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Netanyahu bildet rechts-religiöse Regierung in Israel

Netanjahu vor neuer Amtszeit als israelischer Premier
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Israels designierter Ministerpräsident Benjamin Netanyahu strebt eine rasche Vereidigung seiner neuen rechts-religiösen Regierung an. Sein Ziel sei es, dies noch in der kommenden Woche zu schaffen, sagte der 73-jährige Vorsitzende der rechtskonservativen Likud-Partei dem Staatspräsidenten Yitzhak Herzog am späten Mittwochabend. Formell muss dies spätestens bis zum 2. Jänner geschehen.

Sieben Wochen nach seinem Sieg bei Israels Parlamentswahl vollendete Netanyahu damit sein Comeback. Für seine Rückkehr an die Macht nach eineinhalb Jahren setzt der frühere Langzeit-Regierungschef auch auf rechtsextreme Kräfte. Seine Reformpläne wecken Sorgen um die Demokratie in Israel. Neben Netanyahus rechtskonservativer Likud-Partei sind künftig das rechtsextreme Religiös-Zionistische Bündnis sowie zwei strengreligiöse Parteien in der Koalition vertreten. Es ist die am weitesten rechts stehende Regierung, die Israel je hatte. Teil des Bündnisses ist auch ein offen homophober Politiker.

Bei seinem Telefongespräch mit Herzog betonte Netanyahu, die neue Regierung werde sich "um alle Bürger Israels kümmern". Herzog wünschte ihm viel Erfolg. Er bekräftigte auch die Notwendigkeit, sich für alle Bevölkerungsgruppen einzusetzen. "Ich hoffe, dass Ihr alle Euch für diese Aufgabe engagieren werdet", sagte Herzog.

Netanyahu machte die Mitteilung wenige Minuten vor Ablauf einer Frist um Mitternacht Ortszeit. Nach seinem Sieg bei Israels Parlamentswahl am 1. November hatte er für die Bildung der Regierung zunächst 28 Tage Zeit gehabt. Diese Frist wurde danach noch einmal um zehn Tage verlängert.

Die neue Regierung will tiefgreifende politische Veränderungen durchsetzen - die Netanyahu auch bei seinem aktuell laufenden Korruptionsprozess in die Hände spielen könnten. Es wurden bereits mehrere umstrittene Gesetzesänderungen in die Wege geleitet, die als Voraussetzung für einen gemeinsamen Koalitionsvertrag gelten.

Die neue Regierung will auch eine sogenannte Überwindungsklausel durchsetzen. Damit könnte eine Mehrheit der Knesset Gesetze verabschieden, auch wenn das Höchste Gericht diese als illegal einstuft. Vor einer Vereidigung der neuen Regierung ist noch eine Gesetzesänderung geplant, die es dem Vorsitzenden der strengreligiösen Shas-Partei, Aryeh Deri, ermöglicht, trotz einer Verurteilung wegen Steuervergehen Innenminister zu werden.

Der rechtskonservative Netanyahu sei ironischerweise wohl der liberalste Politiker in seiner eigenen Regierung, meinte eine Forscherin des Minerva-Zentrums an der Universität Haifa, das sich mit der Lage der Justiz unter extremen Bedingungen befasst.

Netanyahu gibt sich staatsmännisch und versucht, die Sorgen zu zerstreuen. Mit Blick auf seine umstrittenen Koalitionspartner betonte er im Gespräch mit einem US-Rundfunksender, er sei es, der die Richtung der Regierung vorgebe. "Sie schließen sich mir an. Ich schließe mich nicht ihnen an."

Bezalel Smotrich von der rechtsextremen Religiös-Zionistischen Partei gilt auch als glühender Verfechter des Siedlungsausbaus im besetzten Westjordanland. Er selbst wird Finanzminister, seine Partei soll aber künftig auch starken Einfluss auf die Verwaltung des Westjordanlandes erhalten. Smotrich strebt die Legalisierung weiterer israelischer Siedlungen an.

Itamar Ben-Gvir, der wegen Unterstützung einer terroristischen Organisation verurteilt wurde, wird Minister für Nationale Sicherheit. Durch Gesetzesänderungen will er mehr Einfluss auf die Polizei gewinnen. Außerdem soll er für die besonders im Westjordanland aktive Grenzpolizei zuständig sein. Dies bedeute "direkte Kontrolle durch einen Minister, dessen Ideologie eindeutig rassistisch und anti-palästinensisch ist", erklärt Jus-Professor Alexandre Kedar von der Universität Haifa.

Der Anführer der islamistischen Hamas im Gazastreifen, Yehya al-Sinwar, hat der neuen Regierung vorgeworfen, sie strebe einen "religiösen Krieg" an. Er sprach von einer "offenen Konfrontation" und rief die gemäßigtere Palästinenserbehörde von Präsident Mahmoud Abbas im Westjordanland dazu auf, die Sicherheitszusammenarbeit mit Israel zu beenden.

Erster offizieller Gratulant war am Donnerstag der russische Präsident Wladimir Putin. Er habe Netanyahu angerufen und ihm zum Wahlsieg sowie zur Regierungsbildung gratuliert, teilte Netanyahus Büro mit. Die beiden Politiker hätten über weitere Themen gesprochen, vor allem den Ukraine-Krieg. Während seiner früheren Amtszeiten galt das Verhältnis Netanyahus zu Putin als eng. Der israelische Langzeit-Ministerpräsident besuchte Moskau häufig und zeigte sich 2019 sogar auf einem Wahlplakat gemeinsam mit dem Kreml-Chef unter der Überschrift: "Netanyahu - eine andere Liga."

Netanyahus Lager hatte bei der Wahl am 1. November 64 von 120 Sitzen geholt. Es war bereits die fünfte Wahl in Israel binnen dreieinhalb Jahren. In Israels Geschichte war bisher niemand länger im Amt als Netanyahu. Er war von 1996 bis 1999 Ministerpräsident, danach wieder durchgängig von 2009 bis 2021.

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