Staat haftet nicht

EuGH-Urteil: Kein Schadenersatz bei Krankheit wegen Luftverschmutzung

Ein Pariser verlangt vom französischen Staat 21 Millionen Euro Schadensersatz, weil die zunehmende Luftverschmutzung ihn in seiner Gesundheit schädige.
© imago/Lena Wurm

Die Luftverschmutzung im Land sei verantwortlich für seine gesundheitlichen Probleme, meint ein Franzose und zieht vor Gericht. Der Staat schulde ihm Schadensersatz, weil er die EU-Richtlinien zur Luftqualität missachtet habe. Der EuGH sieht das anders.

Luxemburg – Wer durch verschmutzte Luft krank geworden ist, kann keinen Schadenersatz vom Staat verlangen. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg. Die europäischen Richtlinien zur Luftqualität verleihen dem Einzelnen keine Rechte, die zu Schadenersatz führen könnten, wie die Richter mitteilten. Die EU-Länder könnten aber unter Umständen nach nationalen Vorschriften haftbar sein. Das schloss der EuGH ausdrücklich nicht aus.

Außerdem erinnerte der EuGH daran, dass Einzelpersonen das Recht haben müssen, von den Behörden Maßnahmen für bessere Luft zu erstreiten. Dazu zählen zum Beispiel Luftreinhaltungspläne oder Diesel-Fahrverbote.

Hintergrund des Urteils war die Klage eines Parisers. Er verlangte vom französischen Staat 21 Millionen Euro Schadenersatz, weil die zunehmende Luftverschmutzung im Pariser Ballungsraum seine Gesundheit geschädigt habe. Seiner Ansicht nach muss der Staat haften, weil er nicht dafür gesorgt habe, dass EU-weite Grenzwerte eingehalten werden. Die Generalanwältin am EuGH teilte in ihren Schlussanträgen vor einigen Monaten diese Meinung.

Oft folgen die Richter den Ansichten der Generalanwälte, diesmal jedoch nicht. Der EuGH verneinte einen Schadenersatzanspruch und argumentierte, dass die Luftqualitätsrichtlinien zwar die EU-Staaten verpflichteten, für saubere Luft zu sorgen. Diese Verpflichtungen dienten jedoch dem allgemeinen Ziel, die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt zu schützen. Einzelnen Bürgern würden dadurch keine Rechte zugewiesen. Daher müsse der Staat seine Bürger auch nicht entschädigen.

Wissenschafter warnen seit Jahren vor den gesundheitlichen Folgen schmutziger Luft. Wer etwa viel Feinstaub einatmet, hat ein erhöhtes Risiko für Herzprobleme, Schlaganfälle und Lungenerkrankungen. 2020 sind nach Angaben der EU-Umweltagentur EAA in der EU rund 240.000 Menschen durch Feinstaubbelastung der Luft in ihrer Umgebung vorzeitig gestorben. Nach dem Willen der EU-Kommission soll der Jahresgrenzwert für Feinstaub, der zu einem großen Teil im Autoverkehr und durch Heizungen entsteht, bis 2030 um mehr als die Hälfte gesenkt werden. (APA/AFP)

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