Noch höheres Saisonkontingent soll den Tourismus-Personalmangel dämpfen
Zum Start einer vielversprechenden Wintersaison belastet der Personalmangel die Branche. Das Arbeitsministerium reagiert mit einer Sofortmaßnahme.
Wien ‒ Vorläufige Buchungszahlen deuten zwar auf eine gute Wintersaison hin, der Personalmangel in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft erweist sich aber weiterhin als prekär. Um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken, wird nun als Sofortmaßnahme das Saisonkontingent um weitere 400 Personen erhöht, teilte das Arbeitsministerium am Mittwoch in einer Aussendung mit. Kritik kam von der FPÖ.
„Von dieser Erhöhung profitieren vor allem die tourismusstarken Bundesländer, in denen die Arbeitslosigkeit besonders gering und das heimische Potenzial an Arbeitskräften weitgehend ausgeschöpft ist", so Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) laut Aussendung.
Bereits im Juli seien 1000 zusätzliche Plätze geschaffen worden, wodurch es österreichweit rund 3000 Plätze für Saisoniers im Tourismus gab. Innerhalb eines Jahres sei damit die Zahl der Saisonkontingente fast verdreifacht worden.
„Die neuerliche Erhöhung der Saisonkontingente bezeugt, dass diese Bundesregierung noch immer kein Konzept hat, um den massiven Fachkräftemangel in unserem Land nachhaltig in den Griff zu bekommen", kritisierte FPÖ-Klubobmann-Stellvertreterin und Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch in einer Aussendung. „Jedes Jahr lediglich das Kontingent zu erhöhen, wirkt zwar kurzfristig, löst aber nicht die seit Jahren offensichtlichen Versäumnisse und hilft keinem Tourismusbetrieb, der einerseits Fachkräfte sucht und aber andererseits aufgrund der massiven Teuerungswelle vor allem derzeit ums nackte Überleben kämpft."
Der Fachkräftemangel müsse mit einem ganzheitlichen Konzept und nicht mit kurzfristigen Ad-hoc-Lösungen angegangen werden, forderte die Freiheitliche. Der ÖVP gehe es nur ums Drücken der Lohnkosten.
Buchungspotenzial nicht voll ausgeschöpft
Tourismusstaatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) hofft zwar auf eine gute Wintersaison und spricht auch davon, dass die Buchungszahlen darauf hindeuteten. Allerdings habe sich in den vergangenen Wochen abgezeichnet, dass das vorhandene Buchungspotenzial vor allem in den westlichen Bundesländern wegen des Mitarbeitermangels nicht voll ausgeschöpft werden könne. „Mit der neuerlichen Erhöhung der Saisonierkontingente wird gezielt gegengesteuert", so Kraus-Winkler.
„In der gesamten Tourismus- und Freizeitbranche wird dringend nach Arbeitskräften gesucht", so Robert Seeber, der Bundesspartenobmann für Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer (WKÖ). „Ausländische Mitarbeiter sind hier oft die einzige Möglichkeit, um saisonbedingte Spitzen auszugleichen."
Seeber verwies auch darauf, dass viele Arbeitgeber Maßnahmen setzten, um die Beschäftigung im Tourismus- und Freizeitbereich attraktiver zu gestalten. So soll es gelingen, mehr qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen. Denn trotz der jüngsten Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte und der Überführung der Stammsaisonierregelung ins Dauerrecht fehlten der Branche immer noch zahlreiche Mitarbeiter. Zudem gibt es noch Unklarheiten in der Vollziehung der letzten Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte, die möglichst rasch geklärt werden sollten, so der Wirtschaftskämmerer.
Gerber sieht „ersten wichtigen Schritt"
Tirols Wirtschaftslandesrat Mario Gerber (ÖVP) hatte die Vorgehensweise Kochers als „ersten wichtigen Schritt" für eine „reibungslose Wintersaison" bezeichnet. Es sei ein „wichtiges Signal für die Tourismustreibenden". Zuletzt hatte Gerber aber deutlich mehr Arbeitskräfte aus Drittstaaten gefordert. Vor der nunmehrigen Aufstockung durften in Tirol rund 700 Drittstaatenangehörige arbeiten, seiner Vorstellung nach sollten es aber 1500 sein. Die 700 seien „in Kitzbühel ja schon weg", meinte er. (TT.com/APA)
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