Von der Straße in die Gemeindewohnung: Verein sieht Kommunen gefordert
Michael Hennermann vom Verein für Obdachlose sieht Tirols Kommunen in der Pflicht, damit Menschen ohne Unterkunft rascher geholfen werden kann.
Innsbruck – Die Temperaturen sinken unter den Gefrierpunkt, es schneit, die Böden sind nass – für jene, die auf der Straße leben müssen, ist der Winter eine besonders herausfordernde Zeit. Nur Notschlafstelle um Notschlafstelle aufzusperren, damit diese Phase überbrückt wird, greift für Michael Hennermann zu kurz. Der Geschäftsführer des Vereins für Obdachlose sieht vielmehr Tirols Kommunen in der Pflicht und regt im „Tirol Live“-Interview eine priorisierte Vergabe von Stadt- oder Gemeindewohnungen an Menschen ohne Unterkunft an.
📽️ Video | Michael Hennermann in „Tirol Live”
Wie viele Männer, Frauen, Kinder hierzulande aktuell tatsächlich obdachlos sind, sei in keiner Statistik erfasst, sagt Hennermann. „Dazu gibt es leider keine seriösen Erhebungen, die uns ein realistisches Bild vermitteln würden.“ Die Mitarbeiter in der von ihm geleiteten Einrichtung hätten „aber im Laufe eines Jahres mit mehreren hundert Menschen, die akut auf der Straße stehen, also obdachlos sind, zu tun“.
Noch größer ist laut Hennermann die Zahl jener, die keine eigene Wohnung haben und vorübergehend bei Verwandten, Bekannten oder anderweitig untergebracht sind. Für die, die niemanden haben, gibt es in Tirol mehrere Notschlafstellen. Wegen der derzeitigen Kälte können dort aktuell aber selbst jene, die wollen, nicht immer aufgenommen werden. „Es gibt einfach einen Mangel an Plätzen“, weiß der Geschäftsführer des Vereins für Obdachlose. Deshalb jetzt die verfügbaren Betten aufzustocken, würde jedoch lediglich kurzfristig Entlastung bringen und am eigentlichen Problem nichts ändern. Nachhaltiger sei es, den Menschen ein Dach über dem Kopf zu bieten. Sein Vorschlag: Tirols Dörfer und Städte sollen Gemeindewohnungen bevorzugt an Menschen vergeben, die sonst keine Bleibe finden.
Trotz Schwierigkeiten sei die Versorgung von Obdachlosen hierzulande gut. „Es gibt nur ganz wenige Menschen, die wir mit dem bestehenden Angebot nicht erreichen“, betont Hennermann im Gespräch mit -Redakteurin Verena Langegger. Wer dennoch einen Menschen auf der Straße sehe, um den er oder sie sich Sorgen macht, solle den Betroffenen ansprechen, ihn fragen, ob und wie geholfen werden kann. „Und im besten Fall auf bestehende Einrichtungen verweisen.“ (bfk)