangen, die einen gewaltsamen Umsturz geplant haben sollen. Es gibt mehr als 50 Beschuldigte; unter den Verdächtigen sind unter anderem auch Beamte und Angestellte von Bundesdiensten oder -einrichtungen, darunter ein aktiver Soldat, Reservisten der Bundeswehr sowie die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete und Berliner Richterin Birgit Malsack-Winkemann.
Deutsche Innenministerin will Gesetzesverschärfungen
Als Konsequenz aus der Aufdeckung von Verschwörungsabsichten in der sogenannten Reichsbürger-Szene will die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sowohl das Diziplinar- als auch das Waffenrecht verschärfen. So will das deutsche Innenministerium nach Angaben aus Ministeriumskreisen schnellere Verfahren gegen Beamte ermöglichen, um sie zurückstufen, entlassen oder ihnen das Ruhegehalt aberkennen zu können, falls man ihnen schwere Dienstvergehen nachweisen kann. Hintergrund sind die bisher teilweise jahrelangen Verfahren vor Verwaltungsgerichten, in denen Beschuldigten die Bezüge weiter gewährt werden müssen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt verlangte am Dienstag als Konsequenz, die AfD auf Bundesebene vom Verfassungsschutz zu beobachten. Die AfD sei zu einem Schmelztiegel und Sammelbecken für eine Vielzahl von Verschwörungstheoretikern, Systemgegnern und Vertretern radikaler Ideen geworden, sagte der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten im Bundestag in Berlin. Aus diesem Grund sei eine genauere Beobachtung der AfD durch Sicherheitsbehörden auch auf Bundesebene nötig, ergänzte Dobrindt.
Wenn eine Gruppe von Personen Pläne schmiede, mit Waffengewalt die Macht an sich zu ziehen, habe das "die Qualität des Versuches eines Staatsstreichs", sagte Dobrindt. Wenn in der AfD in diesem Zusammenhang von "Rollator-Revolution" gesprochen werde, sei dies der Versuch einer Relativierung.
Die AfD ist vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft worden. Dagegen setzt sich die Partei juristisch zur Wehr. Das Verfahren beim Oberverwaltungsgericht in Münster läuft noch. (APA/AFP/dpa)
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