Trump als Hauptverantwortlicher

Abschlussbericht zum Sturm auf US-Kapitol veröffentlicht, Amtsverbot für Trump empfohlen

Der Untersuchungsausschuss nennt den früheren US-Präsidenten Donald Trump als Hauptverantwortlichen.
© JIM LO SCALZO

Fast 18 Monate lang arbeitete ein Untersuchungsausschuss die Geschehnisse rund um den Sturm auf das US-Kapitol im Januar 2021 auf. Der nun vorgelegte Abschlussbericht macht einen einzelnen Mann zum Hauptverantwortlichen des beispiellosen Angriffs.

Washington – Der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das US-Kapitol rät in seinem Abschlussbericht, Donald Trump von einer weiteren Präsidentschaft auszuschließen. Der Vorschlag ist eine von insgesamt elf Empfehlungen in dem am Donnerstagabend (Ortszeit) veröffentlichten Bericht der Gremiums, der zuvor bereits eine strafrechtliche Verfolgung Trumps empfohlen hatte. "Die zentrale Ursache des 6. Jänner war ein Mann, der ehemalige Präsident Donald Trump", heißt es in dem Bericht.

Jemand, der einen Eid auf die Verfassung geschworen habe, sich dann aber an einem Aufstand gegen diese Verfassung beteiligt oder Feinde der Verfassung unterstützt habe, könne laut 14. Verfassungszusatz künftig von der Ausübung eines öffentlichen Amtes ausgeschlossen werden, schreiben die Parlamentarier.

Der Ausschuss ruft den Kongress daher auf, Mechanismen zu schaffen, um zu prüfen, ob die in dem Abschlussbericht genannten Personen gemäß der Verfassung von der Ausübung öffentlicher Ämter auf Bundesstaats- oder Staatsebene ausgeschlossen werden können. Trump hatte Mitte November angekündigt, bei der Präsidentenwahl 2024 erneut als Kandidat der Republikaner antreten zu wollen.

Trump ortet "Hexenjagd"

Trump wies den Bericht auf Truth Social erneut als parteiisch zurück und beharrte auf der Falschbehauptung, es habe Wahlbetrug gegeben. Das Ganze sei eine "Hexenjagd".

"Die Arbeit des Untersuchungsausschusses unterstreicht, dass unsere demokratischen Institutionen nur so stark sind wie das Engagement derjenigen, die mit deren Aufsicht betraut sind", schrieb die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in einem Vorwort zu dem 800 Seiten starken Bericht. Dessen Ergebnisse müssten ein Aufruf an alle US-Amerikaner sein, "unsere Demokratie wachsam zu bewahren und unsere Stimme nur denjenigen zu geben, die unsere Verfassung pflichtbewusst verteidigen".

Zeugin berichtet von Druck aus Trumps Umfeld

Eine ehemalige Mitarbeiterin des Weißen Hauses warf indes dem Umfeld von Ex-US-Präsident Donald Trump vor, sie vor ihrer Aussage vor dem Untersuchungsausschuss zur Kapitol-Attacke unter Druck gesetzt haben. Das Gremium veröffentlichte am Donnerstag (Ortszeit) Mitschriften von Cassidy Hutchinsons Aussagen vor dem Ausschuss. Hutchinson war im Sommer als spektakuläre Überraschungszeugin bei einer öffentlichen Anhörung des Gremiums aufgetreten.

Aus den Mitschriften ihrer Aussagen hinter verschlossenen Türen geht nun hervor, dass Trumps Team versucht haben soll, sie zu beeinflussen. Hutchinson sagte im Sommer unter anderem öffentlich aus, dass Trump sich im Voraus über mögliche Gewalt am 6. Jänner 2021 im Klaren gewesen sei. Sie schilderte außerdem detailreich die Ereignisse an diesem Tag im Weißen Haus. Trump wies die Vorwürfe zurück und beleidigte Hutchinson öffentlich. Ihre Aussage war eine der aufsehenerregendsten Zeugenaussagen während der öffentlichen Anhörungen.

Hutchinson hat den nun veröffentlichten Mitschriften zufolge dem Gremium im September geschildert, dass Trumps Umfeld ihr Jobs und finanzielle Unterstützung angeboten habe – auch für hohe Anwaltskosten. Gleichzeitig sei sie dazu gedrängt worden, ihre Rolle im Weißen Haus herunterzuspielen und loyal zu bleiben. „Je weniger Sie sich erinnern, desto besser", soll ein Trump-Vertrauter ihr gesagt haben. Hutchinson arbeitete für den damaligen Stabschef des Weißen Hauses, Mark Meadows. „Sie werden mein Leben ruinieren, Mom, wenn ich etwas tue, was sie nicht wollen", hatte Hutchinson laut Mitschrift eigenen Angaben zufolge ihrer Mutter gesagt.

Fünf Menschen starben

Am 6. Jänner 2021 hatten Anhänger Trumps den Sitz des US-Kongresses gestürmt, in dem die Wahlniederlage des Republikaners gegen Joe Biden beglaubigt werden sollte. Eine von Trump aufgestachelte Menge drang gewaltsam in das Gebäude ein, fünf Menschen starben.

In dem Bericht werden zwar auch Versäumnisse der Sicherheitsdienste genannt. Sicherheitsmängel seien aber nicht die Ursache des Angriffs gewesen. "Dass der Präsident der Vereinigten Staaten einen Mob anstiftet, auf das Kapitol zu marschieren und die Arbeit des Kongresses zu behindern, ist kein Szenario, das sich unsere Nachrichtendienste und Strafverfolgungsbehörden für dieses Land vorgestellt haben", schrieb der demokratische Ausschussvorsitzende Bennie Thompson.

Der Ausschuss hatte 18 Monate lang den Vorfall untersucht. Das Gremium inszenierte die öffentlichen Anhörungen als TV-Spektakel, das von vielen Menschen verfolgt wurde. Trumps Republikaner übten scharfe Kritik an dem Ausschuss, auch Ex-Vizepräsident Mike Pence ging auf Distanz zu ihm.

Bei seiner letzten öffentlichen Anhörung empfahl der Ausschuss dem Justizministerium am Montag einstimmig, strafrechtliche Schritte gegen Trump und andere Beteiligte einzuleiten. Ob und wann es dazu kommt, ist offen, denn die Entscheidung ist rechtlich nicht bindend. Dennoch ist der Schritt ein deutliches Signal, und eine Strafverfolgung Trumps ist wahrscheinlicher geworden.

Schwere Anschuldigungen gegen Ex-Präsidenten

Die Anschuldigungen gegen den Ex-Präsidenten wiegen schwer: Das Gremium wirft ihm unter anderem vor, die Menge zum Aufruhr angestiftet zu haben. Vorgeworfen werden Trump und weiteren Beteiligten wie seinem ehemaligen Rechtsberater John Eastman auch die Behinderung eines öffentlichen Verfahrens, Verschwörung gegen die US-Regierung und Falschbehauptung gegenüber dem Staat.

Trump selbst wehrt sich seit jeher gegen die Anschuldigungen und wetterte mehrfach gegen die Arbeit des Komitees. Jegliche Vorwürfe tat er als politisch motiviert ab. Nach der Anhörung am Montag griff der Ex-Präsident erneut den Ausschuss an und wiederholte seine Lüge vom Wahlbetrug.

Das Justizministerium muss nun prüfen, ob es genügend Beweise für die weiteren Schritte gegen den Republikaner hat: Am Ende könnte Trump angeklagt werden. Der seltene Straftatbestand Aufruhr ist dabei der schwerwiegendste: Er ist dem US-Gesetz zufolge erfüllt, wenn zum Aufstand gegen die Autorität des Staates oder der Gesetze angestiftet oder sich daran beteiligt wird. Dies wird mit einer Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zehn Jahren oder mit beidem bestraft. Sollte Trump wegen Aufruhrs verurteilt werden, dürfte er kein politisches Amt mehr ausüben. (APA, dpa)

🔗 Mehr zum Thema:

undefined

Trump soll vor Gericht

Der Präsident als Anführer des Mobs: Wie es nach dem Kapitol-Ausschuss weitergeht

undefined

Nach Jahrelangem Widerstand

Kongressausschuss für Veröffentlichung der Steuerunterlagen Trumps