Papst bittet um Gebete für Benedikt XVI.: „Er ist sehr krank“
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist nach Auskunft seines Nachfolgers Franziskus „sehr krank“. Der aktuelle Pontifex bat am Mittwoch zum Ende der Generalaudienz im Vatikan die Gläubigen um ein „spezielles Gebet“ für den 95-jährigen Benedikt.
Vatikanstadt – Der Gesundheitszustand des emeritierten Papstes Benedikt XVI. hat große Besorgnis ausgelöst. Papst Franziskus rief am Mittwochvormittag bei der Generalaudienz zum Gebet für seinen Vorgänger auf. "Ich möchte Sie alle um ein besonderes Gebet für den emeritierten Papst Benedikt bitten, der in der Stille die Kirche unterstützt", sagte Franziskus. "Schließen wir uns alle diesem Gebet an!", twitterte Kardinal Christoph Schönborn laut Kathpress.
Er erinnerte daran, dass der deutsche Papst "unserem Land und unserer Kirche von Kindheit an sehr verbunden" sei. Papst Franziskus bekräftigte am Mittwochnachmittag seine Bitte um Gebete in einem Tweet. "Beten wir gemeinsam für den emeritierten Papst Benedikt XVI., der in der Stille weiterhin für die Kirche betet. Wir bitten den Herrn, ihn in diesem Zeugnis der Liebe zur Kirche bis zum Ende zu trösten und zu unterstützen", so Franziskus.
"In den letzten Stunden ist eine Verschlechterung von Benedikts Gesundheitszustand aufgrund des fortschreitenden Alters eingetreten. Die Situation bleibt derzeit unter Kontrolle und wird von Ärzten ständig überwacht", hatte zuvor Papst-Sprecher Matteo Bruni vor Journalisten mitgeteilt. Im Anschluss an die Generalaudienz habe sich Papst Franziskus zum Kloster Mater Ecclesiae begeben, um den 95-jährigen Benedikt XVI. zu besuchen.
Atemprobleme seit Zeit kurz vor Weihnachten
Der Zustand des emeritierten Papstes hatte sich bereits in den Tagen vor Weihnachten verschlechtert, als er vor allem unter "Atemproblemen" zu leiden begann, verlautete es aus dem Vatikan. Benedikt XVI. verbrachte die Weihnachtsfeierlichkeiten im Kloster Mater Ecclesiae, wo in der kleinen Kapelle eine Hausmesse für ihn abgehalten wurde.
Auch die katholischen Bischöfe in Deutschland riefen laut Kathpress zum Gebet für den aus dem oberbayrischen Marktl am Inn stammenden Ex-Papst auf. "Meine Gedanken sind beim emeritierten Papst. Ich rufe die Gläubigen in Deutschland auf, für Benedikt XVI. zu beten", sagte demnach der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Limburgs Bischof Georg Bätzing, am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur.
📽️ Video | Vospernik (ORF) zum Gesundheitszustand von Benedikt
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wünschte Benedikt XVI. "gute Genesung". "Seine Gedanken sind bei ihm", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann laut Kathpress am Mittwoch in Berlin.
"Großer Mann": Papst lobt Vorgänger
Benedikt XVI. lebt seit seinem überraschenden Abtritt im Februar 2013 in einem Kloster im Vatikan. "Ich besuche ihn oft und bin von seinem klaren Blick erbaut. Er lebt in Kontemplation. (...) Er hat einen guten Sinn für Humor, er ist klar, sehr lebendig, er spricht leise, aber er folgt dem Gespräch. Ich bewundere seine Klarheit. Er ist ein großer Mann", berichtete Franziskus nach einem Besuch in einem Interview mit der spanischen Tageszeitung "ABC" am 18. Dezember.
Kardinal Gerhard Ludwig Müller hatte Benedikt am Montag als immer noch geistig fit bezeichnet. "Ich meine, dass es ihm trotz der Gebrechen des Alters von nunmehr 95 Jahren gut geht. Er ist bei wachem Verstand und geistig bereit, jederzeit vor seinen göttlichen Richter zu treten", sagte Müller. Damit gebe Benedikt - mit bürgerlichem Namen Joseph Ratzinger - ein Beispiel frohen Gottvertrauens, das er jedem Menschen wünsche.
Missbrauchsskandal überschattet Ratzingers Tätigkeit
Ratzinger war schon immer eine kontroverse Persönlichkeit. Er wurde von liberalen Katholiken kritisiert und von konservativen verehrt. Im Mittelpunkt der Debatte steht dabei vor allem die Rolle Ratzingers im scheinbar nie enden wollenden Missbrauchsskandal seiner Kirche.
Wenn es nach dem Vatikan geht, hat sich Benedikt XVI. in der Kirchengeschichte einen Platz als entschiedener Aufklärer des sexuellen Kindesmissbrauchs gesichert. Dieses Bild wurde durch das im vergangenen Jänner veröffentlichte Münchner Missbrauchsgutachten erschüttert.
Die Kritik wurde umso schärfer, weil der emeritierte Papst in einer Stellungnahme zu dem Gutachten falsche Angaben gemacht hatte. Was für viele wie eine bewusste Falschdarstellung zum Selbstschutz wirkte, erklärten Benedikt und seine Berater zu einem erklärbaren Fehler – um in Person seines Privatsekretärs Georg Gänswein dann nachzulegen, es laufe in Deutschland einmal mehr eine Kampagne gegen Benedikt.
Der am 16. April 1927 geborene Ratzinger war vom 19. April 2005 bis zu seinem Rücktritt am 28. Februar 2013 der 265. Papst der römisch-katholischen Kirche. Zuvor war Ratzinger über 23 Jahre lang Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation und von 1977 bis 1982 Erzbischof von München-Freising. (APA, dpa, TT.com)