Debatte im Landtag

Tiroler Abtreibungsdebatte mit leichterem Zugang als Minimalkonsens

Der Tiroler Landtag befasste sich am Donnerstag mit dem Thema Schwangerschaftsabbrüchen.
© Thomas Böhm

Die Debatte über den künftigen Umgang in Tirol mit Schwangerschaftsabbrüchen dominierte am Donnerstag auch die Sitzung des Tiroler Landtages. Flächendeckende, kostenlose Abtreibungen in allen öffentlichen Krankenhäusern bleiben jedoch weiter vom Tisch.

Innsbruck – Nachdem in Tirol flächendeckende und kostenlose Schwangerschaftsabbrüche an allen öffentlichen Krankenhäusern vom Tisch sind – Soziallandesrätin Eva Pawlata (SPÖ) hatte dies noch vor kurzem als ihr Ziel ausgegeben – hat der Landtag am Donnerstag über das Thema diskutiert. Konsens gab es bei allen Parteien hinsichtlich der – von der schwarz-roten Regierung vorgesehenen – Verstärkung der Niederschwelligkeit der Angebots, uneins war man sich teils bei der Kostenfrage.

In ihrem Redebeitrag meinte Pawlata, dass sie die Diskussion, die durch ihre in einem Interview erhobenen Forderung ihren Ausgang genommen hatte, "mehr unbeabsichtigt als beabsichtigt" losgetreten habe. Danach sei sie auch mit Drohungen gegen ihre Person konfrontiert gewesen, beklagte sie sich.

Pawlata sieht Willen der betroffenen Frau als entscheidend an

Inhaltlich berief sie sich in der "Aktuellen Stunde", deren Thema von den Grünen aufs Tapet gebracht worden war, auf den für sie wesentlichen Aspekt des "Pro-Choice" für Frauen. Dieser stehe im Gegensatz zur zum Teil ihrer Meinung nach radikalen "Pro-Life"-Haltung. Es sei nämlich grundlegend wichtig zu sehen, "was die jeweils betroffene Frau will", und bei alldem das Thema "Empowerment" ins Zentrum zu rücken.

Dazu brauche es "niederschwellige und für Frauen auch leistbare Angebote". Mit ihrer Kollegin, Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele (ÖVP), sei sie dabei "in Austausch" und man setze "Schritte in die richtige Richtung", sagte sie und bekannte sich damit zum gemeinsamen Regierungsprogramm. In diesem ist festgehalten, dass sich die schwarz-rote Koalition vornimmt, einen "bedarfsgerechten, niederschwelligen, medizinisch qualitätsvollen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen sicherzustellen, durch den Ausbau des ambulanten Angebotes im niedergelassenen Bereich oder angekoppelt an einer ausgewählten öffentlichen Einrichtung". Nach ihrer ursprünglichen Forderung hatte Pawlata ein "Njet" des Koalitionspartners ÖVP kassiert, auch die katholische Kirche übte scharfe Kritik.

Ähnlich wie Pawlata hatte zuvor SPÖ-Klubobfrau Elisabeth Fleischanderl argumentiert: "Die Angebote müssen bedarfsgerecht und leicht zugänglich sein". Die Debatte dazu müsse so geführt werden, dass es "um die Sache selbst und vor allem um die Selbstbestimmung der Frauen geht". Dazu habe die "SPÖ eine klare Linie und mit der ÖVP einen gemeinsamen Kurs". Die damit verbundenen Lösungen werde man in der Koalition "noch in dieser Legislaturperiode umsetzen".

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Kommentar

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Optionen aufzeigen, Abtreibung nicht kriminalisieren

Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele (ÖVP) machte sich indes für ein niederschwelliges Schwangerschaftsabbruch-Angebot an der Klinik stark und sprach sich für Beratungen aus, die "ergebnisoffen und ohne Druck auf die Frauen" vonstatten gehen sollten. Man müsse dabei "die ganze Palette der Möglichkeiten aufzeigen" und dürfe vor allem Frauen im Falle der Entscheidung zu einem Schwangerschaftsabbruch "nicht kriminalisieren", so Hagele.

Schwangerschaftsabbrüche dürfen auf gar keinen Fall kostenlos sein.
Gudrun Kofler (Landtagsabgeordnete, FPÖ)

Argumentativ durchaus ähnlich wie ihre Vorrednerinnen argumentierte FPÖ-Landtagsabgeordnete Gudrun Kofler. Es brauche "neutrale Beratungsstellen" und es müssten für Frauen sämtliche Optionen am Tapet sein: "Auch eine Adoption kann eine Möglichkeit sein". In der Haltung zur noch offenen Kostenfrage wich sie aber deutlich ab: "Schwangerschaftsabbrüche dürfen auf gar keinen Fall kostenlos sein".

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Grüne pochen auf kostenlose Schwangerschaftsabbrüche

Völlig entgegengesetzter Meinung in der Kostenfrage war Grünen-Landtagsabgeordnete Zeliah Arslan (Grüne): "Die Angebote müssen unbedingt kostenlos sein". Kritik äußerte sie außerdem an der derzeit stattfindenden "ideologischen Debatte" im Vorfeld der "Aktuellen Stunde". "Damit gehen wir in Richtung Stillstand und bewegen uns weg von der Selbstbestimmung von Frauen". Alle Parteien sollten sich für eine "zeitnahe Umsetzung der Angebote" einsetzen, so Arslan.

Damit gehen wir in Richtung Stillstand und bewegen uns weg von der Selbstbestimmung von Frauen.
Zeliah Arslan (Landtagsabgeordnete, Grüne)

Neos-Abgeordnete Birgit Obermüller und Liste Fritz Klubobmann Markus Sint stellten schließlich jeweils die Relevanz von Aufklärung in den Mittelpunkt. Es gehe auch um eine "sinnvolle Verhütungsstrategie", sagte Obermüller, während Sint davon sprach, dass in der Beratung sowohl "Vorsorge als auch Nachsorge" wichtig seien. Es dürfe zudem nicht von der Geldtasche abhängig sein, ob eine Frau einen Schwangerschaftsabbruch durchführen kann oder nicht.

Grüne entdecken Thema wieder

Verwunderung herrschte in der Debatte vor allem bei SPÖ und FPÖ über die Grünen, die das Thema nun größer spielen würden. Man sei offenbar plötzlich nach zwei Monaten in Opposition "Verfechter des Themas Schwangerschaftsabbruch", wunderte sich etwa Fleischanderl. "Sie hätten in den letzten Jahren bereits viele Möglichkeiten gehabt", konstatierte Kofler und sprach die bis vor kurzem gegebene Regierungsbeteiligung der Öko-Partei an.

Kurze Irritationen hatte es darüber hinaus gegeben, als mehrere Zuschauer im Landtagssitzungssaal Transparente ausrollten, auf denen Abtreibungen scharf kritisiert wurden. Auch Pawlata sorgte kurz für Aufhorchen und etwas Verwunderung, als sie nämlich die männlichen Landtagsabgeordneten direkt ansprach und fragte, was diese eigentlich beim Thema Verhütung in ihren Beziehungen "finanziell und auch sonst" beitragen würden. (APA)

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