Impfplan 2023: Gesundheitsministerium warnt vor Influenza und zu wenig Schutz vor Masern
Die Durchimpfungsraten sind während der Pandemie zurückgegangen. Masern-Mumps-Röteln könnten dadurch wieder verstärkt auftauchen.
Wien – Die SARS-CoV-2-Pandemie bleibt. Das sollte aber nicht den Blick auf andere per Impfung verhütbare Erkrankungen verdecken. Jetzt ist der "Impfplan Österreich 2023" des Gesundheitsministeriums erschienen. Gewarnt wird insbesondere vor der Influenza und weniger Masern-Impfschutz bei Kindern. Letzteres kann sich mit etwas Verzögerung erneut als Risiko erweisen.
Wie jedes Jahr hat ein breites Expertengremium im österreichischen Impfplan Stand und Empfehlungen zu den Immunisierungen zusammengefasst. Das aktuelle Papier, das am Dienstag (20. Dezember) herausgekommen ist, fasst in den Vorbemerkungen die aktuelle Situation in Österreich zusammen: "Die derzeitige pandemische Situation in Österreich erfordert eine Erhöhung der Covid-19-Durchimpfungsraten, so dass möglichst viele Menschen Covid-19-Impfungen gemäß den gültigen Empfehlungen erhalten. Zusätzlich dürfen andere Impfungen nicht vernachlässigt werden. So sind vor allem Anstrengungen zur Reduktion des Erkrankungsrisikos an Keuchhusten, Masern und auch Influenza weiter notwendig."
Doppelinfektionen nicht auszuschließen
Derzeit ist die Influenza-Welle bereits voll im Gang. Weiterhin kann man sich aber impfen lassen, um in zehn bis 14 Tagen geschützt zu sein. Der österreichische Impfplan: "In der Saison 2022/23 wurde die Grippewelle mit 29. November 2022 vergleichsweise früh ausgerufen. Es ist anzunehmen, dass es zu einer weiteren Co-Zirkulation mit SARS-CoV-2 kommt. Bei möglicher gleichzeitiger Zirkulation von Influenzaviren und SARS-CoV-2 ist eine Doppelinfektion bzw. sequenzielle Infektion nicht auszuschließen (schwere Verläufe vor allem bei Risikogruppen möglich). Es ist anzunehmen, dass Influenza das Risiko für eine schwere Covid-19-Verlaufsform erhöht und umgekehrt. Die Influenza-Impfung ist weiters wichtig, um Hospitalisierungen wegen Influenza zu vermeiden. Säuglinge, Kleinkinder, Schwangere, chronisch Kranke und ältere Menschen ab 60 Jahren sind für schwere Verläufe besonders gefährdet: Mehr als 60 Prozent aller Influenza-assoziierten Hospitalisierungen und rund 90 Prozent der Todesfälle fallen in die Altersgruppen der Kinder und Älteren."
Die Impfung ist ab dem vollendeten sechsten Lebensmonat empfohlen und steht in dieser Influenza-Saison (2022/2023) im kostenfreien Kinderimpfprogramm zur Verfügung. Für kommendes Jahr (2023/2024) ist auch noch ein österreichweites niederschwelliges Impfprogramm gegen die Virus-Grippe für Erwachsene vorgesehen. Es gibt eine generelle Impfempfehlung für alle Menschen, "vorrangig für Personen ab dem vollendeten 60. Lebensjahr, chronisch Kranke, Personengruppen mit anderen Risikofaktoren sowie Personal im Gesundheitswesen und in der Altenpflege."
Jährliche Masernausbrüche
Anhaltend schwierig sieht die Situation rund um die Masern aus (MMR-Impfung; Masern, Mumps, Röteln). "Seit dem Masernausbruch im Jahr 2008 mit 443 Fällen war Österreich bis 2020 jährlich mit Ausbrüchen vor allem in der Altersgruppe der 15- bis 40-Jährigen (mit einem hohen Anteil an Gesundheitspersonal) gefolgt von den weniger als Fünfjährigen konfrontiert (...). Im Jahr 2020 wurden in Österreich lediglich 25 Fälle von Masern gemeldet, im Jahr 2021 zwei Fälle. Damit sind die Zahlen im Vergleich zu den Vorjahren stark gesunken", heißt es im "Impfplan Österreich 2023".
Dies sei aber im Lichte der Covid-19-Lockdowns zu sehen. Sie haben offenbar die Verbreitung aller via Mensch-zu-Mensch-Kontakten übertragbaren Viren eingeschränkt. Das bleibt aber nicht so. Laut dem aktualisierten Impfplan "kam es seit der Pandemie auch in Österreich zu einem Rückgang der MMR-Impfraten insbesondere bei Kindern unter einem Jahr. Um Impflücken zu schließen und erneute große Masernausbrüche zu verhindern", sei eine Steigerung der Durchimpfungsraten dringend erforderlich und hätte hohe Priorität.
Masernimpfungen 2021 stark zurückgegangen
In einem "Kurzbericht Masern 2021" des Gesundheitsministeriums haben Fachleute dazu geschrieben: "Bei der Betrachtung der Durchimpfungsraten für Masern konnte für das Jahr 2021 ein leicht schlechteres Bild beobachtet werden als für das Vorjahr. Die Zahl der dokumentierten Impfungen ist zwar nur um fast fünf Prozent zurückgegangen. Dieser Rückgang wirkt sich jedoch vor allem auf die Durchimpfungsraten der ganz kleinen Kinder aus. (...) Hatten im Jahr 2020 bereits über 95 Prozent dieser Kinder die erste Teilimpfung und 88 Prozent die zweite Teilimpfung erhalten, liegt die Durchimpfungsrate der Zweijährigen im Jahr 2021 nur bei 84 Prozent für die erste Teilimpfung und bei 74 Prozent für die zweite Teilimpfung."
Dieser Trend hätte sich bereits im Jahr 2020 gezeigt, als die damals Einjährigen deutlich schlechter gegen Masern, Mumps und Röteln geimpft gewesen seien als die Einjährigen im Jahr davor. 2021 konnte der dort entstandene Impfrückstand also nicht aufgeholt werden. In der Altersgruppe der Zwei- bis Fünfjährigen konnte das Ziel einer 95-prozentigen Durchimpfungsrate zumindest bei der ersten Impfdosis erreicht werden. "Bei der zweiten Impfung fiel die Durchimpfungsrate leicht von 90 Prozent auf 88 Prozent. Konkret heißt das, dass rund 25.000 Kinder in dieser Altersgruppe nur die erste Teilimpfung erhalten haben. In der Altersgruppe der Sechs- bis Neunjährigen liegen die Durchimpfungsraten für die erste Dosis ebenfalls jenseits von 95 Prozent, für die zweite Dosis jedoch nur bei knapp 90 Prozent. Somit haben, etwas mehr als 31.000 Kinder in Österreich nur die erste und noch nicht die zweite Teilimpfung erhalten", so der "Kurzbericht Masern 2021".
Einen Fortschritt im österreichischen Impfwesen hat es jedenfalls in diesem zu Ende gehenden Jahr gegeben: bei der HPV-Impfung (Human Papilloma Virus/Gebärmutterhalskrebs etc.). "Ende 2022 ist es unter Bundesminister Johannes Rauch (Grüne; Anm.) gelungen, die Bereitstellung der HPV-Impfung im kostenfreien Impfprogramm ab Februar 2023 bis zum vollendeten 21. Lebensjahr auszuweiten." Dies sollte dazu beitragen, jährlich mehrere hundert Fälle von Krebserkrankungen zu verhindern und die WHO- sowie die EU-Ziele auf diesem Gebiet zu erreichen bzw. umzusetzen. (APA)
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