„Buchbare Autobahn“: Südtirol stellt Studie zu Slot-System auf Brennerachse vor
Die Studie, die vom Innsbrucker Universitätsprofessor und Europarechtsexperten Walter Obwexer erstellt worden war, befasste sich mit der technischen und rechtlichen Umsetzbarkeit eines Slot-Systems.
Bozen, Innsbruck – Eine von der Südtiroler Landesregierung in Auftrag gegebene Studie hat das Ergebnis zur Folge gehabt, dass Umsetzung eines Slot-Systems - also die Buchung von Durchfahrten – auf der Brennerautobahn rechtlich machbar ist. Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) sagte bei der Präsentation am Donnerstag in Bozen, dass das System prinzipiell auf alle Verkehrsteilnehmer angewandt werden könnte, der Schwerverkehr aber im Fokus stehe. Tirol zeigte sich sogleich gesprächsbereit.
Beim Schwerverkehr wären schließlich die meisten Beteiligten an einer planbaren Durchfahrt interessiert und er wäre zudem besser organisiert, argumentierte Kompatscher. Er berichtete, dass er bereits mit den Verantwortlichen der angrenzenden Ländern und der EU-Kommission gesprochen habe. Dabei sei die Idee auf Interesse gestoßen. Das System sollte nämlich großräumig auf der Strecke Rosenheim-Verona zur Anwendung kommen. Nun gelte es, in offizielle Gespräche einzutreten, für die Umsetzung wären nämlich die drei Staaten Deutschland, Österreich und Italien zuständig. Es brauche auch einen völkerrechtlichen Vertrag zwischen den Ländern.
Machbarkeitsstudie präsentiert
„Buchbare Autobahn“: Slot-Studie soll erst der Anfang sein
Technisch und rechtlich umsetzbar
SLOT-System für die Brennerautobahn hängt am Polit-Willen
Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) kündigte nach der Präsentation an, dass man sich „konstruktiv einbringen” wolle. „Der Vorschlag eines weiterentwickelten Dosiersystems ist ein konkreter Vorstoß gegenüber unseren europäischen Partnern, der Europäischen Kommission, aber vor allem auch gegenüber den Nationalstaaten”, sagte er.
Verkehrslandesrat René Zumtobel (SPÖ) zeigte sich über die bestätigte Machbarkeit erfreut: „Mit einem solchen Slot-System ist es möglich, mehr Planbarkeit auf der Straße zu schaffen – ähnlich wie es auf der Schiene bereits der Fall ist. Eine zwischen drei Nachbarstaaten abgestimmte, grenzüberschreitende Lkw-Dosierung hätte die große Chance, mit Unterstützung der EU, zu einem europäischen Leuchtturmprojekt zu werden”. Nun brauche es ein „koordiniertes Vorgehen und die Unterstützung der Nationalstaaten”.
Auch Belastungen für Anrainer würden verringert
Durch das Slot-System könnte, ähnlich wie im Flug-, Schiffs- und Bahnverkehr, auch auf der Brennerautobahn durch die Vergabe von Durchfahrtsrechten der Verkehrsfluss reibungsloser gestaltet werden, sagte Kompatscher weiters. Derzeit bestehen Verkehrsspitzen am Morgen, zu Mittag und am Abend, wobei teilweise die Kapazitätsgrenzen der Struktur überschritten werden. Durch eine bessere Verteilung könnten die Sicherheit und die Planbarkeit der Fahrt verbessert sowie die Belastungen für Umwelt und Anrainer verringert werden.
Die Studie, die vom Innsbrucker Universitätsprofessor und Europarechtsexperten Walter Obwexer erstellt worden war, befasste sich mit der technischen und rechtlichen Umsetzbarkeit. Der Jurist führte aus, dass einige Voraussetzungen eingehalten werden müssten. So müssten die Durchfahrtsrechte für alle Interessierten gleichermaßen zugänglich sein und eine korrekte Verteilung erfolgen. Zudem dürften keine zusätzlichen Gebühren für die Slots eingehoben werden.
Außerdem würden bestehende Fahrverbote, wie etwa ein Nachtfahrverbot oder ein sektorales Verbot, vom System berücksichtigt und damit auch weiter bestehen bleiben, sagte Obwexer. Orientieren würde sich das System zudem an der Kapazitätsobergrenze und würde auch Wetter, Baustellen und Unfälle einrechnen. Mattle und Zumtobel betonten, dass die Tiroler Fahrverbote weiterhin bestehen und nicht aufgeweicht werden. Die Machbarkeitsstudie werde nun auch im Tiroler Landhaus geprüft.
Kritik von Gurgiser
Wenig begeistert vom Slot-System zeigte sich indes Fritz Gurgiser, Obmann des Transitforum Austria-Tirol. In einer Stellungnahme meinte er, dass durch das Slot-System das „intelligente Lkw-Leitsystem” – welches das Transitforum 2018 vorgeschlagen und auf das man sich 2019 zwischen Berlin und Tirol geeinigt hatte –verhindert werde. Zudem sah Gurgiser eine Aushebelung der „über Jahrzehnte bewährten Schutzmaßnahmen von Kufstein bis Brenner”, von denen auch Südtirol durch eine geringere Belastung profitiert habe. Darüber hinaus solle davon abgelenkt werden, dass Südtirol seit mehr als 30 Jahren selbst „keine einzige Schutzmaßnahme auf ihrem Abschnitt der Brennerautobahn” verordnet habe. Die Maut zwischen Brenner und Salurn koste für Lkw immerhin nur 18 Cent pro Kilometer, während sie durch die Schweiz 84 Cent ausmache.
Wie das Land Tirol am Mittwoch nach einem Treffen des überregionalen Verkehrsnetzwerks des Alpenraums „iMONITRAF!” mitteilte, beträgt der Modal Split in der Schweiz im Güterverkehr 72 Prozent auf der Schiene und 28 Prozent auf der Straße. Über den Brenner fuhren 2021 über 2,5 Millionen Lkw bei einem Anteil von 72 Prozent auf der Straße und 28 Prozent auf der Schiene. (APA)