Wichtiger Schritt gegen Klimawandel

Verhandlungen über Herzstück des Klimapakets der EU haben begonnen

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© Christoph Soeder

Am Freitag begannen Verhandlungen zwischen dem EU-Parlament und den Staaten über eine Reform des europäischen Emissionshandels sowie einen Fonds, der Verbraucher während der Energiewende unterstützen soll.

Brüssel/Wien – Die EU könnte dieses Wochenende einen großen Schritt im Kampf gegen den Klimawandel gehen. Am Freitag begannen Verhandlungen zwischen dem EU-Parlament und den Staaten über eine Reform des europäischen Emissionshandels sowie einen Fonds, der Verbraucher während der Energiewende unterstützen soll. "Jetzt geht es um alles", sagte der mitverhandelnde Grünen-Abgeordnete Michael Blos. "Wir müssen mehr CO2 einsparen, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten und dafür kämpfen wir."

Ob eine Einigung erzielt werden kann, ist angesichts schwieriger Gespräche jedoch noch offen. "Ein solches Abkommen ist bei weitem nicht garantiert", schrieb der französische Europaabgeordnete Pascal Canfin, der die Gespräche leitet, auf Twitter. Frühestens in der Nacht auf Sonntag wird ein Deal erwartet.

Um Treibhausgase zu verringern, wurde 2005 das sogenannte Emissionshandelssystem (ETS) eingerichtet. Bestimmte Unternehmen müssen dafür zahlen, wenn sie klimaschädliche Gase wie Kohlendioxid (CO2) ausstoßen. Das ist ein starker Anreiz, Emissionen zu vermeiden.

Die EU-Kommission hatte 2021 vorgeschlagen, die Zahl der Verschmutzungsrechte schneller zu verringern und kostenlose Zertifikate für Firmen schrittweise auslaufen zu lassen. Das Parlament und die Staaten sind sich allerdings uneins, wie schnell das geschehen soll. Das Parlament will, dass die Zertifikate 2032 auslaufen – die Staaten drängen auf das Jahr 2035. Von diesem Zeitpunkt an sollen auch Produzenten im Ausland für den Ausstoß von CO2 zahlen, wenn sie ihre Ware in der EU verkaufen wollen – durch einen sogenannten CO2-Grenzausgleich. Auf diesen Mechanismus hatten sich Unterhändler bereits Anfang der Woche im Grundsatz geeinigt.

Klima-Sozialfonds als strittiger Punkt

Der Emissionshandel soll zudem auf das Heizen von Gebäuden und den Verkehr ausgeweitet werden, so dass auch hier für Emissionen gezahlt werden müsste. Das ist allerdings umstritten, Kritiker fürchten höhere Energiekosten für Verbraucher. Daher will das Parlament, dass das ETS zunächst nur für kommerzielle Gebäude und Transport gelten soll, während die Länder es für alle einführen wollen. In Deutschland gilt der Emissionshandel bereits für alle Gebäude und den Verkehr.

Ein weiterer wunder Punkt ist der sogenannte Klima-Sozialfonds, der höhere Kosten für Verbraucher durch die Energiewende – etwa steigende Heizkosten – abfangen soll. Damit sollen Haushalte entlastet und Investitionen, zum Beispiel in effizientere Gebäude, finanziert werden. Der Fonds soll sich etwa durch Einnahmen aus dem Emissionshandel speisen. Die EU-Kommission will einen Fonds von bis zu 144,4 Milliarden Euro bis 2032. Das EU-Parlament spricht sich für rund die Hälfte aus. Die EU-Länder sind für einen noch kleineren Topf von rund 59 Milliarden Euro. Besonders Deutschland hatte für die Verkleinerung plädiert.

Die Projekte sind Teil des "Fit for 55"-Pakets der Europäischen Kommission. Es soll den EU-Ländern dabei helfen, CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden.

Umsetzung von CO2-Grenzausgleichssystem fraglich

Bis zur tatsächlichen Umsetzung eines wirksamen CO2-Grenzausgleichssystems sowie für Exporte müsse Freizuteilung der ETS-Zertifikate unbedingt erhalten bleiben, fordert die Industriellenvereinigung (IV). Es gehe nach der Einigung auf europäischer Ebene zur Einführung eines CO2-Grenzausgleichssystems nun auch um eine entsprechend kompatible Einigung zur Revision des Emissionshandels.

Denn "der bloße Beschluss eines CO2-Grenzausgleichssystems ist noch nicht dessen internationale Durch- und damit wirksame Umsetzung. Daher muss wer A sagt nun auch B sagen – die beiden Regelungen müssen unbedingt Hand in Hand gehen, sonst kommt es zu einer unnötigen Benachteiligung europäischer Unternehmen gegenüber der globalen Konkurrenz", so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung. Beide Punkte hätten überragende Bedeutung für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Industrie, ihrer mittelständischen Zulieferer und für die Arbeitsplätze in diesen Unternehmen.

"Die österreichischen Unternehmen sind aufgrund ihrer Wirtschafts- und Industriestruktur mit einem besonders hohen Anteil an energie- und exportintensiven Unternehmen als Leitbetriebe und zentrale Arbeitgeber von den Beschlüssen auf EU-Ebene besonders betroffen", so Neumayer. "Gerade im Lichte historischer Energiehöchstpreise, wie auch der gravierenden Industrie-politischen Herausforderungen durch den Inflation Reduction Act der USA, sollten zusätzliche Kostenbelastungen und strategische Unsicherheiten für die europäische Industrie durch ein Infragestellen der Freizuteilung im ETS ohne gleichwertige Alternative, jedenfalls vermieden werden." (APA/dpa)