Frieden durch Fußball über Projekt in südsudanesischem Lager
Fußball wird nur allzu oft mit gewalttätigen Auseinandersetzungen unter Fans bzw. Hooligans in Verbindung gebracht. Dass es genau umgekehrt auch geht, zeigt sich bei dem Projekt "Sports for Peace" der Fachorganisation für Menschen mit Behinderungen, "Licht für die Welt", im Südsudan. In dem ostafrikanischen Staat, seit seiner Gründung 2011 von Bürgerkrieg und ethnischen Konflikten geprägt, hat die Organisation Menschen in einem Flüchtlingscamp durch Sport zueinander gebracht.
Simon Madol lebte bis 2013 mit seiner Familie in Bor City, ein Stück nördlich der Hauptstadt Juba. Als Kampfhandlungen in der Gegend ausbrachen, flüchtete die Familie. Madol wurde zu einem von derzeit rund zwei Millionen südsudanesischen Binnenflüchtlingen. Die Familie lebt seit ihrer Flucht in der Nähe von Juba in einem Camp für Vertriebene. Und dort setzten sich die ethnischen Konflikte fort. "Es gab jede Menge Spannungen. Alles, worum sich die Leute kümmerten, war ihre Volksgruppe, und sie führten eine ganze Menge Kämpfe gegeneinander." Madol verspürte das eines Abends am eigenen Leib. "Wenn du einen Verwandten oder jemanden von deiner Volksgruppe hattest, der in einen Kampf geriet, konntest du nicht neutral bleiben und musstest teilnehmen", schilderte Madol.
2014 startete "Licht für die Welt" sein Projekt in dem Camp. "Die Vertreter der Organisation sagten, sie würden gern ein Fußballmatch organisieren, und sie wollten, dass wir spielen. Aber sie sagten, dass wir alle in einem Team spielen müssten. Sie gaben uns gleichfarbige Leiberln. Wir spielten als Team, egal von welcher Volksgruppe, alle mit demselben Ziel. Und wenn einer traf, feierten wir alle, sogar mit denen, gegen die wir vor ein paar Monaten gekämpft hatten", erzählte Madol. Die Fußballspiele - egal ob Sieg oder Niederlage - wirkten sich auf andere Lebensbereiche im Lager aus: "Wir beschützten das Camp, blieben nach unseren Matches lang auf und passten auf die Bevölkerung auf und versuchten Spannungen unter den Menschen zu vermeiden", sagte Madol. Er und das Team halfen auch Menschen mit Behinderungen, indem sie Güter und Wasser besorgten oder, wo notwendig, für Sicherheit sorgten.
Simon Madols Geschichte ging weiter: 2014 besuchte eine Mediendelegation aus den Niederlanden das Camp. "Ich wurde gebeten zu übersetzen, als sie ein Fußballspiel besuchten, und einer der Gruppe entschied sich, meine Ausbildung zu sponsern. Jetzt bin ich in meinem dritten Jahr an der Universität. 2019 lud mich 'Licht für die Welt' ein, eine Ausbildung zum Inklusionsberater zu machen, und da begann ich mehr über Behinderung und Inklusion zu lernen."
Eines der Erkenntnisse war, dass Menschen mit Behinderungen genauso Sport benötigen wie Menschen ohne. Simon Madol wurde Cheftrainer des Blinden-Fußballteams. Einer seiner Spieler wurde im Lager sehbehindert, war zuvor aber Spieler in der dritten Liga. "Er glaubte, dass er nie wieder Fußball spielen kann. Dann fand er allerdings Hoffnung und Selbstvertrauen wieder durch den Blindenfußball. Und als er zu uns kam, begannen sich seine alten Teamkameraden ebenfalls für Blindenfußball zu interessieren." 25 Spieler trainieren mittlerweile jede Woche, sehbehindert oder nicht, aber alle mit verbundenen Augen.
Einer von Madols Fußballern ist Jimmy, vor zehn Jahren erblindet: Das Blindenfußballteam hat sein Leben verändert. "Ich wollte mir das Leben nehmen. Es ist nicht einfach, im Südsudan blind zu sein," erzählte er. Das ist nun vorbei: " Unser Ziel ist es, bei den Paralympics zu spielen. Fußball bringt Menschen zusammen! Ich liebe meine Teamkollegen, sie kommen aus den verschiedensten Ecken des Südsudans."
Neben den Fußballern unterstützt "Sports for Peace" auch Rollstuhlbasketballerinnen und -basketballer. Außerdem haben die Mitarbeiter von "Licht für die Welt" ein Team mit gehörlosen Volleyballern gegründet.