Krieg in der Ukraine

13 Drohnen über Kiew abgeschossen, Selenskyj: Umweltschäden beeinträchtigen Millionen Menschen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist besorgt über Umweltschäden, die der Krieg hinterlässt.
© AFP/Tatic

Ukrainische Medien berichteten von russischen Drohnenangriffen auf Kiew und Umgebung. Nach bisherigen Angaben hat der russische Angriff keine Opfer gefordert. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wies indes auf die großen Umweltschäden durch den russischen Aggressionskrieg hin.

Kiew – Die ukrainische Hauptstadt Kiew wurde am Mittwoch nach Behördenangaben von Russland aus mit Drohnen iranischer Bauart angegriffen. „Nach vorläufigen Angaben wurden alle 13 Drohnen von den ukrainischen Luftabwehrkräften abgeschossen", verkündete der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj laut der Nachrichtenagentur Ukrinform in einer Videoansprache. Bei den Angriffen seien keine Menschen zu Schaden gekommen.

Im Zentrum der Drei-Millionen-Metropole wurden jedoch zwei Verwaltungsgebäude und vier Wohnhäuser durch Trümmer abgeschossener Drohnen beschädigt, im Umland von Kiew wurden ein privates Wohnhaus und ein Pkw in Mitleidenschaft gezogen. Der in den frühen Morgenstunden ausgelöste Luftalarm wurde erst nach mehreren Stunden aufgehoben.

📽️ Video | Erneut russische Angriffe auf Kiew

Am Mittwochmorgen hatte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko mehrere Explosionen im Nachrichtendienst Telegram bestätigt, ohne Details zu nennen. Ukrainische Medien berichteten von russischen Drohnenangriffen auf Kiew und Umgebung. Die Shahed-131- und -136-Drohnen sollen dabei von der Ostküste des Asowschen Meeres gestartet sein, berichtete die Ukrainische Luftwaffe laut der Nachrichtenagentur Ukrinform auf Telegram.

Luftalarm gab es in der Hauptstadt, dem umgebenden Gebiet und in Schytomyr und Winnyzja. Von Artillerie- und Raketenbeschuss wurde auch aus den Städten Nikopol und Marhanez in der zentralukrainischen Region Dnipropetrowsk berichtet. Mehrere Gebäude wurden dabei beschädigt, meldete Ukrinform unter Berufung auf die lokale Militärverwaltung.

Fast jedes Kind laut UNICEF von Stromausfällen betroffen

Die Folgen der russischen Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur treffen auch die Kinder in der Ukraine hart. Fast jedes Kind in dem Land – rund sieben Millionen – hätten keinen dauerhaften Zugang zu Strom, Heizung und Wasser, teilte das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF am Mittwoch mit. Kinder seien nicht nur extremer Kälte ausgesetzt, sondern könnten etwa auch nicht mehr online lernen.

Online-Unterricht sei für viele Mädchen und Buben der einzige Zugang zu Bildung, da viele Schulen beschädigt oder zerstört seien, hieß es weiter. Ohne Strom sei auch der Kontakt von Kindern zu Freunden oder Verwandten eingeschränkt, was sich negativ auf ihre Psyche auswirke. Schätzungsweise 1,5 Millionen Kinder seien von Depressionen, Angstzuständen, posttraumatischen Belastungsstörungen und anderen psychischen Problemen bedroht.

„Millionen von Kindern stehen vor einem trostlosen Winter in Kälte und Dunkelheit, ohne zu wissen, wie oder wann sich die Situation verbessert", sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell. UNICEF habe mit der Verteilung von Paketen mit Winterbekleidung, Geräten um Wasser zu erwärmen sowie Generatoren an der Frontlinie und in neu zugängliche Gebiete der Regionen Charkiw, Cherson und Donezk begonnen.

Regionalverwaltung in Cherson beschossen

Russische Streitkräfte haben ukrainischen Angaben zufolge das Gebäude der Regionalverwaltung auf dem zentralen Platz der kürzlich befreiten Stadt Cherson mit Raketen beschossen. Zwei Stockwerke seien beschädigt worden, sagte der stellvertretende Leiter des Präsidialamtes, Kyrylo Timoschenko. Es sei aber niemand verletzt worden. Timoschenko postete Bilder auf Telegram, auf denen Trümmer neben dem Gebäude und die Decke eines Korridors im Inneren zu sehen waren, die eingestürzt war. Einige Fenster schienen zerbrochen zu sein. Ein ebenfalls auf Telegram kursierendes Video zeigte eine riesige Rauchwolke, die aus dem Dach des Verwaltungsgebäudes aufstieg.

Die Ukraine hatte Cherson am 11. November von den russischen Streitkräften zurückerobert. Das hatte zu tagelangen Feierlichkeiten auf dem Platz geführt, den Präsident Selenskyj Tage später besuchte, um das Ende der russischen Besatzung zu feiern. Seitdem die russischen Streitkräfte die Stadt verlassen und sich vom Westufer des Dnipro zurückgezogen haben, beschießen sie Cherson von der gegenüberliegenden Seite des Flusses.

📽️ Video | Wehrschütz (ORF) zu den Drohnen-Angriffen:

Zerstörte Natur kann nicht wieder aufgebaut werden

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wies indes auf die großen Umweltschäden durch den russischen Aggressionskrieg hin. Diese werden Millionen von Menschen über Jahre hinweg beeinträchtigen, sagte er in einer Videoansprache vor dem neuseeländischen Parlament. „Dutzende von Flüssen sind verschmutzt, Hunderte von Kohleminen sind überflutet, Dutzende der gefährlichsten Unternehmen, darunter auch Chemieunternehmen, wurden durch russische Angriffe zerstört."

Die Meere des Landes und rund drei Millionen Hektar Wald seien verseucht. „All dies ... wird direkte Auswirkungen auf Millionen von Menschen haben." Man könne die zerstörte Natur nicht wieder aufbauen, „genauso wenig wie man zerstörte Leben wiederherstellen kann." (APA/dpa/Reuters)

EU zahlt weiteren 500-Millionen-Euro-Kredit aus

Die EU hat der Ukraine einen weiteren Kredit in Höhe von 500 Millionen Euro ausgezahlt. Die Gesamtsumme der seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs überwiesenen Finanzhilfen erhöhte sich damit auf 7,2 Milliarden Euro, wie die EU-Kommission am Mittwoch mitteilte. Im kommenden Jahr sollen sogar Darlehen in Höhe von insgesamt 18 Milliarden Euro gewährt werden.

Die Ukraine braucht das Geld nach EU-Angaben zum Beispiel dafür, um laufende Kosten etwa für Rentenzahlungen und den Betrieb von Schulen und Krankenhäusern zu decken. Um das von Russland angegriffene Land zu entlasten, werden die Zinskosten für das Darlehen aus dem EU-Haushalt bedient. Die Mittel für die Kredite werden an den internationalen Kapitalmärkten aufgenommen.

Humanitäre Hilfe und andere Unterstützungsleistungen miteingerechnet, hat die EU nach eigenen Angaben bisher bereits mehr als 19,7 Milliarden Euro für die Ukraine mobilisiert.