Krieg in der Ukraine

Selenskyj: „2023 wird entscheidendes Jahr” für die Ukraine

Wolodymyr Selenskyj setzte seine Landsleute auch über seine Unterredung mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni in Kenntnis.
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Der ukrainische Präsident Selenskyj kündigt seine Rede zur Lage der Nation als Dialog an. Aus der südukrainischen Stadt Cherson werden neue russische Angriffe gemeldet.

Kiew (Kyjiw) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet im kommenden Jahr eine Entscheidung im Verteidigungskrieg gegen Russland. „Wir werden weiterhin die Streitkräfte und die Sicherheit der Ukraine für nächstes Jahr vorbereiten. Es ist ein entscheidendes Jahr”, sagte Selenskyj am Dienstagabend nach Beratungen mit der Militärführung. „Wir begreifen die Risiken des Winters. Wir verstehen, was im Frühjahr getan werden muss”, fügte er hinzu. Aus der südukrainischen Stadt Cherson werden neue russische Angriffe gemeldet.

Selenskyj berichtete weiters über sein Treffen mit dem Generalstab. Dabei sei die Lage im ostukrainischen Donbass und speziell um die Kleinstädte Kreminna und Bachmut besprochen worden. Die Industriestadt Bachmut im Norden des Gebiets Donezk ist seit Monaten umkämpft. Vor Kreminna, einer Kleinstadt nördlich davon im Gebiet Luhansk, hat sich die Lage jüngst zugespitzt. Beide Seiten kämpfen dort um die Initiative. Am Vortag hatte er die Lage an der Front im Donbass als „schmerzhaft und schwierig” charakterisiert.

Selenskyj sprach mit italienischer Regierungschefin

Der Präsident setzte seine Landsleute auch über seine Unterredung mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni in Kenntnis. Seinen Angaben nach prüft Rom derzeit die Lieferung von Flugabwehrsystemen für die Ukraine. „Ich glaube, dass die italienische Unterstützung es uns ermöglichen wird, die Verteidigung des ukrainischen Luftraums zu stärken”, sagte Selenskyj.

Nach dem Sieg des Rechtsbündnisses in Italien im Herbst wurde darüber spekuliert, ob das Land seine Unterstützung für die Ukraine einstellen würde. Der Koalition gehört die Partei Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi an, der einer der engsten Verbündeten von Kremlchef Wladimir Putin im Westen war. Meloni hat klar gemacht, dass sie an der Unterstützung der Ukraine festhalten will. Wie ihr Büro nach dem Gespräch mit Selenskyj mitteilte, lud sie den ukrainischen Präsidenten auch zu einem Besuch nach Italien ein. Selenskyj hatte die Ukraine in der Vorwoche erstmals seit Kriegsausbruch verlassen und die US-Hauptstadt Washington besucht.

Der ukrainische Präsident kündigte in seiner täglichen Videoansprache auch an, dass er im Parlament seine jährliche Rede zur Lage der Nation halten werde. „Ich möchte, dass diese Botschaft kein Bericht ist, sondern unser Dialog mit Ihnen über das kommende Jahr”, sagte der 44-Jährige. Es gehe darum, die Aufgaben für die Zukunft zu formulieren. Die Rede wird noch vor dem Jahreswechsel erwartet. Ein genaues Datum nannte Selenskyj nicht. Im Vorjahr hatt er die Rede vor den Abgeordneten der Werchowna Rada am 1. Dezember gehalten, knapp drei Monate vor dem Beginn der russischen Aggression gegen sein Land.

Cherson unter massivem Raketenbeschuss

Aus der südukrainischen Stadt Cherson werden neue russische Angriffe gemeldet. Die russischen Streitkräfte hätten dort in den 24 Stunden bis Mittwochfrüh 33 Raketen auf zivile Ziele abgefeuert, teilt der ukrainische Generalstab mit. Zudem seien bewohnte Gebiete am rechten Ufer des Flusses Dnipro nahe der im vergangenen Monat von der ukrainischen Armee zurückeroberten Regionalhauptstadt mit Mörsern und Artillerie beschossen worden.

An der Front im Osten der Ukraine tobten die schwersten Kämpfe weiter um die Stadt Bachmut, die seit Monaten massiv von russischen Truppen angegriffen wird, sowie weiter nördlich in den Städten Swatowe und Kreminna. Hier versuchen die ukrainischen Streitkräfte russische Stellungen zu durchbrechen. Der Frontverlauf habe sich kaum verändert, aber der russische Druck habe sich erhöht, weil Russland zusätzliche Panzer, gepanzerte Fahrzeuge und Soldaten in die Kampfgebiete verlegt habe, sagt der ukrainische Militäranalyst Oleh Schdanow. (APA/Reuters)