Erste Zeugenaussagen im Terror-Prozess
Der Prozess gegen sechs mutmaßliche Unterstützer des Attentäters von Wien, der am 2. November 2020 in der Wiener Innenstadt vier Passanten getötet und 23 Menschen verletzt hatte, wurde am Dienstag mit den ersten Zeugenbefragungen am Wiener Landesgericht fortgesetzt. Geladen waren ehemalige Mithäftlinge des Sechstangeklagten und Bekannte des Fünftangeklagten.
Der 32-jährige Tschetschene und der 22-jährige Österreicher schilderten ihre Sicht der Dinge dem Richter bereits Anfang Dezember. Dem Ältesten der Angeklagten wird vorgeworfen, den Kauf der beim Anschlag verwendeten Waffen von einem slowenischen Waffenhändler organisiert und diese auch an den Attentäter übergeben zu haben. Den Kontakt zwischen dem 32-jährigen und dem Attentäter soll der 22-Jährige im Wissen um einen geplanten Terroranschlag hergestellt haben.
Als Erster befragt wurde ein ehemaliger Mitinsasse des 22-jährigen Sechstangeklagten. Er habe während ihrer gemeinsamen Zeit in der Justizanstalt zwar öfter mitbekommen, dass der 22-Jährige mit einem illegalen Mobiltelefon telefoniert habe, die Inhalte der Gespräche habe er jedoch nicht mitbekommen. Von einem weiteren Mitinsassen habe er gehört, dass der Angeklagte angerufen worden und gefragt worden sei, ob er eine Waffe besorgen könne. Selbst habe er dazu jedoch keine Wahrnehmung.
Danach befragt wurde ein 34-jähriger Bekannter des Fünftangeklagten, der den 22-jährigen Sechstangeklagten in der Haft kennenlernte. Dass sein Bekannter, der 32-jährige Fünftangeklagte, Waffen zuhause hatte, wusste er. Als ihn der 22-Jährige gefragt habe, wie er an Langwaffen kommen könnte, habe der 34-Jährige den Kontakt zwischen den beiden Angeklagten hergestellt.
Der 22-Jährige habe ihm gesagt, ein "Komplize" brauche mehrere Waffen. Als sich der Zeuge nach dem Grund dafür erkundigt habe, habe dieser nur geantwortet "damit wir bewaffnet sind", und gesagt Muslime müssten bewaffnet seien.
Der spätere Attentäter hat sich dann in einer Textnachricht bei dem Fünftangeklagten erkundigt, ob dieser ihm eine Waffe besorgen könne. Nachdem dieser ihm nicht antwortete beschwerte er sich beim Sechstangeklagten. Dieser wiederum kontaktierte daraufhin den 34-jährigen Zeugen mit den Worten "Er schreibt mein komplizie nicht zurück (sic)". Der Zeuge kontaktierte daraufhin den Fünftangeklagten und fragte nach, weshalb er nicht geantwortet habe. Danach habe er sich aber nicht mehr damit beschäftigt. Ob tatsächlich ein Verkauf von Waffen zustande kam, könne er nicht sagen.
In einer früheren Aussage habe der Zeuge den Sechstangeklagten wie folgt zitiert: "Wenn ich höre, dass jemand den Propheten Mohammed beleidige, muss dieser sterben", hielt ihm die Staatsanwaltschaft vor. Auf die Frage, weshalb man so jemandem helfe an eine Waffe zu gelangen, antwortete er "Ich habe ihn unterschätzt. Ich habe ihn als Kind eingeschätzt".
In der Haft werde aber viel gesprochen, vieles davon sei nicht wahr. Der Sechstangeklagte habe vom späteren Attentäter aber immer als "Bruder" oder "Komplize" und nie als "Freund" gesprochen. Das habe dieser damit begründet, dass er nach demselben Paragrafen verurteilt wurde wie der spätere Attentäter.
Auch ein guter Freund des Fünftangeklagten wurde befragt. Davon, dass er mit Waffen gehandelt habe, wisse er nichts. Über den Islam, Politik oder den IS hätten sie nicht gesprochen.
Ebenfalls befragt wurde ein Arbeitskollege des späteren Attentäters. Den Fünftangeklagten kenne er, "weil er Tschetschene ist" und man sich untereinander kenne. Dass dieser wissentlich einen Anschlag unterstütze, könne er sich nicht vorstellen. Der Attentäter habe sich in den Monaten vor dem Anschlag vor allem optisch verändert. Sein Kleidungsstil sei altmodischer geworden, ansonsten sei ihm nichts aufgefallen.
Abschließend wurde eine Stellungnahme von einem ehemaligen Mitinsassen des Attentäters verlesen, der mittlerweile abgeschoben wurde. Dieser habe sich "gleich mit ihm verstanden, weil wir beide Albaner sind". Der spätere Attentäter habe aber zu ihm gesagt, dass er nicht stolz auf Albanien sei, da dort einmal Christen gelebt hätten. Seine Flagge sei nicht die albanische, sondern die "schwarze", womit die Flagge des IS gemeint sei. Über Waffen habe der Attentäter gesprochen und auch davon, dass er in Syrien kämpfen wolle. Von einem Anschlag in Wien sei nie die Rede gewesen, hieß es in dem verlesenen Statement.
Der Prozess ist bis Februar 2023 anberaumt. Nächster Verhandlungstermin ist der 3. Jänner mit Zeugen zum Erst- und Viertangeklagten. Die Befragungen sollen klären, wie der Attentäter an Munition kommen wollte und ob er in der Planung unterstützt wurde. Bereits am Tag darauf ist die Mutter des Attentäters als Zeugin geladen.