Vergewaltiger in Pakistan nach Einigung über Heirat mit Opfer frei
Ein 25-Jähriger vergewaltigte und schwängerte eine gehörlose Frau aus seinem erweiterten Familienkreis. Nun soll der Verurteilte eingewilligt haben, die Frau zu heiraten. So soll er der Haft entgehen.
Neu-Delhi – Ein Gericht in Pakistan hat einen verurteilten Vergewaltiger laut seinem Anwalt nach einer Einigung über eine Eheschließung mit dem Opfer freigelassen. Opfer und Täter seien aus demselben erweiterten Familienkreis, sagte Anwalt Amjad Ali am Mittwoch. Die Angehörigen hätten sich ausgesöhnt, nachdem eine außergerichtliche Einigung über die Heirat mithilfe eines traditionellen Älterenrats erreicht worden sei. Menschenrechtsaktivisten zeigten sich schockiert.
Der 25-jährige Täter war festgenommen worden, nachdem sein Opfer ein Baby zur Welt gebracht und ein Test ihn als biologischen Vater ausgewiesen hatte. Im Mai war er von einem Gericht im Nordwesten des Landes wegen der Vergewaltigung der gehörlosen Frau zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Oberste Gericht der örtlichen Provinz akzeptierte nun das Abkommen mit der Familie des Vergewaltigungsopfers, so dass der Mann am Montag freikam.
Aktivistin: Gericht billigt damit Vergewaltigungen
Im Kern billige das Gericht damit Vergewaltigungen, sagte die Anwältin und Menschenrechtsaktivistin Imaan Sainab Masari-Hasir der AFP. "Es geht gegen die Grundprinzipien der Gerechtigkeit und gegen das Gesetz des Landes, das eine solche Regelung nicht anerkennt." Auch die pakistanische Menschenrechtskommission zeigte sich empört.
Vergewaltiger werden in Pakistan nur selten verurteilt. Nach Angaben der Hilfsorganisation Asma Jahangir Legal Aid Cell gibt es in weniger als drei Prozent der Fälle, die vor Gericht kommen, Verurteilungen. Außerdem werden Vergewaltigungen wegen des damit verbundenen sozialen Stigmas nur selten zur Anzeige gebracht. Versäumnisse bei Ermittlungen sowie außergerichtliche Einigungen tun ihr Übriges.
Im ländlichen Pakistan umgehen "Jirga" or "Panchayat" genannte lokale Ältestenräte das Justizsystem. Ihre Entscheidungen haben aber keine rechtliche Gültigkeit. (APA, AFP)