Musk will vielfach kritisierte Sperre von Journalisten-Accounts aufheben
Elon Musk rudert zurück. Nachdem der Milliardär auf dem von ihm gekauften Kurznachrichtendienst Twitter Konten sperren hatte lassen, die über seinen Privatjet getwittert hatten, will er die Sperren wieder aufheben lassen.
San Francisco – Nach massiver internationaler Kritik hat Twitter-Chef Elon Musk die Sperrung von Nutzer-Konten mehrerer US-Journalisten bei dem Kurznachrichtendienst wieder aufgehoben. Der US-Milliardär und Tesla-Gründer begründete dies am Samstag mit dem Ergebnis einer kurzfristigen Umfrage auf Twitter, bei der sich den Angaben zufolge eine Mehrheit von knapp 59 Prozent der Teilnehmer für eine sofortige Freischaltung der kürzlich gesperrten Konten aussprach.
📽 Video | „Wirrwarr bei Twitter“
Twitter hatte zunächst am Mittwoch das Konto @elonjet gesperrt, das automatisch in Echtzeit frei zugängliche Informationen zu Bewegungen von Musks Privatjet wiedergibt. Am Donnerstag wurden dann die Konten mehrerer US-Journalisten gesperrt, die im Zusammenhang mit den Daten berichtet haben sollen. Dies löste Sorgen um die Pressefreiheit auf Twitter aus. Unter anderem die UNO und die EU-Kommission kritisierten das Vorgehen.
Musk beruft sich wieder auf Umfrage
"Das Volk hat gesprochen", twitterte Musk mit Verweis auf die kurzfristige Umfrage auf seinem Netzwerk. Die Accounts, die seinen Standort preisgegeben hätten, würden wieder freigeschaltet. Twitter äußerte sich zunächst nicht weiter dazu. Eine Überprüfung durch die Nachrichtenagentur Reuters ergab, dass die gesperrten Nutzer-Konten von Journalisten wie der New York Times, der Washington Post und des Senders CNN wieder freigeschaltet wurden. Musk hatte ihnen vorgeworfen, den Echtzeit-Standort seines Privatjets geteilt zu haben und damit gegen das Verbot der Weitergabe persönlicher Informationen – "Doxxing" genannt – verstoßen zu haben. Ein solches Verhalten gefährde die Sicherheit seiner Familie.
Musk bezog sich dabei auf die Sperrung des Kontos @elonjet, ein sogenannter Bot-Acccount, der automatisch in Echtzeit frei zugängliche Informationen zu Bewegungen von Musks Privatjet wiedergibt. Er drohte mit rechtlichen Schritten gegen den Betreiber, da sein Sohn von einem "verrückten Stalker" verfolgt worden sei. "Mich den ganzen Tag lang zu kritisieren, ist völlig in Ordnung, aber meinen Standort in Echtzeit zu veröffentlichen und meine Familie zu gefährden, ist es nicht", hatte Musk erklärt. Kritiker von Musk sehen in dem Vorfall dagegen einen neuen Beleg dafür, dass der Milliardär, der Twitter erst vor kurzem gekauft hatte und sich selbst als "Absolutist der freien Meinungsäußerung" bezeichnet, Beiträge und Nutzer, die ihm missfallen, von der Online-Plattform aussperrt.
Kritik und Sorge um Pressefreiheit
Die Sperre der Journalisten-Konten löste international Kritik und Sorgen um die Meinungs- und Pressefreiheit aus. Ein Sprecher der Vereinten Nationen erklärte, die UNO sei sehr beunruhigt über den einseitigen Ausschluss von Journalisten. "Diese Maßnahme ist ein gefährlicher Präzedenzfall in einer Zeit, in der Journalisten auf der ganzen Welt mit Zensur, körperlichen Drohungen und Schlimmerem konfrontiert sind", sagte er am Freitag. Beiträge von Medien sollten nicht auf einer Plattform verstummen, die sich der Meinungsfreiheit verpflichtet fühle.
Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Věra Jourová, nannte die Entwicklung besorgniserregend. Die EU-Gesetzgebung schreibe vor, die Pressefreiheit zu respektieren. Musk müsse sich bewusst sein, dass es rote Linien gebe und zu Sanktionen kommen könne. Die deutsche Regierung sprach von einer wachsenden Sorge und kündigte an, über Konsequenzen nachzudenken. Das Auswärtige Amt erklärte: "Pressefreiheit darf nicht nach Belieben ein- und ausgeschaltet werden." Auch aus Frankreich und Großbritannien kam Kritik.
Tesla-Aktie bricht ein
Den Tesla-Anlegern bereitet die Entwicklung offenbar Sorgen, dass Musk von der Führung des Elektroautobauers in Zeiten globaler Konjunkturschwäche zunehmend abgelenkt sein könnte. Die Tesla-Aktien brachen am Freitagabend um 4,7 Prozent ein und verzeichneten den schwersten Wochenverlust seit dem Börsencrash zu Beginn der Corona-Pandemie im März 2020. (APA, Reuters)