Tiroler Festspiele Erl

„Francesca da Rimini“: Ein Festmahl für Trüffelsucher

Etwas überfordert und zu charmant fürs große Leiden: Anna Nekhames als Francesca da Rimini.
© Xiomara Bender

Saverio Mercadantes Oper „Francesca da Rimini“ kam, gut 200 Jahre nach ihrer Entstehung, in Erl zur österreichischen Erstaufführung.

Erl – In Frankfurt am Main, da steht ein Opernhaus, das regelmäßig von der Fachzeitschrift Opernwelt ausgezeichnet wird. Intendant ist seit vielen Jahren Bernd Loebe, der sich inzwischen auch noch die Tiroler Festspiele Erl vorgeknöpft hat, um dort im Sommer vor allem Wagner, im Winter jedoch gerne Raritäten auf den Spielplan zu setzen. Mit Saverio Mercadantes „Francesca da Rimini“ bietet Erl nun eine Premiere, die erst später nach Frankfurt kommt, Tirol hat gleichsam das Recht der ersten Nacht – ein Coup, der allerdings mit der Corona-Zeit zu tun hat. Eigentlich wäre die wilde Geschichte vom Main an den Inn gewandert ...

Mercadante, Zentralgestirn der so genannten Neapolitanischen Schule, vertonte eine Episode von Dantes „Göttlicher Komödie“: Francesca wird aus machttaktischen Gründen dem hässlichen Lanciotto versprochen. Damit sie einwilligt, zeigt man ihr vor der Hochzeit dessen hübschen Bruder Paolo. Man ahnt es: Die beiden verlieben sich und müssen final ihr Leben lassen.

Viele Opernliebhaber kennen und schätzen Riccardo Zandonais 100 Jahre alte Oper über diesen Stoff. Mercadantes Version entstand 1831, wurde jedoch erst 2016 in Italien uraufgeführt. Wahrscheinlich gab es zur geplanten Premiere Sänger(innen)kämpfe und das Werk verstaubte erstmal in den Archiven. Wer nun in Erl Mercadantes Stück hört, es schwankt zwischen ausuferndem Belcanto und schon leicht in Richtung Verdi blickenden, düsteren Klanggewalten, der bleibt die ganzen drei Stunden lang am Ball. Weil der Komponist ständig nach zuckersüßem Liebes- und Sehnsuchtsgesang sofort wieder (orchestralen) Traubenzucker gibt.

Giuliano Carella am Pult des Tiroler Festspielorchesters Erl macht seine Sache glänzend und wird zum Anwalt des Stücks in mehrfacher Hinsicht. Er versucht uns mit Macht davon zu überzeugen, dass die Klangmassen in ihrer Massierung schon so sein müssen. Man hört tatsächlich gerne zu, fragt sich jedoch immer wieder, warum es für die eher knappe Handlung rund drei Stunden Musik braucht.

Dramaturgisch bleiben hier ein paar Fragezeichen, vor allem der zweite von zwei Akten dehnt sich, gerade als es ans Sterben (der Protagonisten wie des Stücks) geht, doch arg.

Hans Walter Richter setzt in seiner Inszenierung auf eine Mischung aus Thriller und psychologischer Studie, mit einigen intensiven Momenten, aber auch viel Stillstand und eher dekorativen Ideen wie tanzenden Doubles. Johannes Leiacker schuf einen vorwiegend schwarz-weiß gehaltenen Raum. Hinten schneit es mal, dann wieder wabert Nebel – eine solide Gothic Novel.

Die Mezzosopranistin Karolina Makuła ist als Paolo (eine Hosenrolle) fabelhaft, Theo Lebows Lanciotto braucht ein wenig tenorale Vorglühzeit, um dann zu berühren und ob seiner (szenischen) Bösartigkeit zu verstören. Anna Nekhames (seit Kurzem Ensemblemitglied in Frankfurt) wirkt in der Titelpartie allerdings etwas überfordert, ihr charmant soubrettiges Melos passt nicht recht zur großen leidenden Titelfigur, hinzu kommen Intonationsprobleme.

Die Musikgeschichte muss mit der Wiederentdeckung dieser „Francesca da Rimini“ freilich nicht umgeschrieben werden, aber für Trüffelsucher ist der Besuch ein Muss. Im Jänner gibt es noch zweimal in Erl die Möglichkeit, ab Ende Februar dann in Frankfurt.

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